joshua tree (vic armstrong, usa 1993)

Veröffentlicht: November 20, 2012 in Film
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Anthony Santee (Dolph Lundgren) wurde vor Jahren hereingelegt: Man brachte seinen Freund Eddie um, hängte ihm einen Polizistenmord an und verurteilte ihn zu 25 Jahren Haft. Als zwei gedungene Staatsbeamte versuchen, ihn bei einem Gefangenentransport zu töten, gelingt ihm die Flucht. Wenig später nimmt er Rita (Kristian Alfonso) als Geisel, ohne zu ahnen, dass sie Deputy-Sheriff ist. Lieutenant Severence (George Segal), der Santee bereits seit dessen Jugend kennt, ihn insgesamt zweimal festnahm, setzt alles daran, den Flüchtigen zu stellen. Dabei hat er durchaus ein eigenes Interesse: Er hat nämlich selbst Dreck am Stecken und ist für Santees missliche Lage und den Tod seines Freundes verantwortlich …

Mit JOSHUA TREE begann Dolph Lundgrens „Abstieg“ in die Riege der DTV-Action-Darsteller. Nachdem sein Karriereverlauf in den Jahren seit seinen ersten Auftritten in A VIEW TO A KILL und ROCKY IV von kleineren Ausnahmen abgesehen stetig nach oben gezeigt hatte (in den Jahren unmittelbar zuvor hatte er noch in den großbudgetierten SHOWDOWN IN LITTLE TOKYO und UNIVERSAL SOLDIER mitgewirkt) feierte  JOSHUA TREE seine Premiere in den USA im Fernsehen – ein Trend, der sich in den folgenden Jahren fortsetzen sollte. Man täte Regisseur Vic Armstrong aber Unrecht, wenn man ihn und seinen Film für den vermeintlichen Karriereknick verantwortlich machen würde: JOSHUA TREE bietet über 95 Minuten kompetent gemachte, spannende, teilweise gar spektakuläre Action-Unterhaltung, die in den Hauptrollen zudem erstklassig besetzt ist. Lundgren sieht mit seinem kurzgeschorenen Schädel aus wie ein mit Anabolika behandelter Schuljunge, George Segal mit Schnurrbart und Zigarre wie ein fehlgeleiteter Fan von Groucho Marx. Etwa zur Stundenmarke heizt ein ausgedehnter, aufwändig choreografierter Shootout ordentlich ein: Da spritzt die Hirse meterweit, die Luft ist ausgesprochen bleihaltig, die Bad Guys fallen wie die Fliegen und für den optischen Akzent sorgen pointiert eingesetzte Explosionen und Feuerstunts. Sehr schön ist es etwa, wenn Santee (in der deutschen Fassung „Barrett“) einen Bösewicht erst in Brand setzt und dann mittels eines Tritts in den Unterleib in mit explosivem Inhalt gefüllte Kisten befördert. Bumm! Man spürt in dieser Sequenz eindeutig den damals allgegenwärtigen Einfluss John Woos: Santee benutzt ein Rollbrett, um rücklinks darauf liegend durch Horden von Schurken zu rollen und diese zweihändig wegzuballern (als ein Magazin leergeschossen ist, greift er sich einfach eine andere Waffe, an der er just  in diesem Augenblick vorbeirollt), fliegt mit Hechtsprüngen durch die Gegend und demonstriert auch sonst, wie man Artistik und Mordkunst innovativ und spektakulär miteinander verbindet. Doch nicht nur an diesen überdeutlichen Reminiszenzen merkt man dem Film an, aus welcher Zeit er kommt: So reduziert der Plot auch ist, Armstrong häuft gleich einen ganzen Berg schmückenden Zierrats an: Der ist zwar immer gut anzuschauen, lässt den Film aber auch etwas orientierungslos und unfokussiert erscheinen. Es fehlt eine ganz klare Vision, der Wille zur Reduktion, der den heutigen DTV-Actionfilm wieder auszeichnet. Hier gibt es neben der straighten Flucht- und Rachegeschichte noch einen Hauch softer, von Saxophonheulern untermalter Erotik zwischen Santee und Rita (beide ölen sich überaus kinky mit dem Saft von Kaktusfeigen ein) und schließlich auch noch eine Verfolgungsjagd mit zwei protzigen Luxus-Sportwagen, die sich optisch nicht so recht in das wüstenhafte Wildwest-Ambiente einfügen wollen. Dem Vergnügen tut das keinen Abbruch, aber JOSHUA TREE ist nicht gerade der Film, der emotionalen Nachhall erzeugen würde: Über die turbulente Achterbahnfahrt kommt er nicht hinaus. Was ja auch in Ordnung ist, wenn die Thrills denn sitzen, so wie hier. Vic Armstrong machte demzufolge zwar keine große Regiekarriere, ist heute aber ein immens gut beschäftigter Stuntman und Second Unit Director (zuletzt etwa für THE AMAZING SPIDER-MAN, THOR, THE GREEN HORNET  bis hin zu Filmen wie GANGS OF NEW YORK, STARSHIP TROOPERS oder TOTAL RECALL). Wie man eine fette Actionszene choreografiert und einen Plot von a nach b führt, das weiß er. Es ist die große Inspiration, die fehlt. Aber, verdammt, dieser Shootout in der Mitte, der ist schon ziemlich geil …

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