die schlangengrube und das pendel (harald reinl, deutschland 1967)

Veröffentlicht: Juni 13, 2014 in Film
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Der Anwalt Roger Mont Elise (Lex Barker), ein Findelkind ohne Wissen über seine Herkunft, erhält eine mysteriöse Einladung von einem ihm unbekannten Grafen Regula (Christopher Lee) auf dessen Schloss. Auf der beschwerlichen Reise dorthin – allein die Nennung des Namens „Regula“ lässt alle Menschen sofort angsterfüllt verstummen – trifft er auf die schöne Baroness Lilian von Brabant (Karin Dor), die die gleiche Einladung erhalten hat; angeblich, um eine Erbschaft anzutreten. Doch mit beiden hat Graf Regula andere, finstere Pläne …

Dem Titel nach beruft sich Reinls DIE SCHLANGENGRUBE UND DAS PENDEL auf Edgar Allan Poes Kurzgeschichte „The Pit and the Pendulum“, die einige Jahre zuvor bereits von Roger Corman adaptiert worden war, zudem ähnlich frei wie hier. (Von Poes Geschichte sind in beiden Verfilmungen eigentlich nur noch die titelgebenden Foltermethoden und der insgesamt fragmentarische Charakter erhalten.) Mehr als eine Literaturverfilmung oder ein deutsches Remake des US-Films stellt DIE SCHLANGENGRUBE UND DAS PENDEL aber vielmehr einen der in den Sechzigerjahren eher rar gesäten Ausflüge des deutschen Kommerzkinos ins Horrorkino dar, genauer gesagt in jene Gefilde, die auf der anderen Seite des Ärmelkanals so verlässlich von den seligen Hammer Studios beackert wurden: Reinls Film ist lupenreinster Gothic Horror, in der kurzen Spielzeit außerdem so vollgepackt mit typischen Elementen wie alten Flüchen, dunklen Familiengeheimnissen, verfallenen, verwunschenen Schlössern, dem Tode geweihten Jungfrauen, finsteren Gewölben, hilflosen Damen, gefährlichen Kutschfahrten, okkulten Experimenten und sinistren Typen, dass er beinahe wie eine Parodie wirkt, der der extrovertierte Humor abhanden gekommen ist. Der Auftakt erinnert massiv an Mario Bavas Regiedebüt LA MASCHERA DEL DEMONIO, die Reise des Protagonisten in das Schloss eines berüchtigten Grafen an die zahlreichen DRACULA-Filme (ebenso wie die ersten vorsichtigen Schritte in Richtung Special Effects), andere Elemente lassen hingegen zukünftige Geschmacksentgleisungen erahnen (ich musste manchesmal an HEXEN BIS AUFS BLUT GEQUÄLT und DER HEXENTÖTER VON SCHLOSS BLACKMOOR denken). Gleichzeitig ist der Film von Reinl aber mit jenem Schwung und jener Freude am Bild inszeniert, die man aus den zu jener Zeit reüssierenden Wallace- und Karl-May-Filmen kennt. Und Peter Thomas‘ Score verbindet dann auch ganz konsequent orgellastige Geisterbahnklänge mit tanzbaren, eingängigen Jazzrhythmen.

In der unaufgeregten, zielstrebigen Art, mit der der Film ohne irgendwelche Finten oder Subplots auf sein Finale zuläuft, entspricht er seinem Sujet auch formal par excellence. Wenn der Spuk nach gerade einmal 80 Minuten vorbei ist, fühlt man sich eben wie nach einer ausgedehnten Geisterbahnfahrt, gut bedient, aber nicht satt. Hier und da hätte man sich vielleicht etwas mehr gewünscht, aber es ist gerade dieses Fragmentarische, das dem Film gut tut. Reinl wusste wohl ganz auch genau, dass die Story gegenüber markigen Bildern pendelnder Guillotinen, zerfallender Schurken, kriechender Schlangen und kreischender Schönheiten zweitrangig ist, und hält sich deshalb auch gar nicht lang mit eitlem Kram wie Charakterzeichnung oder ähnlichen Tand auf. Wenn die holde Lilian ihren Roger am Ende fragt, ob das alles nur ein Traum war, dann trifft diese Frage auch auf den Film selbst zu, der sich ebenso schnell wieder verflüchtigt wie er gekommen war. Nur einige seiner drastischeren Bilder spuken noch im Unterbewussten herum, um in Zukunft noch einmal zurückzukehren. Gleiches gilt für Die SCHLANGENGRUBE UND DAS PENDEL auch in filmhistorischer Hinsicht: Er bleibt in seiner Zeit eine Einzelerscheinung, die leider keinen Trend setzen konnte. Schade, denn dass die Formel „deutscher Gothic Horror“ gut hätte aufgehen können, beweist er nachdrücklich. Dass er stattdessen einen gewissen Exotenbonus genießt, verhindert allerdings auch, dass er in Vergessenheit gerät. Ein schöner Trost

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