one in the chamber (william kaufman, usa 2012)

Veröffentlicht: Oktober 1, 2012 in Film
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Prag: Der Profikiller Ray Carver (Cuba Gooding jr.) wird von der Mafiaorganisation der Suverovs engagiert, die konkurrierenden Crime-Family der Tavanians auszulöschen. Den entscheidenden Anschlag überleben aber einige der Zielpersonen und wollen nun Rache üben. Die Suverovs rüsten infolgedessen auf, indem sie den berüchtigten Aleksey Andreev (Dolph Lundgren), genannt „der Wolf“, auf ihre Gegner ansetzen. Und zu diesen gehört seit seinem Versagen auch Ray, der außerdem um Karmaausgleich bemüht ist …

Nach seinem THE HIT LIST, der weniger durch Authentizität und Rohheit, sondern mit einer geschliffenen, konstruierten Storyline auffiel, kehrt Regisseur Kaufman mit ONE IN THE CHAMBER wieder zur No-Nonsense-Action zurück, die weniger mit originellen Ideen aufwartet, als vielmehr mit äußerst konsequenter Aufbereitung des Altbekannten. Unterstrichen wird dies durch den Schauplatz des Films: ONE IN THE CHAMBER reiht sich nahtlos in die immer länger werdende Liste der Ostblock-Actioner ein, sodass sich der Vergleich mit Filmen wie ASSASSINATION GAMES, BORN TO RAISE HELL oder DIRECT CONTACT geradezu aufdrängt. Wie diese zeichnet sich Kaufmans Film durch seine skrupellosen russischen Schurkenfiguren aus, deren Vulgarismus und Brutalität nicht zuletzt in ihrem Akzent Ausdruck findet, durch die zwischen barockem Pomp und ruinösem Verfall befindlichen Settings und die Betonung eines brutalen, völlig aus den Fugen geratenen Kapitalismus, in dem das Verbrechen einen fruchtbaren Nährboden gefunden hat. Wo anders als hier könnte ein Killer zu dem Schluss kommen, dass es an der Zeit ist, Abbitte zu leisten?

Dieser Aspekt des Films ist zwischen etlichen dynamisch inszenierten Actionszenen der einzige erzählerische Kniff, der einzige ornamentale Schlenker im unaufhaltsamen Geradeaus, den sich Kaufman erlaubt: Und er bleibt dabei gnadenlos unterentwickelt. Auch die Reue des Killers ist nur noch ein Zitat, bloße Konvention, die gar nicht mehr mit Leben gefüllt wird. Dazu passt auch, dass es den Killer, dem ein geradezu mythischer Ruf vorauseilt, schon in THE PRODIGY gab und Goodings Carver als Vorstufe zu seinem Charakter aus THE HIT LIST gesehen werden kann.) Aber in der tristen Welt von ONE IN THE CHAMBER erscheint es wie ein unerklärliches Rätsel, dass ein Killer der Frau nachstellt, die er einst zur Halbwaise gemacht hat, um seine Fehler wiederguzumachen. Da drängt sich ein anderer Film in den Film, einer, in dem für solche Sentimentalitäten tatsächlich Platz ist, in einen, der weiß, dass das es sowas nur im Kino gibt. Gleiches gilt für den Noir-inspirierten Voice-over Rays: Hier wird versucht, etwas festzuhalten, was längst entglitten ist. Der, der die konfligierenden Qualitäten des Films in sich vereint, ist Dolph Lundgren als Andreev, ein wandelnder Cartoon, der trotzdem glaubwürdig ist. Im kecken Leinenhut, in grelle Hawaiihemden und kleinbootgroße Designerschuhe gekleidet, walzt er durch den Film, seinen Beruf gleichermaßen mit Freude und Humor wie großer Effizienz und Sachlichkeit ausführend. Er ist eine Figur, die im kommerziellen Idealfall ein Spin-off inspirierte, ein buchstäblicher Farbtupfer im allumfassenden Grau. Und Lundgren spielt diese Figur mit großer Energie und sichtbarem Spaß. Die Rolle, die ihm eigentlich Stallone für THE EXPENDABLES auf den hünenhaften Leib schreiben wollte, hat er von Kaufman bekommen.

Obwohl ONE IN THE CHAMBER hinischtlich seiner Inszenierung wie aus einem Guss ist, meisterlich in der Gestaltung der Actionszenen und der Schauspielerführung und darüber hinaus immens kurzweilig, bin ich doch ein bisschen enttäuscht. Anstatt seinen eigenen, in THE PRODIGY und SINNERS & SAINTS etablierten Stil weiterzverfolgen und auszuarbeiten, wirken seine beiden letzten Filme auf mich eher unpersönlich, so als hätte er in seinem Vorhaben der Formalisierung ein Stück seiner Identität verloren. Ich bin trotzdem gespannt, wie es mit ihm weitergeht, denn eine gewichtige Stimme im Bereich des DTV-Actioners ist er immer noch.

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