a perfect couple (robert altman, usa 1979)

Veröffentlicht: Juni 3, 2011 in Film
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Über eine Partnerschaftsagentur lernen sich Alex (Paul Dooley) und Sheila (Marta Heflin) kennen: Er ist der Sohn einer griechischen Einwandererfamilie, arbeitet im Antiquitätengeschäft seines patriarchischen Vaters (Titos Vandis) und hat sich immer noch nicht von diesem emanzipiert, obwohl er schnurstracks auf die 50 zugeht. Sie ist Sängerin der vielköpfigen Rockband „Keepin‘ ‚em off the Streets“, lebt mit allen Musikern gemeinsam in einem großen Loft und wird vom herrischen Frontmann Teddy (Ted Neeley) herumkommandiert. Das erste Date verläuft dank eines Wolkenbruchs und des nicht schließenden Verdecks seines Wagens annähernd katastrophal und das sich dennoch anbahnende Liebesglück wird auch in der Folge immer wieder von den jeweiligen Familien torpediert, die ihre Exklusivansprüche geltend machen …

Nach dem künstlerischen und kommerziellen Fiasko von QUINTET stellt der im gleichen Jahr entstandene A PERFECT COUPLE gleichermaßen eine Rückbesinnung auf alte Stärken wie auch den gelungenen Versuch Altmans dar, nach vielen konzeptschweren Filmen auf dem Gebiet der leichten Liebeskomödie Fuß zu fassen bzw. diese den eigenen Vorstellungen anzugleichen. Nach eigenem Bekunden wollte er eine Liebesgeschichte mit ganz normalen Menschen erzählen anstatt mit überirdischen Hollywood-Stars und demzufolge sind Idealismus, Kitsch und Pathos in A PERFECT COUPLE dann auch vollkommen abwesend: Von Dooley und Heflin eher verkörpert als gespielt, torkeln Alex und Sheila abwechselnd trunken vor Glück und dann wieder ernüchtert von der Unzulänglichkeit der Realität einem Happy End entgegen, den Titel des Films erst als Ironie enttarnend, dann schließlich dessen Implikationen hinterfragend: Gibt es sie überhaupt, die perfekten Paare, deren Hälften sprichwörtlich für einander gemacht sind? Oder zeichnet ein solch „perfektes Paar“ nicht vielmehr aus, dass es die eigene Unperfektheit akzeptiert und als eigene Stärke interpretiert?

In einem typischen Anflug Altman’scher Pointierung kreuzt immer wieder ein älteres, namenlos bleibendes Liebespaar den Weg der Protagonisten, das die hilflosen Bemühungen der Protagonisten, zusammenzufinden, mit schier unerträglicher Glückseligkeit kontrastiert. Es ist eines dieser Paare, die in einem luftleeren Raum zu existieren scheinen, vollkommen unempfänglich für die sie umgebende Durchschnittlichkeit, die Sorgen und Nöte der weniger vom Schicksal begünstigten Menschen und besoffen von der Liebe, und deren ostentativ vor sich hergetragenes Glück von jedem normalen Menschen geradezu als Affront empfunden werden muss. Nichts kann ihr entrücktes Lächeln trüben, nichts ihre heilige Zweisamkeit stören, während Alex und Sheila von einer Panne zur nächsten schlittern, sich die kurzen Momente des Glücks hart erarbeiten müssen und dann doch wieder einen Rückschlag erfahren. Doch ganz am Ende, als es ihnen gegen alle Widerstände gelungen ist, zusammenzufinden, da zeigt dieses vermeintlich perfekte Paar auf einmal seine bisher verborgen gebliebene hässliche Seite. „The grass is always greener on the other side“ heißt es: Erst wenn man selbst mit sich im Reinen ist, erkennt man, dass die anderen nicht so makellos sind, wie es vorher den Anschein hatte. Perfektion existiert nur in der Vorstellung, auch Jennifer Lopez stinkt beim Kacken.

Wollte man die Leichtigkeit von A PERFECT COUPLE als Mangel an Nachdrücklichkeit kritisieren, hieße das gerade die Stärke des Films zu übersehen, der in Altmans unachahmlicher Art das pure Leben in all seiner Willkürlichkeit und Irrelevanz einfängt. Die Geschichte von Alex und Sheila wird immer wieder von den Darbietungen ihrer Band unterbrochen, deren Songs das Geschehen zum Teil kommentieren, manchmal aber auch einfach nur aufbrechen und damit den Eindruck verwischen, hier werde eine Geschichte mit einem zwingenden Anfang und einem ebensolchen Ende erzählt, deren Richtung kausal und also zwangsläufig ist. A PERFECT COUPLE ist episodisch, manches läuft ins Leere, anderes platzt vollkommen unerwartet in die Handlung, alles hat Konsequenzen, aber nichts scheint endgültig und unwandelbar. Auch die eigene Persönlichkeit nicht: Beide müssen sich erst von ihren Wurzeln freimachen, ihre Familien, von denen sie Zwängen unterworfen werden, die ihrem Glück entgegenstehen, verlassen und Verantwortung für das eigene Leben übernehmen. In der Gegenüberstellung der beiden Familien – Alex‘ patriarchische, übergriffige und moralisch rigide Sippschaft und die komplett entgegengesetzte libertinäre Künstlertruppe Sheilas, deren Angehörige sich Wohnraum und manchmal auch Betten teilen – werden deren Gemeinsamkeiten in der Differenz deutlich: Wo Alex‘ Privatsphäre ständig durchleuchtet und missachtet wird, da besteht unter den Mitgliedern der Band gar nicht erst ein Bedürfnis nach einer solchen. Das Ergebnis ist das gleiche. Altman bewertet diese unterschiedlichen Lebensentwürfe nicht, aber er zeigt, dass man sich von solchen Banden befreien muss, wenn man sie als beengend empfindet.

Ich hatte nicht viel erwartet von A PERFECT COUPLE. Im Werk Altmans kommt ihm eher geringe Bedeutung zu. Obwohl in derselben Phase entstanden wie A WEDDING und eben QUINTET, scheint es mir angebracht, ihn als Übergangsfilm zu bezeichnen. Auf ihn folgte unmittelbar der wohl kommerziellste Film Altmans, die Disney-Produktion POPEYE, auf dessen Zugänglichkeit er sich vielleicht mit A PERFECT COUPLE vorbereitet hatte (ich halte ihn sogar für noch leichter als die Comicverfilmung, aber dazu später mehr). Wenn er aus heutiger Sicht etwas dated und vielleicht sogar unfokussiert wirkt, dann liegt das vor allem an den zahlreichen, für den Fortgang der Handlung nicht unbedingt zwingend notwendigen Auftritten von „Keepin‘ ‚em off the Streets“, deren von Allan F. Nicholls geschriebene Musik – theatralischer, narrativer 70s-Rock, dargeboten von einer fünfköpfigen Sängertruppe und einer dazugehörigen Band – deutlich in ihrer Zeit verhaftet ist und gar kein zeitgenössisches Pendant mehr kennt. Mir hat die Musik trotzdem oder gerade deshalb gefallen und irgendwie passt sie ja auch zum Film: gleichzeitig ambitioniert wie trivial, technisch auf höchstem Niveau wie spontan, sucht man Filme wie A PERFECT COUPLE heute nämlich meist vergeblich.

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