aenigma (lucio fulci, italien/jugoslawien 1987)

Veröffentlicht: Dezember 4, 2015 in Film
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aenigma_poster_01Noch einmal war fast alles beim Alten: Lucio Fulci inszenierte mit AENIGMA einen übersinnlichen, mit Effekten gespickten Horrorfilm, der durchaus ein bisschen aussieht wie Argentos ungefähr zur gleichen Zeit gestarteter PHENOMENA, zumindest wenn man die Augen fest zusammenkneift und durch den verbleibenden Schlitz blinzelt. An die Splatter-Exzesse eines Giannetto de Rossi konnte und wollte Fulci zwar nicht anknüpfen, trotzdem gibt es einige abgetrennte Gliedmaßen und Köpfe und einen diesmal nicht von gefräßigen Spinnen, sondern glibberigen Schnecken verursachten Tod zu bewundern. Ich weiß nicht, warum AENIGMA – in Deutschland als DEMONIA auf Video veröffentlicht: ob Fulci seinen Nonnen-Horrorfilm ein paar Jahre später genauso nannte, um deutsche Verleiher zu ärgern, ist nicht überliefert – einen so schlechten Ruf genießt, denn eigentlich bietet er alles, was einem als Liebhaber des italienischen Genrekinos und als „Eighties-Baby“ das Herz aufgehen lassen muss.

Das von Fulci und Giorgio Mariuzzo verfasste Drehbuch verquirlt Elemente des Teenie-Slashers und des nicht totzukriegenden „übersinnlichen“ Thrillers, lässt eine Schülerin, die nach einem boshaften Streich ihrer Kameradinnen im Koma liegt, Rache nehmen, indem sie Besitz von der neu ankommenden Eva (Lara Lamberti) ergreift, deren wahre Identität den ganzen Film über im Dunkeln bleibt. Es gibt nicht nur reichlich Gelegenheit für die bekannten Verschwörungen der Mädchen, heimlich gepaffte Zigaretten, Gesäusel über begehrte Jungs und intime Blicke auf Tom-Cruise- und Stallone-Plakate, die in italienischen Filmen immer eine Spur absonderlicher wirken als in ihren Vorbildern, sondern auch für einige wirklich schöne und atmosphärische Spannungsszenen: Besonders sticht der nächtliche Besuch in einem Museum heraus, in dem antike Gemälde und Statuen plötzlich belebt erscheinen und einem bemitleidesnwerten Mädchen den Garaus machen. Für Apologeten des Schmiers bemerkenswert sicherlich, dass es hier vollkommen unproblematisch ist, dass der zur Behandlung sowohl des ursprünglichen Opfers wie auch Evas hinzugezogene Arzt Dr. Robert Anderson (Jared Martin) erst eine Beziehung zu seinem Patienten eingeht, sich dann, als er bemerkt, dass mit Eva irgendetwas nicht stimmt, sogar völlig ungeniert ihrer Mitschülerin zuwendet. Die außerweltliche, fremdartige Stimmung, die Fucis Filme immer wieder auszeichnet, resultiert nicht nur aus den unerklärlichen Ereignissen, von denen sie handeln, sondern mindestens genauso sehr aus der rätselhaften Blindheit Fulcis für die moralischen Fallstricke, die seine Figuren zu überwinden haben. Wie boshaft und gemein der Streich war, der die Handlung von AENIGMA überhaupt lostritt, scheint völlig an Fulci vorbeigegangen zu sein. Anders als im Slasher, dessen Protagonisten den Tod ja irgendwie verdient haben, ist hier das Mitgefühl mit den minderjährigen Charakteren und demzufolge auch mit dem Arzt, der eine Vorleibe für Schülerinnen hat, die bestimmende Emotion. Fulcis Menschenliebe muss wahrlich grenzenlos gewesen sein.

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