1. morbid movies: water power (shaun costello, usa 1976)

Veröffentlicht: Juni 8, 2017 in Film
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Der berühmte „Einlauf-Porno“ vom FORCED ENTRY-Regisseur Shaun Costello wurde auch unter dem putzigen Titel SCHPRITZ veröffentlicht: Wehe, wer sich davon täuschen ließ! Wir haben es hier mit einem dreckig-versifften Roughie aus dem New York der Siebzigerjahre zu tun, einer Zeit, als die Stadt noch weit entfernt war von der gentrifizierten Glitzermetropole, vielmehr der Inbegriff des zur Implosion verdammten Molochs, in dem jede der zahlreichen, von allen normalen Menschen längst verlassenen, dunklen Gassen einen sabbernden Vergewaltiger, einen Omas abstechenden Handtaschendieb oder einen im Drogenrausch halluzinierenden Psychopathen barg. Die Stadt, von der man sicher war, dass sie über kurz oder lang zur Hölle gehen würde, dahin, wo sie hingehörte, und wo man einen durchgeknallten Vietnamveteran wie Travis Bickle aus Scorseses TAXI DRIVER, der mit dem Abschaum aufräumt, weil die Polizei mit der Arbeit nicht nachkommt, gut gebraucht hätte. Es ist die Stadt von THE FRENCH CONNECTION, MANIAC, THE EXTERMINATOR, CRUISING, THE DRILLER KILLER, BASKET CASE oder auch NEW YORK CITY INFERNO: Eine dreckige Stadt eben, die nur dreckige Filme hervorbringen konnte.

WATER POWER gilt als der TAXI DRIVER des Hardcore-Porn und er macht Ernst mit Bickles Bild von der Stadt, die ein großer Regen von der Scheiße befreit: Sein Protagonist Burt (Jamie Gillis) beobachtet in einem Bordell, wie ein Einlauf gelegt wird, und geht danach auf große Vergewaltigungstour, das Werkzeug für die gepflegte Arschspülung immer im Anschlag und nie um ein feingeistiges „Du Sau!“ für die zu reinigenden Frauen verlegen. Und so treffen sich dann meist auf halbem Wege spritzendes Sperma und sprotzende Scheiße in einem wahrhaft kathartischen Akt.

Ich habe leider nur noch sehr verschwommene Erinnerungen an WATER POWER – wie immer neigen Nürnberger Cine-Events zum Exzess und das war auch diesmal nicht anders -, aber ich weiß noch, dass mich dieser Film, vor dem ich doch ein wenig Angst hatte, geflasht hat. Kein ganz neues Erlebnis, denn auch diese – am Ende begeisternden – Grenzerfahrungen gehören in Nürnberg dazu. WATER POWER hat zunächst mal natürlich sein unwiderstehliches, oben schon genug gefeiertes Setting, die asoziale Synchro, die gewissermaßen die schrumplige Korinthe auf dem dampfenden Kackhaufen bedeutet, und eben diese Hardcore-Szenen, deren explosiver Charakter kaum in Worte zu fassen ist. Es ist einfach unfassbar räudig, was da passiert, aber Costello findet eben ein filmische Sprache, die das alles in Worte kleidet, die man durchaus „poetisch“ nennen kann – auch wenn man das hier definitiv nicht mit „schön“ gleichsetzen sollte. WATER POWER ist schmutzig, eklig, brutal und voller Hass, aber er ist eben kein Videofilm für die Gorebauern, die sich auch dann noch an abgeschnittenen Gliedmaßen ergötzen, wenn sie dafür bierwänstige Prolos mit Ziegenbart in potthässlicher Digi-Optik durch Omas Schrebergarten in Kauf nehmen müssen. Die Costellos jener längst vergangenen Tage waren eben nicht nur Außenseiter und Provokateure, sie wussten auch, was „Film“ eigentlich leisten kann. Und wie man sprichwörtliche Scheiße in filmisches Gold verwandelt, das lustig sprudelt wie ein fröhlich gluckernder Gebirgsbach.

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