der förster vom silberwald (echo der berge) (alfons stummer, österreich/deutschland 1954)

Veröffentlicht: März 30, 2014 in Film
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DER FÖRSTER VOM SILBERWALD ist mit geschätzten 28 Millionen Zuschauern möglicherweise der erfolgreichste deutschsprachige Film aller Zeiten und damit – noch vor SCHWARZWALDMÄDEL und GRÜN IST DIE HEIDE – auch der erfolgreichste Heimatfilm. Seine Berühmtheit geht so weit, dass sein Titel heute nahezu synonym für sein Genre verwendet wird und auch Menschen ein Begriff ist, die sich – aus naheliegenden Gründen – niemals einen Heimatfilm anschauen würden. Die Verbindung von imposanten Naturaufnahmen, Brauchtum und einer einfachen, schmonzettenhaften Liebesgeschichte gilt als prototypisch für den Heimatfilm der Fünfzigerjahre, und es verwundert angesichts der schieren Menge eingebundener Tierbilder kaum, dass DER FÖRSTER VOM SILBERWALD ursprünglich als Dokumentarfilm über Jäger in der Steiermark geplant war, erst nachträglich durch das Hinzufügen einer Liebesgeschichte zum Spielfilm wurde. Regisseur Alfons Stummer, der außer diesem Film noch die unvermeidliche Fortsetzung WO DIE ALTEN WÄLDER RAUSCHEN und dann zehn Jahre später DER SATAN MIT DEN ROTEN HAAREN drehte, inszeniert den FÖRSTER ohne Flair, ohne Gespür für Tempo oder Rhythmus und ohne jeden Witz als drögen Bilderreigen mit fragwürdiger Ideologie, dessen Bräsigkeit heute nur noch schwer zu ertragen ist.

Rudolf Lenz – Hauptdarsteller in Jürgen Enz‘ gefeiertem HERBSTROMANZE – spielt den braven Förster Hubert Gerold, der erfährt, dass die Verantwortlichen seines Dörfchens den Silberwald zum Abholzen freigegeben haben. Mit dem Hofrat Leonhard (Karl Ehmann) stoppt er das Unterfangen, um die örtlichen Wildbestände zu retten, die „der Schöpfer“ dem Ort „geschenkt“ habe. Als die fesche Liesl Leonhard (Anita Gutwell), eine Malerin, zu Besuch aus dem großen Wien kommt, beginnt eine Liebesgeschichte zwischen ihr und Hubert, der ihr die Schönheiten der Natur vorführt und sie in die Philosophie des Jägerwesens einweiht. Das Leben in der Stadt wird ihr mehr und mehr fremd, was ihrem Freund, dem Bildhauer Max (Erik Freiberg), verständlicherweise gar nicht gefällt. Er reist in die Steiermark, um Liesl zur Rede zu stellen und macht sich gleich der Wilderei schuldig. Hubert deckt den Künstler, um seine Beziehung zu Liesl nicht zu zerstören und geht der jungen Frau im Folgenden aus dem Weg. Natürlich kann später doch noch das Happy End zwischen den beiden gefeiert werden: Außerdem ist Hubert zum neuen Jäger des Ortes ernannt worden und während der Priester einen erlegten Hirsch weiht, schwenkt die Kamera gen Himmel. Ende.

Was sich in SCHWARZWALDMÄDEL andeutete und in GRÜN IST DIE HEIDE bereits explizit, aber weitestgehend unpolemisch thematisiert wurde, erhebt DER FÖRSTER VOM SILBERWALD zum propagandistischen Programm: In der Stadt verdirbt der Mensch, wird er entfremdet, ist er der Dekadenz anheim gegeben. Die moderne Kunst, die Liesl mit ihrem Freund in Wien schafft, ist dem beschränkten Leonhard freilich ein Dorn im Auge: „Du bist doch ein gesundes Mädchen!“, sagt er, ihren Lebensinhalt und die Ergebnisse ihres Schaffens ganz der Ideologie des vorangegangenen Regimes entsprechend als „krankhaft“ und „entartet“ charakterisierend. Das wird natürlich nie wirklich offen gesagt, aber es ist klar, was man von den „ausgeflippten“ jungen Leuten, die im Atelier von Max zu Jazzmusik tanzen, halten soll. Hubert hingegen sitzt bestenfalls in der Kirche an der Orgel und spielt bleischwere Kompositionen von Bach, wenn er nicht durch die  Wälder streift und sich an Gottes Schöpfung erfreut. Der echte Mann weiß wie man mit dem Schießgewehr umzugehen hat, jagt aber natürlich nur „mit Respekt“ vor der Natur. Die Jagd-Vorstellungen von Liesl verwirft er mit wissendem Lächeln, aber wenn der Film in der Treibjagd auf Gamsböcke kulminiert, die Kamera voll draufhält, wenn die Tiere in den Tod stürzen, der aufgrund seines fehlenden Jagdglückes von allen verlachte und nur als halber Mann betrachtete Bertl (Albert Rueprecht) schließlich die Wirtin Karin (Emi Mangold) in den Arm schließen darf, weil er sich endlich als echter Kerl bewiesen hat, fragt man sich, wo er denn plötzlich hin ist, der Respekt. Ein ganz und gar fürchterlicher Film, der alle Vorurteile, die man gegenüber dem Genre so hegt, bestätigt.

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