vigilante force (george armitage, usa 1976)

Veröffentlicht: Juli 11, 2011 in Film
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Weil das südkalifornische Städtchen Elk Hills nach der Eröffnung einer neuen Ölbohranlage von einer Schwemme raubeiniger Arbeiter überflutet wird, die nach ihrem Feierabend keinen Stein auf dem anderen lassen und für bürgerkriegsartige Zustände sorgen, rekrutiert Ben Arnold (Jan-Michael Vincent) auf Geheiß des Bürgermeisters (Brad Dexter) seinen Bruder Aaron (Kris Kristofferson), einen Kriegshelden, der sich in seinem gegenwärtigen Job nur langweilt. Mit seinen Männern und ebenso einfachen wie effektiven Methoden sorgt Aaron schnell für Ordnung, doch dann beginnt er seinen Status als Sheriff gnadenlos auszunutzen. Unversehens wird der Ordnungshüter selbst zum Tyrannen. Ben bleibt nichts anderes übrig, als den Kampf gegen den eigenen Bruder aufzunehmen …

Für seinen dritten Spielfilm holte Writer/Director George Armitage in den Siebzigerjahren so populäre Selbstjustiz-Thema aus den dunklen Straßenschluchten solcher Metropolen wie New York oder Los Angeles ins sonnig-provinzielle Südkalifornien. Dieser Tapetenwechsel schlägt sich in der gesamten Stimmung seines Films nieder, der der dystopischen Zivilisationsskepsis der Vorreiter über weite Strecken eine heitere, weitaus weniger fatalistische Weltsicht entgegensetzt. Von den marodierenden Arbeitern geht keine echte Bedrohung und schon gar keine zersetzende Kraft für den Staat aus; das ganze Szenario vergnügungs- und trunksüchtiger Latzhosenträger, denen die Kleinstadt nicht gewachsen ist, ist denkbar weit davon entfernt, zur apokalyptischen Untergangsvision zu taugen. Somit richtet sich das Interesse Armitages eher auf die Vigilanten unter der Führung des Vietnamveterans Aaron, dessen Entwicklung als Beleg des bekannten Acton-Zitats „absolute power corrupts absolutely“ dienen mag. Für seine „Heldentaten“ in Vietnam dekoriert, verdient der All-American-Man seine Brötchen mit einem miesen Wachjob, bei dem er von seinem Vorgesetzten auch noch ständig schikaniert wird. Das Angebot Bens, in Elk Hills als Sheriff für Ruhe und Ordnung zu sorgen, dafür gut bezahlt zu werden und nebenbei auch noch den Respekt der Bewohner zu gewinnen, muss für jemanden wie Aaron verlockend klingen; zu verlockend, um den Platz nach getaner Arbeit einfach wieder freizumachen. Und weil Aaron weiß, dass seine Arbeitgeber wehrlos sind – das war schließlich der Grund, warum sie ihn überhaupt rekrutierten -, kann er sich ihnen gegenüber alles erlauben.

Spätestens diese Wendung macht klar, dass Armitages VIGILANTE FORCE eher in der Traditionslinie des Westerns denn in der des urbanen Selbstjustizfilms zu sehen ist: Elk Hills ist mit seiner sprudelnden Ölquelle das zeitgenössische Pendant zu den Boomtowns der Pionierzeit, die randalierenden Arbeiter das Gegenstück zu den berittenen Gangsterbanden und Aaron schließlich ein Nachfahre jener Revolverhelden, denen man einen Sheriffstern anheftete, um sie mit dem Gesindel aufräumen zu lassen, nur um danach festzstellen, dass man sich damit ein noch viel größeres Problem geschaffen hatte. Kris Kristofferson, der kurz zuvor den Westernhelden Billy the Kid für Meister Peckinpah gegeben hatte, ist die Idealbesetzung für Aaron, der mit seinem graumelierten Bart, dem gut ausdefinierten hardbody und dem grummeligen drawl jede Wortäußerung zu einem Manifest der Auf- und Ablehnung erhebt. Wenn er sich mit seiner Bande in einem lerstehenden alten Gebäude in den Bergen verschanzt und Ben und seine Leute den Angriff über die Hügel proben, werden die Westernassoziationen, die Armitage mit seinen sonnendurchfluteten, staubdurchwehten Settings sowieso schürt, noch einmal besonders evident. Daran kann auch das WHITE HEAT-Zitat, in dem Aaron zum Schluss den Tod findet, nichts ändern: Vielmehr zeigt es, dass auch der Gangsterfilm nur eine Verlängerung des Westerns entlang der Zeitachse bedeutete.

VIGILANTE FORCE ist kein Pflichtfilm, kein vergessenes Masterpiece, keine Oldschool-Gewaltgranate, kein Muss für jeden Exploitation- oder Actionfreund, sondern ein beinahe gemütlicher, wohlgeformter kleiner Film, dessen Meriten nicht in vordergründigen Effekten oder in einer superoriginellen Geschichte zu suchen sind, sondern in der Ruhe und Gelassenheit, mit der er sich entfaltet. Armitage ist ein guter Mann, musste nach dem Flop dieses Films aber satte 14 Jahre warten, bis er wieder einen Kinofilm inszenieren konnte: MIAMI BLUES ist dann auch gleich ein kleiner Klassiker des sarkastischen Detektivfilms geworden.

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