coogan’s bluff (don siegel, usa 1968)

Veröffentlicht: März 6, 2008 in Film
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Deputy Sheriff Walt Coogan (Clint Eastwood) aus Arizona erhält den Auftrag, den im „Grand Canyon State“ straffällig gewordenen New Yorker James Ringerman (Don Stroud) in New York abzuholen und nach Arizona zu überführen. Als Coogan in der Ostküstenmetropole eintrifft, schlagen ihm jedoch vor allem Vorurteile und Spott entgegen. Hinzu kommt, dass er seinen Auftrag nicht erfüllen kann, weil Ringerman nach einem LSD-Trip vorerst im Krankenhaus liegt. Coogan ist aber fest entschlossen, möglichst schnell mit seinem menschlichen Gepäck zurückzureisen und so bleibt ihm nichts anderes übrig, als die Gesetze nach seinem Verständnis zu beugen …

coogans_bluff1.jpgDer Auftakt des Films erinnert an Siegels EDGE OF ETERNITY: Die Kamera fängt die weite, menschenleere Prärie ein, ein Schnitt auf einen in den Felsen hockenden Indianer, der auf einem Stück Hühnchen herumkaut, versetzt den Betrachter automatisch in die Zeit des Wilden Westens, was Siegel dann aber mit dem nächsten Schnitt wieder zunichte macht: Ein Auto fährt durch das Tal, zieht eine große Staubwolke hinter sich her. Wir sind in der Gegenwart angelangt, in der der edle Wilde sich dem Zivilisierten beugen muss. Obwohl er die Sonne im Rücken hat, hat der Indianer gegen Deputy Coogan keine Chance. Mit COOGAN’S BLUFF treibt Siegel das Konzept und die Aussagen des Spätwesterns auf die Spitze. Der Cowboy ist hier nicht mehr Bestandteil einer im Wandel begriffenen Zeit, die ihm bald schon den Lebensraum geraubt haben wird, vielmehr hat er sich in die Gegenwart hinübergerettet und existiert als Relikt in dieser weiter: Coogan ist der Cowboy in der Moderne. Wenn er von erhöhtem Standpunkt aus – dem titelgebenden „Coogan’s Bluff“, einer Anhöhe im Norden New Yorks, die an die Topografie seiner Heimat Arizona anmutet – auf das sich scheinbar endlos vor ihm ausdehnende New York hinabblickt, wird er eindeutig mit dem Indianer vom Anfang parallelisiert. Und seine Haltung zu der Welt, die er dort unten vor sich sieht, äußert sich in seiner Aussage, er versuche sich vorzustellen wie es dort unten aussah, bevor der Mensch kam und „fouled everything up“. Coogan repräsentiert das Alte und deswegen muss er in New York, der Apotheose der Zivilisation, ein Fremdkörper sein. Siegel inszeniert diesen clash of the cultures als Komödie, die viele Elemente des Vorgängers MADIGAN aufgreift und den Boden für die in den Achtzigerjahren aus dem Boden schießenden Buddy-Komödien bereitet: Mit Don Stroud und Susan Clark tauchen zwei Schauspieler aus MADIGAN erneut auf und ermöglichen eine Verbindung zwischen beiden Filmen herzustellen. Wurde ersterem in seiner Rolle als kleiner Gauner Hughie noch von Dan Madigan unterstellt, er brauche dringend einen Haarschnitt, darf er sich als Ringerman gleich im blühenden Hippie-Milieu tummeln, das für den geradlinigen, kantigen Coogan wie die Fantasie eines Irren anmuten muss, wie die extreme Potenzierung allen urbanen Übels. Das Polizeiwesen, mit dem er konfrontiert wird, die Bürokratie, Lustlosigkeit und Kooperationsunwilligkeit von Detective McElroy (Lee J. Cobb) steht seiner Einstellung zum Job diametral entgegen: Coogan ist „von Natur aus“ ein Jäger. „Man lernt seine Opfer kennen, wenn man sie einmal mehrere Tage gejagt hat“, sagt er und erntet Unverständnis. Am Ende, wenn er Ringerman nach einer Verfolgungsjagd – die er fast mutwillig verursacht, damit er ihn auf seine Weise festnageln kann – endlich zur Strecke gebracht hat, hat sich tatsächlich etwas zwischen den beiden verändert: Im Hubschrauber sitzen die beiden nebeneinander und Coogan bietet seinem Häftling eine Zigarette an.

Um COOGAN’S BLUFF – dessen deutscher Titel COOGAN’S GROSSER BLUFF reichlich hilflos daherkommt – als Meisterwerk oder ähnliches zu bezeichnen, fehlt ihm wohl etwas der Ernst. Noch im selben Jahr entstanden wie MADIGAN trägt er alle Zeichen eines locker-flockigen Übergangsfilms. Die Tragik von MADIGAN vermeidet er ebenso wie die rohe Brutalität und den Nihilismus eines THE KILLERS, von dem er aber die bizarren Perspektiven in seinen wenigen Gewaltszenen übernimmt. COOGAN’S BLUFF ist eine Komödie und ein früher und keineswegs unbedeutender Schritt hin zu einer Postmodernisierung des Genres. Und Clint Eastwood hat seine unverwechselbare Masche, Dialogzeilen mundfaul zwischen den Zähnen hindurchzuzischen hier schon bis zur Perfektion kultiviert. Schöner Film.

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