skinheads (greydon clark, usa 1989)

Veröffentlicht: November 7, 2011 in Film
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Nachdem Damon (Brian Brophy) mit seiner Skinhead-Gang einen kleinen Supermarkt überfallen und sich anschließend einen Kampf mit ein paar zur Hilfe eilenden Schwarzen geliefert hat, beschließt er, dass es gut für ihn und seine Kumpane sei, die Stadt für ein paar Tage zu verlassen, bis Gras über die Sache gewachsen ist. Doch kaum in den Bergen angekommen, legen sich die Skins in einem Gasthaus mit einer fünfköpfigen Urlauberclique an, von denen drei nach kurzer Zeit tot am Boden liegen, während den anderen beiden die Flucht gelingt. Sie verschanzen sich im Blockhaus des Weltkriegsveterans Mr. Huston (Chuck Connors), der zu Nazis ein ganz besonders herzliches Verhältnis hat. Der Kampf beginnt …

Es ist anzunehmen, dass Greydon Clark seinen SKINHEADS für einen immens politischen Film hält. So bezeichnete er schon seinen THE BAD BUNCH, der die große Erkenntnis teilte, dass Rassismus Rassismus und Gewalt Gegengewalt erzeugen. Wenn also ein Film, der auf einem soziopolitischen Phänomen basiert, damit per se schon „politisch“ ist, dann hat Greydon Clark natürlich Recht. Wer aber von einem politischen Film über Skinheads etwas mehr erwartet, als zu erfahren, dass sie Adolf Hitler und Gewalt mögen, Hakenkreuzflaggen für eine geeignete Wohnungsdekoration halten und etwas gegen Schwarze haben, der dürfte Clark nach Betrachtung von SKINHEADS vehement widersprechen. Sieger ist wieder einmal, wer sich einfach gemütlich zurücklehnt und Clarks Film als das goutiert, was er wirklich ist: ein billiger Gewaltreißer voller technischer Unzulänglichkeiten und schwachsinniger Dialogzeilen, der aber ein ordentliches Tempo vorlegt und seine Spielzeit mit so viel Zinnober vollstopft, dass es einem nicht langweilig wird.

Dass es Clark nicht wirklich darum gegangen ist, den sozialen Hintergrund des Skinheads zu beleuchten, wird eigentlich schon klar, wenn man sich eine Plotzusammenfassung durchliest. Mit der Verpflanzung der Skinheads in die Berge nimmt man ihnen ihren eigentlichen Lebensraum und damit genau das, was sie eigentlich erst zu Skinheads macht. Clark kann seinen Damon noch so oft Adolf Hitler preisen lassen, noch so ausgiebig die Geschichte vom gefährlichen Verführer und seinen naiv-dummen Gefolgsleuten runterleihern, SKINHEADS ist in erster Linie ein Gewaltthriller und die Charakterisierung seiner Antagonisten völlig beliebig. Aber gerade deshalb ist es so schön exploitativ, dass sich Clark ausgerechnet für Skinheads entschieden hat. Es macht herrlich wenig Sinn, diese Glatzen durch den Wald tapern und sich an zwei arglosen Urlaubern und einem alten Haudegen vergreifen zu lassen. Vielleicht war Clark ja der Meinung, seiner Gewaltoper zu einer tieferen Wahrheit zu verhelfen, indem er sie in der Natur ansiedelte, wahrscheinlicher jedoch fiel diese Entscheidung aus ökonomischen Erwägungen. Wie billig SKINHEADS war, merkt man am ehesten an den nachträglich eingefügten Soundeffekten, gegen die jene aus den alten Fulci-Filme fast schon als authentisch durchgehen: Die Bäume rascheln als seien sie aus Krepppapier und das Poltern der Schritte auf dem Waldboden torpediert alle verzweifelten Versuche der Protagonisten, leise zu sein. Die Effekte reichen von fadenscheinig – als ein verräterischer Skin von seinen Freunden mit den Händen an einen Holzbalken genagelt wird, sieht man an den wackelnden Nägeln deutlich, dass sie ihm einfach in die Handflächen geklebt worden sind – bis gut (die saftig spritzenden Einschüsse) und ein ähnliches Spektrum decken auch die Dialoge ab: Chuck Connors mit seinen gefühlten 35 Sätzen, die mit „These Nazis …“, „Damn Nazis …“ oder auch nur „Nazis …“ beginnen, als hätte Clark befürchtet, dem Zuschauer könnte etwas entgangen sein, zählt zu den lustigsten Auswüchsen des Films. Brian Brophy ist als Damon hingegen ziemlich gut, weil er gegen den Ton des Films anspielt und sich weitestgehend zurückhält. Hätten andere die Gelegenheit beim Schopfe gepackt und sich bis ins Nirvana overactet, macht Brophy durchgehend  weniger als möglich gewesen wäre. Das lässt ihn nicht nur deutlich bedrohlicher wirken, es führt auch dazu, dass SKINHEADS nicht total Richtung Trash umkippt und bei allem Quatsch immer mit einem Fuß in der Realität verbleibt.

Mir hat SKINHEADS also wirklich gut gefallen – auch wenn es sich dabei natürlich nicht um einen guten Film handelt – und ich bin doch einigermaßen über die schlicht katastrophale IMDb-Wertung entsetzt, die den Film mit einem Durchschnittswert von unterirdischen 1,6 (!!!) Punkten veranschlagt. Klar, wer sonst nur Qualitätskino konsumiert, der wird hier nicht viel finden, was seinen Bedürfnissen entspricht, aber man darf doch davon ausgehen, dass solche Leute den Film eh nicht angeschaut haben. Alle anderen möchte ich hier doch mal ganz sachte fragen, ob sie noch ganz dicht sind, einen so herrlich unterhaltsamen Film so dermaßen unterzubewerten. Der vorläufige Abschluss meiner Greydon-Clark-Reihe hat mir jedenfalls reichlich Appetit auf weitere Filme des „Meisters“ gemacht. Wer ein Herz für Exploitation hat und Nazis drollig findet, sollte sich SKINHEADS ruhig mal anschauen. Definitiv kein Fehler.

Kommentare
  1. Alex sagt:

    Die schlechten Bewertungen stammen bestimmt alle von Naziskins. 😀 Hübsch auch, daß die in ihrer Wohnung neben der Hakenkreuzflagge auch Poster von Mötley Crüe hängen haben, extra welche von Skrewdriver o.ä. anzuschaffen, war wohl im Budget nicht vorgesehen.

    • Oliver sagt:

      Hehe, das kann schon sein. 😀

      Das Mötley-Crüe-Poster ist mir nicht aufgefallen, das Plattencover von S.O.D.s „Speak English or die“, das ihre Bude noch ziert, lässt darauf schließen, das entweder Clark oder aber die Skins im Film den Witz der Platte nicht verstanden haben. Wahrscheinlich beide. 🙂

  2. Saviour1981 sagt:

    He He, finde den letzten Satz amüsant 🙂
    Die IMDB-Filmwertung finde ich auch nicht in Ordnung da der Film wirklich knorke ist.
    Ein Brian Brophy als menschenverachtender, fanatischer Neonazi, der die Rolle brillant spielt und ein Chuck Connors in Bestform, der sich später im Film als einer der ehemaligen Alliierten „outet“, die die Altnazis in der Normandie vor sich hergetrieben haben. „Diese Sorte hat noch nie etwas getaugt“… recht hat er.

    Traurig stimmt mich nur, dass Nazis mit Skinheads gleichgesetzt werden, obwohl die eigentlichen skinheads mit Nazikram nie was zu tun hatten.

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