death wish 2 (michael winner, usa 1982)

Veröffentlicht: November 4, 2008 in Film
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deathwish2nd6DEATH WISH II ist all das, was seinem Vorgänger unterstellt wurde. Winners Skandalfilm von 1974 wird ja gern retrospektiv abgekanzelt, weil man das in den Achtzigerjahren gebildete Bronson-Vorurteil fälschlicherweise auch auf ihn anwendet (ähnlich wird ja FIRST BLOOD immer mit seinen Sequels in einen Topf geworfen, obwohl es sich um einen vollkommen anderen Film handelt), doch in ihm zeichnen sich noch die inneramerikanischen Konflikte der Siebzigerjahre und eine große innere Zerrissenheit ab. DEATH WISH II hingegen ist von vorn bis hinten ein Exploiter, der schon in der Creditsequenz mit einem ausgesprochen souveränen, selbstverständlichen Umgang mit Gewalt schockiert. Während wir aus dem Helikopter auf das sonnige L. A. blicken, hören wir im Hintergrund, fast von der fetzigen Musik überdeckt, wie das Verbrechen die Metropole im Griff hat. Die Zahlen sind zwar besorgniserregend, aber im Folgenden wird der Eindruck geweckt, dass man mit diesen Zuständen einigermaßen arrangiert hat.

Der Überfall auf Kerseys Familie – besonders abstoßend inszeniert – bestätigt nach dem ersten Teil, was wir schon wussten und fast scheint Kersey darauf gewartet zu haben, wieder in seine Vigilantenrolle zu schlüpfen, die er dann auch mit noch mehr Entschlossenheit ausfüllt als zuvor. DEATH WISH II ist ein recht perfides Gewaltspektakel, das jedoch im Abgleich mit seinem Vorgänger zu einigen Erkenntnissen verhilft. Was vielen bei DEATH WISH entgangen ist: Kerseys ursprüngliches Rachebdeürfnis bleibt ja unerfüllt, weil er den Mördern seiner Frau nicht mehr begegnet. Aber selbst wenn: Er hätte sie ja nicht erkannt, er hätte gar nicht erfahren, wenn er den Tod seiner Frau „gerächt“ hätte. Somit rennt er eigentlich die ganze Zeit einem Phantom hinterher, verstrickt sich zwangsläufig in einer Gewaltspirale. Mit jedem, den er killt, wächst das Bewusstsein, dass er seine Gattin nicht zurückholen kann, dass sein Amoklauf sinnlos ist. In DEATH WISH II jedoch beschränkt sich Kerseys Rachefeldzug fast ausschließlich auf die Mörder seines Hausmädchens und seiner Tochter, die er mit kaltschnäuziger Entschlossenheit verfolgt. Winner unterwirft sich somit einem recht gängigen Handlungsschema und einer mit diesem verknüpften Spannungsdramaturgie: Wird er sie alle erwischen? Aber – ätsch! – DEATH WISH II ist gar nicht spannend, weil am Erfolg Kerseys nie ein Zweifel gelassen wird. So rückt also gerade dieser Charakter mehr in den Fokus, verwandelt sich der grotesk-brutale Reißer fast in eine Groteske über den amoklaufenden Biedermann – ein Aspekt, der durch die hölzerne Inszenierung noch unterstrichen wird, die in krassem Gegensatz zu dem rohen Expressionismus des Vorgängers steht. Was in DEATH WISH noch authentisch wirkte, ist in Winners Sequel einer heillosen Überspitzung gewichen, die den Vorgänger fast zu parodieren scheint. Der finale Schachzug – Kersey verliert seine große Liebe, weil die seinem kleinen Geheimnis auf die Schliche kommt – kann ja in seiner soapoperaesken Schmonzettenhaftigkeit nur als besonders fieser Witz Winners verstanden werden.

DEATH WISH II ist einer der problematischsten und streitbarsten Filme seiner Zeit, er verkörpert außerdem all das, was man mit dem „Bronson-Film“ verbindet, absolut idealtypisch. Gleichzeitig fungiert er filmhistorisch als Brückenschlag zwischen dem ernsten, dystopischen Actionfilm der Siebzigerjahre und dem Over-the-Top-Spektakel der Achtziger, illustriert den Wandel von der selbstkritischen Selbstzerfleischung hin zum selbstbewussten Rundumschlag. Als solcher ist DEATH WISH II kaum weniger genial als sein Vorgänger.

Kommentare
  1. […] sich in DEATH WISH II schon andeutete, wird im dritten Teil nun zur letzten Konsequenz getrieben. Reale Zustände – die […]

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