youngblood (peter markle, usa 1986)

Veröffentlicht: Januar 20, 2011 in Film
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Der 17-jährige Dean Youngblood (Rob Lowe) führt mit seinem Vater und seinem älteren Bruder ein tristes Dasein auf dem Land. Er hofft auf eine Karriere als professioneller Eishockeyspieler und erhält eine Chance, sich beim kanadischen Amateurteam der Hamilton Mustangs für größere Taten zu empfehlen. Doch dort wird ihm sowohl vom Trainer Chadwick (Ed Lauter) als auch von den rauhbeinigen Teamkollegen um den Leader Derek Sutton (Patrick Swayze) alles abverlangt. Als letzterer in einem wichtigen Meisterschaftsspiel vorsätzlich brutal verletzt wird, steht Dean vor der wichtigsten Entscheidung seines Lebens …

Um den Wahnsinn auf Kufen namens YOUNGBLOOD angemessen zu würdigen, bedarf es einer detaillierteren Beschreibung, weil Regisseur Markle es sich zum Ziel gesetzt zu haben scheint, auf jede einzelne bescheuerte Szene eine noch bescheuertere folgen zu lassen. YOUNGBLOOD, inhaltlich eigentlich ein wenig origineller und vor allem klischeehafter Jugend- bzw. Sportfilm, mausert sich mit dieser Strategie aber zu einer beträchtlichen Stimmungskanone, die für Freunde des plakativen Achtzigerjahrekinos ein absolutes Muss darstellt. Gleich zu Beginn wird der Vater-Sohn-Konflikt, der in keinem Sportfilm fehlen darf, eingeführt: Papa Youngblood will nicht, dass sein Filius Eishockeyprofi wird, weil dessen älterer Bruder beim selben Versuch ein Auge einbüßte. Dem Sohnemann ist es aber zu langweilig auf der Farm und mithilfe des genannten Bruders kann er den Papa dann doch überzeugen. Ab geht es für den Amerikaner nach Kanada und nun scheint Markle eine Fish-out-of-Water-Geschichte anzustreben, die sich die Rivalität der beiden benachbarten Nationen zunutze macht – und mit ihr die Vorurteile, die beide voneinander haben. Die „Canucks“ sind einfältige Landeier, die aber leider mit dem Eishockeyschläger aufgewachsen sind und für den „Yank“ nur Spott übrig haben; jedenfalls sofern es sich bei Youngbloods Teamkollegen tatsächlich um Kanadier handelt und nicht ebenfalls um Amerikaner, die sich in diesem Fall ausgiebig darüber beklagen, in Kanada sein zu müssen. Dieser Ansatz, den Markle schnell wieder fallen lässt, führt den Zuschauer immerhin in den Genuss, Keanu Reeves als Frankokanadier mit französischen Akzent bewundern zu können.

Danach verwandelt sich YOUNGBLOOD aber kurzerhand in einen „Männerfilm“: Erst gibt es verschwitzte Männerleiber und angespannte Muskeln in einer dampfenden Umkleidekabine, dann schließlich als zweifelhaften Höhepunkt Rob Lowe in den nackten Arsch entblößenden Jockstraps. Weiter im Text folgen die üblichen Initiationsriten, die auch bei der Fremdenlegion kaum charmanter sein könnten. Youngblood muss erst eine Schamhaar-Rasur von seinen mit der Nächstenliebe eines Lynchmobs auftretenden „Kameraden“ ergehen lassen, dann machen sie ihn in einer Bar betrunken. Swayze gibt als Sutton den Leitwolf und belegt einmal mehr, dass nur wenige Schauspieler die prollig-selbstverliebt-barbarische Fratze des Normalos so gut draufhatten wie er. Aber natürlich soll er hier ein Sympathieträger sein, ein echter Kerl eben. Einer Dame, die von dem testosteronhaltigen Zellhaufen offenbar sehr angetan ist, schmeißen die lustigen Eishockeyspieler zum Abschluss noch eine Zahnprothese in die Bloody Mary. Ein Höhepunkt in der Geschichte des menschlichen Humors, der von allen mit lautem Grölen angemessen quittiert wird – auch von der Frau! Auf die Szene, in der Rob Lowe von der Tochter seines Coachs (Cynthia Gibb) Melvilles „Moby Dick“ geschenkt bekommt, sich heimlich noch den Schundroman „Nympho“ kauft und dann natürlich prompt diesen aus der Tüte zieht, als er seinem Coach erzählt, dass er „Moby Dick“ von seiner Tochter geschenkt bekommen habe, gehe ich hier nicht weiter ein, um schneller auf die frivole Vermieterin Youngbloods eingehen zu können, die die Eishockeyrookies, die bei ihr regelmäßig eine Wohnung finden, bei einem Tässchen Tee professionell bedient. Und was echte Männer sind, wird am nächsten Tag in der Kabine ausführlich über ihre Talente geplaudert. Man könnte meinen, YOUNGBLOOD sei von einer militanten Feministin gedreht worden, die der Welt den Mann als sexuelles Raubtier vorführen wollte, aber das soll alles ganz normal und lustig sein.Umso merkwürdiger, wenn man bedenkt, dass YOUNGBLOOD sich mit dem Teenieschwarm Rob Lowe wohl vor allem an junge Mädchen richtete. Ich erinnere mich jedenfalls an die Bravo-Ausgaben meiner Kindheit, die den Kinostart dieses Films (bei uns unter dem Titel BODYCHECK, was in seiner unbeabsichtigten (?) Zweideutigkeit sehr viel treffender ist) Woche für Woche mit Rob-Lowe-Bilderstrecken feierten. Man darf nicht weiter darüber nachdenken. Für heterosexuelle Mäner gibt es immerhin eine Sexszene zwischen Lowe und Cynthia Gibb, in der diese deutlich mehr zeigt, als man zu hoffen gewagt hatte. Und wie die beiden braven Teenies da über die Matratze fegen, jeder gut geölte Muskel ihres Körpers im Kaminlicht glänzend, könnte man meinen, die verfügten über eine jahrelange Ausbildung mit zahlreichen erfolgreich absolvierten Fortbildungskursen im Ficken.

