i diafanoidi vengono da marte (antonio margheriti, italien 1966)

Veröffentlicht: Mai 7, 2017 in Film
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Auch das Leben im Weltall ist nicht vor Enttäuschungen gefeit. Eben tobt auf der Raumstation Gamma 1 noch eine rauschende Silvesterparty, bei der die hippen Beatgirls vom Whisky aus turmhohen Karaffen berauscht mit den enthemmten Besatzungsmitgliedern eine flotte Sohle aufs Parkett legen oder über die Ballettdarbietung der Astronauten im All staunen, die durch geschickte Formationen tatsächlich „Happy New Year“ an den Sternenhimmel schreiben, im nächsten Moment muss das Fest frühzeitig unterbunden werden, weil seltsame Nebel auftauchen, die – so unglaublich es auch klingen mag – tatsächlich aus „negativer Strahlung“ bestehen. Die ernsten, mit tiefen Sorgenfalten durchzogenen Gesichter der Kommandanten erweisen sich bald schon als berechtigt, denn die kosmischen Nebel machen nicht nur trübe Sicht, sie lassen auch tapfere Kosmonauten zu Salzsäulen erstarren und dann ganze Raumfähren verschwinden. Zum Glück gibt es den todesmutigen Commander Mike Halstead (Tony Russel) und Lieutenant Jake Jacowitz (Franco Nero), die die Auseinandersetzung mit der Spacebrühe nicht scheuen. Hinter der verbirgt sich nicht etwa ein Wetterphänomen, sondern eine uralte Spezies, quasi der Großvater von Hegels Weltgeist, dem auch schon der Captain Jacques Dubois (Michel Lemoine) verfallen ist. Der Plan der gasförmigen Rasse: Alle  Lebewesen zu einem riesigen Multiorganismus zu vereinen. Kein Wunder, dass unsere Helden solch kommunistischem Gedankengut nicht wohlgesonnen sind …

I DIAFANOIDI VENGONO DA MARTE, zu Deutsch: TÖDLICHE NEBEL, ist einer von vier Science-Fiction-Filmen, die Antonio Margheriti im Jahr 1966 zunächst fürs italienische Fernsehen inszenierte, bevor sie dann unverhofft auf die Leinwände gehievt wurden. Die anderen Titel, I CRIMINALI DELLA GALASSIA (deutsch: RAUMSCHIFF ALPHA), IL PIANETA ERRANTE (deutsch: ORION 3000 – RAUMFAHRT DES GRAUENS) und  LA MORTE VIENE DAL PIANETA AYTIN (deutsch: DÄMONEN AUS DEM ALL), kenne ich noch nicht, aber wenn sie ähnlich liebenswert sind wie die NEBEL, dann muss ich diese Bildungslücke dringend schließen. Gemessen an den Posterartworks erweisen sich Margheritis „Effektspektakel“ zwar als hoffnungslos rückständig, aber man muss die Naivität, mit der da eine Zukunft im Weltall um ca. 1990 herum erdacht wird, einfach ins Herz schließen – von den immer wieder wundervollen Miniatureffekten und Modellbauten mal ganz abgesehen.

TÖDLICHE NEBEL hält den Witz der ersten 20 Minuten, in denen man aus dem Staunen kaum herauskommt, leider nicht über die gesamte Laufzeit. Die Nebel geben als Bedrohung einfach nicht so viel her wie grüne Tentakelmonster oder Weltraumvampire und noch dazu ist die Geschichte hoffnungslos konfus erzählt. Man weiß nie, auf welcher der zahlreichen Raumstationen, Planeten und Fähren man sich jetzt eigentlich aufhält, und dass die Helden alle dieselbe Frisur tragen, hilft auch nicht gerade weiter. Wer erwartet, 90 Minuten vor Spannung an den Sitz gefesselt zu werden, braucht sich TÖDLICHE NEBEL gar nicht erst ansehen, wir haben es hier viel eher mit einem „Mood Movie“ zu tun, den man sich anschaut, um in eine bestimmte Stimmung zu kommen oder sich von Zeitgeist umwabern zu lassen: NEBEL entführt einen in eine Zeit, in der die Mondlandung kurz bevorstand und ganz sicher nur der erste Schritt in der danach unmittelbar fortgesetzten Eroberung des Weltalls war, mit bewohn- und bereisbaren Raumstationen, geilen Raketenautos und futuristischen Städten auf dem Mond (in einer dem Film vorgeschalteten Wochenschau aus dem Jahr 1967 wurden die Bilder einer Modellbaustadt auf dem Mond mit den Worten kommentiert, das mit solchen Siedlungen „zwischen 1970 und 1980“ zu rechnen sei); eine Zeit, in der begehrenswerte Typen stets Uniformen trugen, Befehle von oben missachteten, graue Schläfen hatten und ihre Angebetete schon mal beherzt ausknockten, wenn die gerade zu stören anfing; in der alle danach lechzten, die Feindesbrut mit Nukleargewalt aus dem Universum zu sprengen und mit Laserkanonen (= Feuerzeugen) und großem Enthusiasmus auf amorphe Gaswolken ballerten; in der man sich in außerirdischer Gefangenschaft als erstes über den erstklassigen Whisky freute, der einem kredenzt wurde. Auch wenn man sich durch manche Länge und Redundanz kämpfen muss: Man wird immer wieder mit schönen Ideen für diese Geduld belohnt und die Synchro lässt sich auch nicht lumpen. Weisheit des Tages: „Spaß muss sein, sonst kommt niemand zur Beerdigung.“ Das sollte man sich spätestens fürs eigene Ableben merken.

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