stripped to kill (katt shea, usa 1987)

Veröffentlicht: Juli 30, 2019 in Film
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„A maniac is killing strippers.“ – Man sollte meinen, dass es nicht viel mehr als dieser Worte bedurfte, um Roger Corman für STRIPPED TO KILL einzunehmen, doch tatsächlich soll Katt Shea über ein Jahr gebraucht haben, um den „King of the Bs“ von ihrer Idee zu überzeugen. Sie war der Filmemacherin angeblich gekommen, als ihr Ehemann Andy Ruben, der dann auch das Drehbuch mit ihr zusammen verfasste, sie nach einer verlorenen Wette mit in einen Stripclub nahm, wo ihr klar wurde, dass der Striptease-Tanz für die professionellen Damen eine legitime künstlerische Ausdrucksform darstellte. Sie besetzte ihren Film dann auch mit echten Tänzerinnen, drehte in einem echten Stripclub und zwang die lüsternen männlichen Videotheken- oder Grindhousegänger, die für einen vermeintlichen Sexfim zahlten, sich mit einer Polizistin zu identifizieren sowie sich mit der weiblichen Sichtweise aufs Animiergeschäft und die eigene Rolle in der Verwertungskette auseinanderzusetzen. STRIPPED TO KILL liegt damit ganz auf der Linie von Corman-Produktionen wie CAGED HEAT oder THE STUDENT NURSES (den mit Stephanie Rothman ebenfalls eine Frau inszenierte), die potente gegenkulturelle Gesellschaftskritik im Adamskostüm der Triebbefriedigung verabreichten.

Der Film handelt von der Kriminalbeamtin Detektive Cody Sheehan (Kay Lenz), die gemeinsam mit ihrem Partner Heinemann (Greg Evigan) im Mordfall an einer Stripperin ermittelt. Der Partner schlägt ihr vor, sich selbst als Tänzerin auszugeben, um tiefer ins Milieu eintauchen zu können, das Vertrauen der Kolleginnen der Toten zu gewinnen, Kontakt zu den Kunden und damit vielleicht dem Täter zu bekommen. Cody willigt ein, tut sich zunächst schwer, geht dann aber auf in ihrem neuen Leben. Als ihr die Vorgesetzten und der Partner empfehlen, ihre Geheimidentität zum Selbstschutz aufzugeben, weigert sie sich, denn sie ist schon zu weit gegangen.

Die Zusammenfassung liest sich nicht nur wie eine weibliche Paraphrase auf William Friedkins CRUISING, der skandalumwitterte Copfilm dürfte eine der wichtigsten Inspirationsquellen für Katt Shea gewesen sein. Dennoch geht die Regisseurin (die zu Beginn der Neunzigerjahre u. a. mit einer Retrospektive im New Yorker MoMa geehrt wurde) eigene Wege. Zunächst einmal sind die dem Zeitgeist entsprechende Ausstattung und visuelle Gestaltung zu nennen. STRIPPED TO KILL suhlt sich nicht, wie Friedkin, im Dreck und in der Düsternis, vielmehr etabliert Shea zusammen mit ihrem DoP John LeBlanc einen hochstilisierten Neonlook und betont damit den traumhaften Charakter der Welt, die Cody betritt. Passend dazu arten auch ihre Striptänze im Verlauf des Films zu regelrechten Theaterperformances aus, die nicht mehr viel mit dem banalen „Stangentanz“ zu tun haben. Auf der Bühne kann sie alle ihre Gefühle und natürlich ihre Weiblichkeit zeigen und was ihr „draußen“ als Schwäche ausgelegt wird, wird hier zur Stärke. Kay Lenz ist keine Oscar-Preisträgerin, aber ihre Darbietung ist trotzdem wunderbar: Besonders gut hat mir ihre missglückte Premiere gefallen. Beim Amateur-Wttbewerb, der ihr die Anstellung bringt, tanzt sie zuerst schüchtern, unbeholfen und unsexy. Dann gelingt es ihr nicht, den Reißverschluss ihres Kleides zu öffnen. Nach einigem Zögern gibt sie sich einen Ruck und reißt sich das Kleid kurzerhand vom Leib, womit sie die Menge zum Johlen bringt. Als sie sich schließlich ihres BHs entledigt sieht man kurz die Freude über ihr Gesicht zucken: Sie genießt die Freiheit und die Reaktionen des Publikums, bevor wieder die konditionierte Scham einsetzt und sie sich erschrocken bedeckt und von der Bühne eilt. Lenz interpretiert ihre Polizistin als sensibel und verletztlich, Eigenschaften, die sie durch den Tanz nicht ablegt, sondern vielmehr als integralen Teil ihrer Persönlichkeit zu akzeptieren beginnt.

Demgegenüber steht ihr Partner Heineman für die leibgewonnenen Touch-Guy-Klischees des Actionkinos jeder Tage: Er gibt sich bei seiner Arbeit bevorzugt als Rocker aus, trägt seinen Viertagebart mit Nackenspoiler, hat zwei coole Ohrringe im Ohr und kleidet sich bevorzugt in wallende, wadenlange Mäntel, fingerlose Handschuhe mit Nietenarmbändern und Muskelshirts. Eine Art Running Gag des Films besteht darin, dass er seine Partnerin mit einem falschen Messer attackiert und sie darüber aufklärt, dass sie auf die Augen des Angreifers zu achten habe: Wissen, dass ihr in der finalen Konfrontation mit dem Mörder natürlich entscheidend zugute kommt. Wie es sich für einen solchen Film gehört, entwickelt Heineman einen Crash für Cody und während er sich betont cool gibt, leidet er in doppelter Hinsicht unter ihrem neuen Engagement. Zum einen, weil es ihn antörnt, sie nackt zu sehen, zum anderen aus Eifersucht. Er ist noch ganz in der Rolle des Beschützers gefangen, kann nicht akzeptieren, dass sie ihre eigenen Entscheidungen trifft. Im Finale wird er entsprechend schnell ausgeschaltet – leider greifen dann aber doch die üblichen Inszenierungsklischees und er muss in letzter Sekunde Auferstehung feiern, um sie doch noch zu retten. Trotzdem spürt man meines Erachtens, dass hier eine Frau am Werk war: Katt Shea bewegt sich zwar immer im Rahmen des Exploitationkinos, dessen Mechanismen sie nicht aushebeln kann und wahrscheinlich auch nicht will, aber sie bringt eine gewisse Weichheit mit ins Spiel. Das Miteinander der Tänzerinnen ist glaubwürdig und bei ihren Auftritten hat man nur selten das Gefühl, dass hier ausschließlich der male gaze bedient wird. Stattdessen stehen die Performances als Ganzes und ihre transformierende Wirkung für die Tänzerinnen im Mittelpunkt. STRIPPED TO KILL ist ein toller kleiner Thriller, der seinerzeit in der Flut ähnlich gelagerter Videopremieren unterging und hinter dem ich immer nur preiswert-austauschbaren Softerotik-Schund vermutet habe. Wie sehr man sich täuschen kann. In der BluRay-Edition des Films erstrahlt dieses Kleinod in seiner ganzen verlockenden Pracht.

 

 

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