moonstruck (norman jewison, usa 1987)

Veröffentlicht: April 20, 2011 in Film
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Die 37-jährige Witwe Loretta Castorini (Cher) fühlt sich in Sachen Liebe mit einem Fluch belegt, seit ihr Gatte von einem Bus überfahren wurde. Als sie den Heiratsantrag des gutmütigen, aber auch etwas leidenschaftslosen Johnny Cammareri (Danny Aiello) annimmt, tut sie dies nicht aus Liebe, sondern weil sie glaubt, dass nichts Besseres mehr kommen wird. Wenig später reist sich der Verlobte nach Sizilien, um bei seiner sterbenden Mutter zu sein, und beauftragt Loretta damit, seinen Bruder Ronny (Nicolas Cage), mit dem er seit fünf Jahren nicht mehr gesprochen hat, aufzusuchen und ihn zur bevorstehenden Hochzeit einzuladen. Doch Loretta Begegnung mit dem von Herz- und Weltschmerz zerrissenen Mann verändert alles – und die Vollmondnacht steht erst noch bevor … 

Je nachdem, welche Vorstellung man von der Liebe hat, schreibt man entweder den Franzosen oder den Italienern die Expertise für dieses Fachgebiet zu: Der Franzose ist wahrscheinlich etwas freigiebiger und unmoralischer, gleichzeitig pragmatischer in seiner Auswahl. Liebe und Sex gehören zum Alltag wie Essen und Trinken, Leidenschaften nicht hinter Schloss und Riegel, denn sie wollen ausgelebt werden. Und französischer Sex klingt wie ein Chanson, mit verrauchter Stimme vorgetragen, die von Leidenschaft, aber auch von der Schwere derselben erzählt. Der Italiener ist deutlich romantischer und sentimentaler: Wenn es ihn erwischt, ist das ein metaphysisches Ereignis, das ihn fortreißt und alles um ihn herum verändert. Der Mond ist kein fahler Himmelskörper mehr, sondern ein „big pizza pie“, wie Dean Martin in „That’s amore“ singt, das MOONSTRUCK eröffnet. Und so beschwingt wie dieses Lied sind auch seine Charaktere, die geradezu beschwipst sind vor Liebe. Dass Norman Jewison seine Liebeskomödie im erweiterten Familienkreis einer italienischen Einwandererfamilie in New York ansiedelt, sagt also weniger über Italiener oder Italoamerikaner aus, sondern vor allem über die Stimmungen und Gefühle, die Jewison erzeugen möchte.

Von Dean Martins eröffnendem Lied, über die Settings bis hin zu den Charakteren mit ihren schwelenden Leidenschaften und der Musik ist MOONSTRUCK von bittersüßer Melancholie geprägt. Loretta sehnt sich nach dem Einen, doch wählt den Kompormiss, weil sie befürchtet, sonst ganz leer auszugehen; ihre Eltern, Rose (Olympia Dukakis) und Cosmo (Vincent Gardenia) führen eine Ehe, aus der genau jene Spontaneität gewichen ist, die Cosmo nun bei seiner Geliebten Mona zu finden hofft. Johnny will insgeheim bei seiner Mama bleiben, Loretta eher aus einem Pflichtgefühl heraus heiraten und in Ronny wogen die Leidenschaften mit einer Heftigkeit, dass er darüber kaum noch lebensfähig ist. Die Liebe droht in Jewisons Film immer von der Vernunft erstickt zu werden: Weil alle Angst vor dem Tod haben, reiben sie sich in sinnlosen Spielchen auf, anstatt sich bedingungslos ihrem Gefühl hinzugeben. In der  schönsten Szene des Films trifft Rose den Universitätsprofessor Perry (großartig: John Mahoney) in einem Restaurant, wo dieser gerade eine heftige Abfuhr von seiner weiblichen Begleitung, einer Studentin, erhalten hat. Es entsteht ein seltsam vertrautes Gespräch zwischen den beiden Fremden, das das Vorspiel für eine Liebesszene bildet, die dann niemals folgt. Stattdessen kehren beide in ihr Leben zurück, das sie nun mit anderen Augen sehen können.

MOONSTRUCK gefällt sich vielleicht ein bisschen zu sehr in seinem Bild von italoamerikanischer dolce vita: Gerade in der Figur des Ronny gehen Jewison vielleicht etwas die Pferde durch und ich bin mir nicht sicher, ob ich Ronny und Loretta die Liebe, die sie füreinander empfinden, wirklich abnehme oder ob ich sie nicht als etwas arg dem narrativen Zweck unterworfen betrachten soll. Andererseits stellt der Film seinen Figuren ja eh vorübergehende Unzurechnungsfähigkeit aus: Unter dem Einfluss des Mondes spielen die Hormone schon mal verrückt und lassen einen die wildesten Dinge tun. Vielleicht klagen die Castorinis und Cammareris heute schon wieder über ihr Liebesleid.

Kommentare
  1. Shirin sagt:

    Eine tolle Kritik des Filmes. Ich habe ihn vor sehr langer Zeit ganz zufällig im Fernsehen gesehen und bin seitdem ein Fan!

  2. Whoknows sagt:

    Und ich hoffte schon, auch hinter Oliver verstecke sich *schmacht* ein hoffnungsloser Romantiker. Nicolas Cage gefiel mir nach „Peggy Sue Got Married“ eigentlich nur noch in „Moonstruck“ so richtig – was natürlich keineswegs heissen will, dass sich hinter mir *schmacht* – na, du weisst schon.

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