sadomania (jess franco, spanien/deutschland 1981)

Veröffentlicht: Oktober 1, 2011 in Film
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Olga (Uta Koepke) und ihr Mann Michael (Angél Caballero) sind frisch verheiratet und mit ihrer Rostlaube unterwegs in den Flitterwochen: Was läge da näher, als ein „No Trespassing“-Schild zu missachten? Ehe sie sich versehen, befinden sie sich in der Gewalt der dominösen Magda (Ajita Wilson), die mitten in der Pampa einen Frauenknast mit angeschlossenem Steinbruch betreibt. Olga wird dabehalten, der Mann nach Hause geschickt. Fortan muss Olga barbusig und mit modisch kurz über der Arschbackenrundung abgeschnittenen Jeans Steine hacken und mitansehen, wie ihre Zellengenossinnen von Magda mit der Reitgerte in die Brust gepiekt werden. Manche erwischt es aber noch schlimmer: Sie werden im Niemandsland ausgesetzt und dann von Magda und Governor Mendoza (Antonio Mayans) gejagt, erschossen und den Plastikkrokodilen überlassen. Letzterer – Mendoza, nicht das Krokodil – trägt eine beeindruckende Schnurrbartattrape unter dem Riechkolben spazieren, die das Suppeessen wohl zu einer ähnlichen Qual macht wie das Von-Magda-in-die-Titte-gepiekt-Werden.

Aber der Schnurrbart ist nicht das einzige Leid, das er zu tragen hat: Er ist nämlich auch noch impotent und weder die Fürsorge seiner Gattin Loba (Gina Janssen) noch die Unterstützung der Häftlingsdamen kann Abhilfe schaffen. Erst als er beim Orgeln mit seiner Frau dabei zusehen darf, wie die schöne Mercedes (Andrea Guzon) von seinem Lieblingsschäferhund besprungen wird, geht ihm einer ab. Wem nicht? Zwischendrin macht sich Michael (der ein bisschen aussieht wie der „Frontmann“ von den Flippers) mit einem dusseligen Kumpel auf den Weg, die Gattin zu befreien. Weil Magdas Wärterinnen ziemlich ungeschickt sind, gelingt ihm das auch. Allerdings sind ein paar Frauen zu diesem Zeitpunkt schon an den schwulen Puffbesitzer Lucas (Jess Franco, der sich auch eine Analsexszene mit einem großen Schwarzen ins Drehbuch geschrieben hat!) verschachert worden. Der armen Tara (Ursula Buchfellner) hat ein übererregter Kunde die halbe Brust abgebissen: Sich im Fieber windend liegt sie im Sterben. Ihr Tod bedeutet einen Moment der Introspektion: „Das erinnert mich an den Tag, als Zenobia starb.“ „Eine Verwandte?“ „Nein, meine Lieblingskuh.“ Spätestens hier ahnt man, dass der Film nicht ganz ernst gemeint sein könnte. Otto Retzer, den die meisten als lustigen Hausmeister aus EIN SCHLOSS AM WÖRTHERSEE in Erinnerung haben dürften, macht übrigens auch mit, was ein Euphemismus ist für „hat auch eine Sexszene“. Der Schluss ist noch einmal angemessen merkwürdig: Olga und ihr Mann schicken Magda in den Tümpel zum Plastikkrokodil, doch ihrem Tod beizuwohnen, ist dem Zuschauer nicht mehr vergönnt. Der Film blendet vorher ab, die Credits rollen.

Jess Franco hat viele bescheuerte und bizarre Filme gemacht. Und obwohl ich nur einen Bruchteil seines riesigen Werks kenne, wage ich zu behaupten, dass SADOMANIA einer seiner merkwürdigsten ist. All die Unzulänglichkeiten – bisweilen holpriger Schnitt und Kameraführung, die durchwachsenen bis armseligen schauspielerischen Darbietungen, die in der englischen Fassung noch durch die unorthodoxe Synchro unterstrichen werden, der zerdehnte Rhythmus, das stetige Sich-Verlieren in breit ausgewalzten Sexszenen und der zwar ganz hübsche, aber nichtsdestotrotz ziemlich redundante Score („Lajalajalajala“) – unterstreichen nur die Fremdartigkeit dieses Films, der immer wieder auch wunderschöne Bilder aufbietet und mit seinem komisch ausblutenden Licht wie ein besonders beknackter, verstörender Fiebertraum anmutet. Ich kann nicht behaupten, dass die knapp 100 Minuten wie im Flug vorübergegangen seien und ich würde den Film auch nicht vorbehaltlos jedem empfehlen. Wer aber Erfahrung mit Jess Franco hat und ein Faible für diese strangen Dinger, die irgendwo im schmalen Grenzbereich zwischen Trash, Porno und Kunst angesiedelt sind, der sollte sich SADOMANIA unbedingt anschauen. Sowas wird es nie wieder geben.

Zum Abschluss ein paar Impressionen:

Wenn das die Gewerkschaft wüsste

Arbeit macht (obenrum) frei

The Small Bird Cage

"Mein Herr, Sie haben einen Schnurrbart, wir müssen sofort operieren!"

Ein Krokodil und kein Nilpferd

Karawane der Nackerten

Cagefight

Before Sunset

Twin Peaks

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