nightmare beach (umberto lenzi, italien 1988)

Veröffentlicht: März 22, 2016 in Film

nb1Dass sich der italienische Genrefilm gern an den großen Kassenschlagern aus Übersee orientierte, war schon in den Siebzigerjahren unverkennbar gewesen, doch besaßen die Filmemacher vom Stiefel damals noch sowohl über die finanziellen Mittel als auch über das Selbstbewusstsein, den mutig entlehnten Stoffen ihren eigenen Stempel aufzudrücken. Im Laufe der Achtzigerjahre war davon nicht mehr allzu viel übrig, immer mehr wurde im verzweifelten Ringen um die schwindenden Publikumsgunst von der eigenen filmischen Identität preisgegeben, bis die einst so eigenständigen italienischen Werke wirklich wie minderwertige und -bemittelte Knock-offs aussahen. Manche Regisseure, wie etwa Lucio Fulci, dessen Spätwerk von bizarrer Exzentrik ist, oder Lamberto Bava, der mit seinen Fernsehfilmen erst zur Hochform auflief, arrangierten sich einigermaßen mit den neuen Umständen, andere, wie Umberto Lenzi, um den es hier geht, lieferten traurige Werke à la NIGHTMARE BEACH ab, blasse Schatten vergangener Großtaten.

Es handelt sich bei dem von Lenzi unter dem Pseudonym „Harry Kirkpatrick“ inszenierten Film um einen Vertreter des in den Achtzigerjahren so populären, uramerikanischen Slasherfilms, den die Italiener mit ihren Gialli einst wesentlich mitinspiriert hatten (einige der Morde aus Mario Bavas REAZIONE A CATENA wurden von Sean S. Cunningham in dessen FRIDAY THE 13TH nachgestellt). Lenzis beste Arbeiten – ich denke da an MILANO ODIA oder LA BANDA DEL GOBBO – waren dem Crime- oder Actionfilm zuzurechnen, seine Horrorfilme zwar erfolgreich, aber auch immer etwas stumpf und merkantilistisch, und so war er, zu diesem späten Zeitpunkt seiner Karriere wahrscheinlich eh etwas ermüdet, offenkundig der falsche Mann, um diesem zynischen Ramschprodukt Seele einzuhauchen. Dabei ist der betriebene Aufwand immens: Gedreht wurde während des Spring Breaks an Originalschauplätzen in Miami und Fort Lauderdale und das turbulente Treiben der partysüchtigen Jugendlichen bestimmt dann auch die erste Hälfte des Films. NIGHTMARE BEACH erinnert in diesen rund 40 Minuten in seiner Kolportagehaftigkeit nicht wenig an die Strandfilme von einst, nur dass die einst verhaltenen Darstellungen von Bikinischönheiten nun den prallen nackten Tatsachen eines Wet-T-Shirt-Contests und dem Dauersuff weichen. Zwischendurch gibt es Auftritte von John Saxon als Cop und Michael Parks als Arzt (wie man diesen Schauspieler in einer solch sinnlosen Rolle verheizen kann, bleibt ein unlösbares Rätsel), die den scheintoten Hauptdarstellern und Personality Voids namens Nicolas De Toth (er verdient sein Geld heute als Editor und war in dieser Funktion u. a. an X-MEN ORIGINS: WOLVERINE und LIVE FREE OR DIE HARD beteiligt) und Rawley Valverde in punkto Leblosigkeit ernsthafte Konkurrenz machen. Und vom Soundtrack wird man nahezu pausenlos mit kreischigem Eighties-Hardrock der untersten Schublade vollgedröhnt, dass sich einem die Haare emporstellen.

NIGHTMARE BEACH kann den Verdacht, dass es sich lediglich um ein schnell runtergekurbeltes Cash-in handelt, dass als Nebenprodukt eines schönen Strandurlaubs entstand, nie so ganz entkräften. Die Handlung, zugegebenermaßen nie die Kernkompetenz des Slasherfilms, wird nur rudimentär entwickelt und so ziel- und spannungslos abgespult, dass es angesichts der durchaus vorhandenen Möglichkeiten wirklich wehtut. Es ist nicht so, dass Lenzi nichts zu erzählen hätte: Vielmehr ist NIGHTMARE BEACH geradezu vollgestopft mit Plotfragmenten, die völlig unverbunden in der Gegend rumstehen und in dieser Form nichts anderes tun, als vom Wesentlichen abzulenken. Das ist natürlich der Feldzug des gemeinen Killers, der in Motorradfahrerkluft auf seinem heißen Ofen durch die Stadt fährt, um relativ wahllos junge Leute hinzurichten. Dass sein Sozius eine Art elektrischer Stuhl ist, der per Knopfdruck aktiviert wird, ist ein ganz hübscher Einfall, wie überhaupt die Make-up-Effekte in den Mordszenen das Beste am Film sind. Okay, vielleicht eröffnet sich irgendein interessanter Blickwinkel auf NIGHTMARE BEACH, wenn man alles andere als einen Horrorfilm erwartet, aber als solcher betrachtet ist Lenzis sechstletzter Film ein Totalversager, der selbst noch bei der Inszenierung der Standard-Klischees versagt.

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