3. mondo bizarr weekender: uchû daikaijû dogora (ishirô honda, japan 1964)

Veröffentlicht: Februar 4, 2017 in Film
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Letztes Jahr war es der hongkongchinesische Bruceploiter MENG LONG ZHEN DONG, der sich in die Spitzengruppe meiner imaginären Jahrescharts katapultierte, dieses Jahr dürfte es nicht allzu vielen Filmen gelingen, UCHÛ DAIKAIJÛ DOGORA aus dem Führungsfeld zu verdrängen. Das in Deutschland unter dem Titel X3000 – FANTOME GEGEN GANGSTER firmierende Crossover aus klassischem Sci-Fi-Monster- sowie Gangster- und Agentenfilm ist eh schon eine Schau, aber es hat zudem noch den Bonus einer echten Rarität, was die Vorführung im Rahmen des 3. Mondo Bizarr Weekenders in Düsseldorf zu einer cinephilen Galaveranstaltung machte. Die Kopie, die zur Aufführung kam, ist möglicherweise die letzte in Existenz, zumindest in Deutschland ist keine weitere bekannt. Man kann ja nur hoffen, dass der Schatz bald in Form einer digitalen Version für die Nachwelt erhalten bleibt, denn UCHÛ DAIKAIJÛ DOGORA ist denkwürdig. Ein Film, der alles hat und davon auch noch eine Menge.

Zur Handlung: Weltweit werden vermehrt Diamanten gestohlen. Die Polizei steht vor einem Rätsel, aber auch die Gangster sind beleidigt, denn sie haben ausnahmsweise mal nichts damit zu tun. Komisch außerdem: Zeitgleich mit den Diamanten verschwinden auch immer Unmengen an Kohle. Bei seinen Ermittlungen stoßen der Polizist Kommei (Yôsuke Natsuki) und der rätselhafte Wolf Hanter (Robert Dunham) aneinander. Ist letzterer ein Ganove oder doch eher ein Geheimagent? Nachdem die beiden sich zusammengerauft und mit dem Wissenschaftler Dr. Munakata (Nobuo Nakamura) kurzgeschlossen haben, der daran arbeitet, Diamanten als Energiequelle nutzbar zu machen, kommen sie dem Geheimnis auf die Spur: Kohlenstoffe, die sowohl in Diamanten wie auch in Kohle enthalten sind, dienen einer riesigen Weltraumqualle namens „Dogora“ als Nahrung. Aber was, wenn alle Diamanten und Kohlen aufgefressen sind?

Zunächst mal ist der Film von vorn bis hinten einfach nur liebenswert: Kommei ist so einer dieser naiven, kantenlos-schwiegersohnartigen Helden, wie sie in Mode waren, bevor sie von den unrasierten James Bonds dieser Welt abgelöst wurden, der froschmäulige „Wolf Hanter“ in der unbestechlichen Logik des Films allein deshalb ein Teufelskerl, weil er Amerikaner ist. Seine Überlegenheit, die ihm da ständig attestiert wird, ist eigentlich eher in der totalen Hilflosigkeit aller Japaner im Film begründet, die sich wohl auch mit dem alten „Guck mal da!“-Trick noch ins Bockshorn jagen ließen. Dr. Munakata ist der obligatorische alte Wissenschaftszausel, der ganz in seiner eigenen Welt lebt und dessen hirnrissigen Hypothesen beständig fassungslose Gesichtsentgleisungen und Kulturschocks bei den handfesten Helden hervorrufen. UCHÛ DAIKAIJÛ DOGORA gehört zu jenen Science-Fiction-Filmen, für die „Wissenschaft“ in erster Linie bedeutet, dass allerhand verrückte Sachen möglich sind, an die der Ottonormalverbraucher nie zu denken gewagt hätte. So kommt es dann auch, dass die Riesenqualle am Ende mithilfe von Bienengift unschädlich gemacht werden kann, das eilends von allen Fabriken des Landes synthetisch hergestellt wird – wo die die Energie nach der Kohlenfressorgie des Monsters hernehmen, bleibt unbeantwortet: Recht so!

Hondas Film ist ein herrliches, rührendes, endlos spaßiges Filmerlebnis, aber es bekommt durch seine Effektsequenzen noch einmal einen zusätzlichen Schub, der es in andere Sphären katapultiert. Alles beginnt mit den schon nicht üblen Szenen, in denen Fabrikschornsteine, Autos, Züge und Kohlenberge „abgesaugt“ werden, der Auftritt Dogoras toppt dann aber alles: Die Sequenz, in der die Qualle in voller Pracht zu sehen ist, hat psychedelische Qualitäten, ist tricktechnisch höchst einfach gestaltet, aber so saumäßig effektiv umgesetzt, dass man sich fragt: Wie haben die das gemacht? Marc hat in seiner Einführung den Namen „Lovecraft“ in die Runde geworfen und damit ziemlich genau ins Schwarze getroffen: Dieses majestätische Biest, das da aus einem kosmischen Nebel herabschwebt und mit seinen fluoreszierenden Tentakeln herumwirbelt, ist wahrscheinlich eine bessere Cthulhu-Darstellung als alle „echten“ Versuche, den Großen Alten filmisch abzubilden. Dann kommen auch noch wunderschöne Zeichentrick-Effekte zum Einsatz, wenn Dogora mit seinen Greifarmen nach einer großen Brücke schnappt und sie kurzerhand einstürzen lässt. Fantastisch! Episch! Gänsehaut!

In UCHÛ DAIKAIJÛ DOGORA vereint sich das eigentlich Unvereinbare auf höchst glückliche Art und Weise zu einem wunderbar unterhaltsamen, schwungvollen und schlicht endlos sympathischen Werk, das größere Bekanntheit definitiv verdient hat und jeden, ich behaupte jeden, der ein Herz für den poppig-bunten Exploiter der Sechzigerjahre, für Monster und einfach für tolle Filme hat, um den Verstand bringen wird. Volle Punktzahl.

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