Den Gipfel hat sich Markle aber für das Schlussdrittel seines Sportpornos aufbewahrt. Beim größten Konkurrenten der Mustangs spielt nämlich ein fieser Schläger namens Racki (George Finn). Der hatte zuvor bei eben jenen angeheuert, musste aber dem jungen unerfahrenen Youngblood Platz machen. Vor lauter Hass auf den jungen Schnösel trinkt Racki daraufhin vor jedem Spiel gegen den Erzfeind einen Eimer heißen Schweinebluts, um so richtig in Stimmung zu kommen. Seine absurd brutalen Fouls werden – sehr praktisch für Markle und die Affektsteuerung des Zuschauers – vom Schiedsrichter konsequent übersehen, was schließlich dazu führt, dass Sutton mit einer schweren Kopfverletzung im Krankenhaus landet. Youngblood hat daraufhin keine Lust mehr aufs Eishockeyspielen, will lieber über das Leben nachdenken, und lässt seine Mannschaft und den Trainer kurz entschlossen im Stich. Zurück auf der Farm seines Vaters redet ihm aber der Bruder ins Gewissen und lehrt ihn nicht nur Mores, sondern auch, wie man einem Gegenspieler ordentlich was aufs Maul gibt. Man muss dazu wissen, dass Youngbloods größtes Manko ist, dass er weder austeilen noch einstecken kann. Und vor allem ersteres wurde ihm immer wieder vorgeworfen. Fleißig trainiert Youngblood mit dem Bruder und schließlich sogar mit dem Papa, der seinem Sohn noch die letzte fehlende Motivation zum Aufsmaulhauen mitgeben will und ihn daher zwingt, sich mit ihm zu prügeln. Man muss das wirklich gesehen haben: Das ist nicht etwa als abschreckendes Beispiel für fehlgeleitete Kindererziehung, sondern als sentimentaler, ergreifender Moment der Versöhnung inszeniert! Was ich mich während der obligatorischen Trainings-Montage außerdem gefragt habe: Warum ist Youngblood denn so überzeugt, dass er überhaupt zurückgenommen wird, nachdem er feige die Biege gemacht hat? Dass sein Plan aufgeht, wird vom Film aber auch nie infrage gestellt, was umso absurder ist, wenn man bedenkt, dass es im Sportfilm ja auch immer um Disziplin und die Unterordnung des Einzelnen geht. Hier nicht, obwohl dann doch auch oder wie oder was? Nachdem Youngblood also eine Woche trainiert hat, kehrt er zurück und wird vom Trainer tatsächlich ohne größere Probleme wieder aufgenommen. Er schießt drei Tore und gewinnt das Spiel quasi im Alleingang – so wie Markle Eishockey inszeniert, könnte man eh meinen, dass eine Mannschaft nur zwei Spieler und einen Torhüter braucht –, doch wir alle wissen, dass er als Spieler und Mensch erst gereift ist, wenn er beweist, dass er einen anderen Menschen umhauen kann. Obwohl nur noch drei Sekunden zu spielen sind – das Spiel also faktisch gelaufen ist –, tritt er noch gegen den bösen Racki an, den er mit ein paar gezielten Fausthieben und unter dem Jubel der Masse, der auch Papa und Bruderherz – schluchz! – angehören, aufs Eis schickt. Zum Erwachsenwerden gehört eben zwingend hinzu, anzuerkennen, dass es manchmal notwendig ist, jemandem die Fresse zu polieren – und das dann auch zu tun. Willkommen in der Realität, Youngblood. Herzlichen Glückwunsch.

Ich hatte eine Riesengaudi mit diesem Film, dessen geiler Achtzigerjahre-Abschlussong einem nochmal so richtig einheizt und Bock macht, YOUNGBLOOD gleich nochmal von vorn zu gucken. So ein absurder Quatsch wird ja heute gar nicht mehr gemacht. Und hier ist wirklich jede Szene komplett daneben. Wahnsinn. Als Sportfilm ist er hingegen eher schlecht: Es ist eine denkbar miese Idee, ein Eishockeyspiel nur in Zeitlupe und ohne jede Totale einfangen zu wollen. Passt dann aber auch wieder.

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