the black windmill (don siegel, großbritannien 1974)

Veröffentlicht: März 28, 2008 in Film
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Der Sohn des britischen Agenten und Ex-Soldaten Major John Tarrant (Michael Caine) wird entführt. In der Verhandlung mit den Kidnappern offenbart sich, dass es einen Verräter in den Reihen des Geheimdienstes geben muss. Als Tarrant merkt, dass diese Konstellation für das Überleben seines Sohnes äußerst ungünstig ist und sein Vorgesetzter, der hypernervöse, zwangsneurotische und gefühllose Bürokrat Cedric Harper (Donald Pleasence), ebenfalls keinen Zweifel an seinen Prioritäten lässt, beschließt Tarrant einen Alleingang …

s7300153.jpgEin interessanter Film, aber kein wirklich zufrieden stellender und als Siegel-Film teilweise nahezu befremdlich. Trotz der Luftveränderung – Siegel ging für THE BLACK WINDMILL nach England und folgte damit seinem Schützling Peckinpah, der dort kurz zuvor STRAW DOGS inszeniert hatte – fühlt man sich zu Beginn gleich heimisch, erkennt man doch in den ersten Sekunden den Beginn von CHARLEY VARRICK wieder: Kinder spielen ausgelassen auf einer großen Wiese, ein Kinderlied spielt dazu, die Credits setzen sich aus Buchstaben-Bauklötzen zusammen. Doch das vermeintliche Idyll wird schon dadurch verzerrt, dass die ganze Sequenz in Standbildern aufgelöst ist. Wenn die Bilder dann zu „laufen“ beginnen, bricht sogleich das Unheil in Form der Entführer herein. Danach entwickelt sich THE BLACK WINDMILL zum mit Abstand tristesten und irgendwie auch grausamsten Film Siegels, was nicht nur dem grauen englischen Himmel anzulasten ist. Die eigentlich simple Prämisse – Vater muss seinen Sohn retten und dazu zum Einzelgänger werden – wird durch ihre Implementierung in das Genre des Agententhrillers mit all dessen üblichen Plotelementen (Hochverrat, Doppelspiel, Geheimidentitäten und hidden agendas) enorm verkompliziert, was Siegels sonstiger Strategie diametral entgegensteht. So schwankt der Film stets etwas unüberzeugend zwischen der Doppelbödigkeit des Agentenplots und der straightforwardness eines Siegel-Films, die sich noch am deutlichsten sicherlich in der Figur Tarrants und dem Finale niederschlägt, das nach dem komplizierten Aufbau aber viel zu unspektakulär erscheint. Michael Caine, dem es wie kaum einem Schauspieler gelingt, großen Ausdruck mit unglaublich wenig sichtbarem Aufwand zu erzielen, hat zwar einen idealtypischen Siegelhelden zu spielen, mit seinem von einem Eastwood grundverschiedenen Spiel ist er für einen solchen aber nicht so recht geeignet. Wenn er seiner vor Sorge um den Sohn fast verrückten Exfrau sagt, dass jetzt der richtige Zeitpunkt sei, alle die Eigenschaften an ihm zu lieben, die sie bisher gehasst habe, weil diese vielleicht das einzige Mittel seien, den Sohn lebendig zurückzubekommen, so ist das nicht der markige One-Liner, den der überlebensgroß wirkende Eastwood zwischen seinen Zähnen hervorgepresst hätte, sondern eine nüchterne Aussage irgendwo zwischen Selbstanklage und Liebesgeständnis. THE BLACK WINDMILL ist trotz kleinerer Irritationseffekte und Versuche in Richtung trockenen Humors (der Bondismus der Kofferbombe etwa sowie eine Anspielung auf den berühmtesten Geheimagenten der Welt) ein realistisch anmutender und darin ausgesprochen schonungsloser Film, der darin selbst den immer auch leicht comichaft anmutenden DIRTY HARRY in den Schatten stellt. Wenn man etwa gezwungen wird, den Schmerzensschreien von Tarrants Sohn durchs Telefon zu lauschen, dem deliranten Gestammel eines unter Drogen gesetzten Kindes zuzuhören, wenn eine Hauptfigur innerhalb eines Schnittes aus dem Leben scheidet oder der Oberschurke ein äußerst rabiates Ende nimmt, erhält das innerhalb des ansonsten seltsam belanglosen Films einen besonders unangenehmen Beigeschmack. Natürlich ist THE BLACK WINDMILL ausgezeichnet in Szene gesetzt, Donald Pleasence gibt als kaltschnäuziger, hassenswerter Neurotiker eine absolute Galavorstellung und auch atmosphärisch ist der Film gewohnt dicht. Nur von Herzen mögen kann man ihn leider nicht.

Kommentare
  1. […] sonst so sachlich-ökonomisch inszenierende Regisseur, der die Grenze zur Kaltschnäuzigkeit mit THE BLACK WINDMILL haarscharf überschritten hatte, ist hier kaum wiederzuerkennen. THE SHOOTIST ist sehr introspektiv […]

  2. […] zubewegt, ohne auch nur einmal vom Weg abzukommen. Diese Präzision kennt man von Siegel, doch in THE BLACK WINDMILL etwa sorgte gerade sie für einen Ausschluss des Zuschauers aus dem Film, weil sie in einem […]

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