pee-wee’s big adventure (tim burton, usa 1985)

Veröffentlicht: August 18, 2016 in Film
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peeweefeb12Pee-wee Herman (Paul Reubens) lebt mit seinem Hund Speck in einem mit Spielsachen und absurden Erfindungen vollgestopften Haus und liebt nichts so sehr wie sein rotes Fahrrad, das auch sein Erzrivale Francis (Mark Holton), verwöhnter, fetter, etwas einfältiger Sohn des reichen Mr. Buxton (Ed Herlihy) unbedingt haben will. Nach dem Einkauf ist die Katastrophe dann perfekt: Das Fahrrad wurde gestohlen und der untröstliche Pee-wee begibt sich auf eine Suche quer durch die USA …

Ich fange mal wieder ganz schnöde mit der Inhaltsangabe an, weil ich einfach nicht den richtigen Dreh für diesen Film finde. Pee-wee Herman ist eine Kunstfigur, die der Komödiant Paul Reubens in den späten Siebzigern als Teil der Comedytruppe „The Groundlings“ erdachte, weil er sich so schlecht herkömmliche Witze merken konnte. Pee-wee ist ein etwas zurückgeblieben anmutender Sonderling, der aber tatsächlich ziemlich scharfsinnig und nicht ohne eine gewisse irrationale, vormoralische Boshaftigkeit ist. Darüber hinaus sieht er aus wie eine menschliche Puppe: Da schwingt noch eine seltsame sexuelle Komponente mit, die auch Bestandteil des ursprünglichen Bühnenacts war und für Tim Burtons Spielfilmdebüt nicht vollständig getilgt wurde. Die Figur ist dann auch eher kurios als wirklich witzig, der Film nur bei flüchtigem Hinsehen kindlich und quirky, dahinter nahezu verstörend und bizarr. Tim Burton sollte später einen größeren Perfektionismus bei der Gestaltung seiner Kunstwelten an den Tag legen und natürlich mehr Geld für Spezialeffekte und Bühnenbildner zur Verfügung haben, aber was ihn auszeichnet, ist hier schon da und vielleicht umso wirkungsvoller, weil der Film seine Welt nicht lang erklärt, sondern uns einfach hineinwirft.

Es ist nicht wirklich eine Fantasiewelt, nur einzelne Teile unterscheiden sie von unserer: Die Einkaufsstraße, in der Pee-wee seines Fahrrads verlustig geht, beherbergt eine merkwürdige Häufung skurriler Geschäfte wie einen Laden für Scherzartikel, einen Perückenladen und das riesige Fahrradgeschäft, in dem die süße Dottie (Elizabeth Daily) arbeitet, die aus unerfindlichen Gründen ein Faible für den asexuellen Pee-wee hat. PEE-WEE’S BIG ADVENTURE wimmelt außerdem von popanzigen Vaterfiguren mit großen Hornbrillen und barocken Hausmänteln, komischen Außenseitergestalten und gesund-rotbackigen All-American girls. Die von Paris träumende Kellnerin Simone (Diane Salinger) erinnert sicherlich nicht nur deshalb an Olive Oil, weil ihr hünenhafter Freund genauso aussieht wie Bluto. Und Pee-wee mag die Schlagkräftigkeit und Einsilbigkeit von Popeye vermissen lassen, aber er bewegt sich genauso ungerührt von äußeren Einflüssen durch diese Welt wie der Seemann mit der Vorliebe für Dosenspinat. Man bekommt diese Figur einfach nicht zu fassen: Mal benimmt er sich Dottie gegenüber wie ein totales Arschloch, dann kommt seine naive Gutherzigkeit zum Vorschein als er alle Tiere einer Zoohandlung einzeln vor einem Brand rettet – sogar die ekligen Schlangen, was ihn vor Ekel in Ohnmacht fallen lässt. Mal wirkt er wie ein Simpleton, dann wieder scheint er alles zu durchschauen und mit subversiver Intelligenz zu enttarnen.

Endgültig rätselhaft ist das Finale: Nachdem Pee-wee bei einer Verfolgungsjagd über das Studiogelände der Warner Bros. für ein heilloses Chaos gesorgt hat, wird seine Geschichte verfilmt, und zwar mit James Brolin und Morgan Fairchild als er und Dottie. Pee-wee schaut sich die Premiere in einem Autokino mit allen seinen neuen Bekannten und Freunden an und plötzlich schiebt sich da ein postmoderner, erstaunlich greifbarer Witz in den Film, der vorher völlig abwesend war. Man wird völlig rausgerissen aus der Welt, die Burton zuvor etabliert, aber nie wirklich abgezirkelt hat. Ich weiß nicht genau, wie ich den Film finden soll. Einerseits ist er brillant und mitunter geradezu rührend in seinem autistisch-singulären Blick auf Amerika und Americana, aber den Protagonisten verstehe ich nicht so recht, finde ihn eher irritierend als amüsant, bisweilen verstörend und unheimlich, dann wieder sehr liebenswert und putzig. PEE-WEE’S BIG ADVENTURE ist ein wirklich seltsames Teil. Später hat Burton ja nur noch „seltsame“ statt seltsame Filme gedreht.

Kommentare
  1. Morgen Luft sagt:

    Klingt aber dennoch sehenswert. Zumal das eine „seltsam“ besser als das andere „seltsam“ ist 🙂

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