heaven can wait (warren beatty/buck henry, usa 1978)

Veröffentlicht: November 10, 2008 in Film
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heaven_can_waitWarren Beatty wird in Deutschland gemeinhin unterschätzt, genießt längst nicht den Ruf, der ihm eigentlich zukommt. Ein grotesker Missstand, wenn man bedenkt, dass es das Engagement Beattys war, dem wir BONNIE & CLYDE und damit vielleicht die Initialzündung dessen zu verdanken haben, was man heute als „New Hollywood“ bezeichnet. Beatty war in den Siebzigerjahren ein absoluter Superstar, arbeitete mit Arthur Penn, Robert Altman, Alan J. Pakula, Hal Ashby, Mike Nichols und Richard Brooks, sprich: mit (fast) allen, die damals Rang und Namen hatten. Er war für HEAVEN CAN WAIT und REDS in allen vier großen Kategorien Oscar-nominiert und gewann für REDS schließlich den Regie-Oscar, von zahlreichen anderen Nominierungen und Auszeichnungen ganz zu schweigen. Woran liegt es, dass er hierzulande fast ausschließlich als „Hollywood-Beau“ Erwähnung findet, seine Filme aber anhezu in Vergessenheit geraten sind? Zum einen hat er sich nach seiner großen Zeit in den Siebzigerjahren relativ rar gemacht. In den 30 Jahren seit HEAVEN CAN WAIT hat er es gerade einmal auf sieben Filme gebracht, von denen einer – ISHTAR – zudem als einer der größten Flops der Filmgeschichte gilt. Andere wie etwa REDS, BULWORTH und in etwas geringerem Ausmaß auch DICK TRACY sind wiederum ausgesprochen amerikanisch und nicht allzu kompatibel für eine weltweite Auswertung. Neben diesen beiden Gründen trägt wahrscheinlich auch Warren Beattys angesprochenes Image als Schönling dazu bei, dass seine Tätigkeit als Schauspieler und Regisseur überschattet. Reichlich absurd bei einem mittlerweile 71-Jährigen, der zudem seit 16 Jahren verheiratet ist, aber wohl typische Folge einer auf Neid basierenden Gesellschaft, die es nicht verkraften kann, dass jemand gut aussieht, talentiert UND erfolgreich ist. Oder vertue ich mich in meinen Beobachtungen zum Thema „Warren Beatty in Deutschland“? Vergleicht man ihn mit einigen seiner Zeitgenossen, scheint mir seine Rolle hierzulande jedenfalls eher marginal.

HEAVEN CAN WAIT jedenfalls ist einer von Beattys erfolgreichsten Filmen, kommt aber trotzdem mit künstlerischem Anspruch und New-Hollywood-Sensibilität daher, die aus heutiger Perspektive im Kontext des Films etwas verwirrend anmuten. Die Geschichte um den Footballstar, der kurz vor seinem Karriereende und dem Karrierehöhepunkt durch einen dummen Zufall stirbt, um den verdienten Lohn der jahrelangen Arbeit gebracht wird und schließlich im Körper eines anderen Mannes erst die große Liebe entdeckt und schließlich doch noch seinen großen Traum erfüllt, wäre unter der Regie eines anderen Regisseurs wahrscheinlich zur vor Schmalz triefenden Soße geworden, zum Schmachtfetzen für Hausfrauen, zum religiös verbrämten Kitschbolzen. Im Verbund mit Buck Henry umschifft Beatty aber diese sich ihm darbietenden Klippen und legt einen Film vor, der abwechselnd heiter und leichtfüßig, dann wieder merkwürdig blass und trist wirkt und auch in seinen überschwänglicheren Szenen immer noch gebremst erscheint. Es gibt keine großen Gefühlswallungen und der Freude folgt die Ernüchterung immer auf dem Fuße. Das Leben ist ein Abenteuer, aber leider viel zu kurz und in regelmäßigen Abständen von Enttäuschungen geprägt, die die Glücksmomente überschatten. Die Desorganisation des Jenseits und seiner Beamten trägt zum Ärger noch bei: Ja, es gibt einen lieben Gott, aber meist machen seine Vertreter die Arbeit, und das nicht besser als ihre menschlichen Entsprechungen. Ein bisschen verhält es sich mit HEAVEN CAN WAIT wie mit seiner Hauptfigur: Joe Pendleton will doch nur Football spielen, aber dummerweise steckt er im Körper eines Geschäftsmannes fest. Und die Seele, die vor Freude über das Leben und die Liebe Luftsprünge machen möchte, ist gefangen in den blassen Bildern von William Fraker (BULLITT, ROSEMARY’S BABY), über denen beständig ein feiner Nebel zu liegen scheint. Diese entrückte, träumerische Note, mit der HEAVEN CAN WAIT die ganze Zeit über zwischen Wunsch- und Albtraum schwebt, hebt ihn aus dem Gros der romantischen Komödien – als solche könnte man ihn durchaus bezeichnen – heraus, befremdet und fasziniert gleichermaßen. Ein wirklich seltsames Werk und eines, dass man durchaus – zusammen mit seinem Star und Urheber – wiederentdecken darf.

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