busting (peter hyams, usa 1974)

Veröffentlicht: Juli 11, 2011 in Film
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Michael Keneely (Elliott Gould) und Patrick Farrel (Robert Blake) sind Detectives im Dienste des Sittendezernats des LAPD und als solche meist damit beschäftigt, Prostituierte hochzunehmen oder Sexshops zu überprüfen. Über die Sinnlosigkeit ihres Unterfangens machen sich beide schon längst keine Illusionen mehr: Noch nicht einmal die von ihnen verhafteten Personen können das Mitleid mit den beiden gegen Windmühlen kämpfenden Cops verbergen, die selbst wissen, dass ihre Festnahmen keinerlei Konsequenzen nach sich ziehen. Doch als sich Keneely und Farrel eine Chance bietet, den Kopf hinter Drogenhandel und Prostitution dingfest zu machen, den fetten Carl Rizzo (Allen Garfield), sammeln sie noch einmal alle Energie …

Peter Hyams, bis in die späten Neunzigerjahre Garant für handwerklich makelloses Spannungskino (CAPRICORN ONE, OUTLAND, THE STAR CHAMBER, RUNNING SCARED, NARROW MARGIN, SUDDEN DEATH oder THE RELIC) lieferte gleich mit seinem Kinodebüt einen erstklassigen Beitrag zum Genre des authentischen Copfilms: Seine beiden Helden Keneely und Farrel sind keine fanatischen Weltverbesserer mit Messiaskomplex, sondern stinknormale Arbeiter. Wenn sie Nutten einkassieren, dann tun sie das nicht, weil sie wirklich meinen, dass sie damit etwas erreichen würden, sondern weil es in den Regeln des Spiels nun einmal so vorgesehen ist. Beide sind eher Streetworker: Keneely sieht mit seiner Wollmütze und dem ausgefransten Riesenschnauzbart schon so aus, als nehme er sich ein Vorbild am Alterna-Cop Serpico (oder an seinem Alter ego Elliott Gould), während Farrel „walks like a man who wants to be tall and knows he never will be“. Mit den „Dirty“ Harry Callahans dieser Welt teilen beide den Beruf und sonst nichts. Somit ist BUSTING dann auch nicht von Zorn und Verzweiflung geprägt. Seine Helden haben vielmehr Einsicht in das Camus’sche Absurde erhalten und können sich das Lachen über die zunehmend verzweifelteren Bemühungen, diesem Absurden irgendeinen Sinn abzuringen, kaum noch verkneifen. BUSTING eine Komödie zu nennen, ist vielleicht zu viel des Guten: Wenn Keneely nach einem harten Arbeistag in den frühen Morgenstunden nach Hause kommt, desorientiert in der Wohnung rumsteht und sich dann an seiner Couch zu schaffen macht, die sich nach ein paar Handgriffen als schäbiges Klappbett entpuppt, in das der Cop voll angezogen hineinfällt, dann ist das nicht bloß die Erfüllung des Klischees vom Bullen, der sein Privatleben nicht auf die Reihe bekommt, sondern Beleg für Hyams Humanismus und Empathie.

Was BUSTING neben seinem Humor und seiner resignativen, aber nicht depressiven Weltsicht auszeichnet, sind seine exzellenten Actionsequenzen und ein ungewöhnlicher Erzählrhythmus. Hyams etabliert keinen Plot, vielmehr ergibt der sich aus einer fast zufällig wirkenden Verkettung von einzelnen Episoden, die immer mehr Drive entwickeln, bis der Film kaum noch zu stoppen ist. BUSTING, obwohl rund 20 Jahre zu früh, ist im Grunde nur noch einen kleinen Schritt von Reality-TV-Shows wie „Cops“ entfernt: Auch er „hängt“ sich an seine Protagonisten dran, deren Engagement dann (zumindest im Idealfall) die Geschichte „macht“. Doch dem Stil jener Fernsehformate, der heute längst nicht mehr auf das Fernsehen beschränkt ist, setzt Hyams eine elegante Kameraarbeit, ein Raumverständnis und eine Raumkonstruktion entgegen, die nötig sind, um aus dem Chaos eine Actionszene entstehen zu lassen, die dem Zuschauer vor der Leinwand die Luft raubt. Es ist nur folgerichtig, dass Hyams bei der Inszenierung seiner Verfolgungsjagd nicht etwa BULLITT nacheifert: Keneely und Farrel sind keine coolen badasses wie McQueen, ein Auto ist nicht die natürliche Verlängerung ihrer Körper (wenn, dann wäre es wahrscheinlich fahruntüchtig) und die Welt, in der sie sich bewegen, ist viel zu banal, als dass sie eine High-Speed-Chase durch die Inner City verkraften könnte. Wenn Keneely und Farrel jemanden verfolgen, dann tun sie das zu Fuß: Dem Adrenalinschub tut das keinerlei Abbruch. Vielleicht das größte Kompliment, das man diesem wunderbar eigenwilligen Film machen kann, der dringend eine DVD-Veröffentlichung und dann die überfällige und verdiente Wertschätzung braucht.

Kommentare
  1. kiwi sagt:

    grüß dich, bin durch zufall (ofdb verlinkung) auf deine seite geraten. gracias für deine kritiken amigo. mit stil und beachtlichem hintergrundwissen aus dem ärmel geschüttelt …. bravo! mir hat es schon lange nicht mehr solchen spaß bereitet filmkritiken zu lesen. du bringst mich neuerdings andauernd dazu, mir diverse klassiker der seeligen 70er jahre aus dem regal zu greifen um sie wieder neu zu entdecken. so auch geschehen mit „busting“. du triffst mit deinen zeilen den nagel einfach voll auf den kopf. angebrachter hätte ich diesen vergessenen schatz auch nicht abfeiern können!

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