kiss me, stupid (billy wilder, usa 1964)

Veröffentlicht: Juli 26, 2008 in Film
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In dem in bitterer Ironie mit dem Namen „Climax“ versehenen Wüstenkaff in Nevada träumen der Klavierlehrer Orville J. Spooner (Ray Walston) und sein Freund, der Tankwart Barney (Cliff Osmond), von einer Musikerkarriere. Der große Traum rückt in greifbare Nähe als niemand Geringeres als Superstar Dean Martin (Dean Martin) an Barneys Tankstelle hält. Ein beherzter Griff an die Benzinleitung von Dinos Wagen sorgt dafür, dass dieser die Nacht bei Orville verbringen muss. Um dem Star aber die eigenen Songs unterzujubeln, will er bei Laune gehalten werden: Eine Frau muss her! So wird aus dem nahe gelegenen Tanzschuppen, dem „Belly Button“, die attraktive Polly (Kim Novak) rekrutiert. Nun ist nur noch Orvilles Gattin Zelda (Felicia Farr) im Weg …

Billy Wilders Komödie zählt vielleicht nicht zu seinen ganz großen Sternstunden, dennoch sorgen sein grandioses Gespür für Timing, der stets punktgenaue dramaturgische Aufbau und das gewisse Maß an Respektlosigkeit und Subversivität auch hier wieder dafür, dass man nach knapp zwei Stunden mit einem breiten Lächeln und einem guten Gefühl aus dem Film entlassen wird. Dass KISS ME, STUPID sich trotz kleinerer Mängel – die Dialogpassagen von Kim Novak wirken nicht immer überzeugend, der Film kann seine Bühnenherkunft nicht ganz verleugnen – seinen Platz in einer langen Liste von amerikanischen Komödienklassikern dennoch redlich verdient hat, ist aber nicht zuletzt Dean Martin zu verdanken, der sich mit so viel Verve selbst auf die Schippe nimmt, dass es eine wahre Freude ist. Das Image, das ihm immer anhing – und das wohl nicht von ungefähr kam –, das des Alkoholikers und rücksichtslosen Weiberhelden,  zelebriert er mit einer Inbrunst, dass es teilweise nahe an der Selbstdemontage vorbeischrammt – und gerade damit fährt er immense Sympathiepunkte ein. Eigentlich en Wunder, denn in KISS ME, STUPID ist er alles andere als eine Sympathiefigur, sondern eher der Schurke des Films: Wenn er Orvilles vermeintlicher Frau vor dessen Augen auf die Pelle rückt und vollkommen die Contenance verliert, lacht man darüber vor allem, weil man fast Mitleid mit ihm hat. Er spielt sich selbst als einen Mann, der seinen Trieben vollkommen erlegen ist. Aber er hat durchaus einen Verwandten: Orville hat zwar weder den Schmelz in der Stimme noch das gute Aussehen, aber die Liebe zu seiner Zelda schlägt sich in einer Eifersucht nieder, die ihn sich mehr als einmal brutal blamieren lässt. Klassische Momente gibt es in rauhen Mengen: Dino, der unter dem Tisch herumkriecht, um Polly zwischen die Beine gucken zu können, und eine fallengelassene Serviette als reichlich fadenscheinigen Anlass nutzt, Orvilles verzweifelter Versuch, seine Frau Zelda zu vergrätzen – die Cagneysche Pampelmuse immer im Anschlag, das abschließende Schäferstündchen zwischen Zelda und ihrem großen Idol. Das sollte man wenigstens einmal gesehen haben.

Kommentare
  1. […] aufsitzt. Natürlich ist das von Billy Wilder genauso intendiert: Nach dem locker-flockigen KISS ME, STUPID ist THE FORTUNE COOKIE wesentlich ernster, von einer ernst gemeinten Moralität durchzogen und […]

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