ich kauf mir lieber einen tirolerhut (hans billian, deutschland 1965)

Veröffentlicht: Dezember 13, 2015 in Film
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en35733Kennt man andere deutsche Schlagerfilme der Sechzigerjahre, dann merkt man, nach welch rigidem Konzept diese anscheinend so frei fließend, lax und lebendig strukturierten Werke eigentlich gefertigt wurden. ICH KAUF MIR LIEBER EINEN TIROLERHUT, der dritte Spielfilm von Hans Billian, setzt sich mithin aus exakt den gleichen Elementen zusammen wie etwa Grimms WENN DIE MUSIK SPIELT AM WÖRTHERSEE, Billians Regiedebüt ÜBERMUT IM SALZKAMMERGUT oder Hofbauers TAUSEND TAKTE ÜBERMUT. Wie in Grimms Film gibt Hubert von Meyerinck einen großstädtischen Unternehmer, der einen Angestellten für einen Auftrag nach Österreich schickt: Der Hutfabrikant will den Tirolerhut groß ins Programm aufnehmen und braucht dafür die entsprechende Werbekampagne. War das in WÖRTHERSEE noch Eddie Arent, übernimmt diese Funktion nun Gus Backus, der auch in den beiden ÜBERMUT-Filmen agierte, genauso wie Hannelore Auer, die wieder für den Glamourfaktor sorgt. Aus SALZKAMMERGUT entlehnt man sich für TIROLERHUT die Idee mit dem großen Fest  – eine Modenschau mit Bikinischönheiten, die mit Tirolerhut posieren -, das von den städtischen Touristen geplant und von den einheimischen Sittenwächtern nach Kräften sabotiert wird. Gesäumt wird das von den typischen Liebesgeschichten, die sich mehrfach überkreuzen und immer wieder den Hauptplot verkomplizieren, und garniert mit Gastauftritten damals angesagter Schlagerstars, die ihre Hits zum Besten geben. So treten neben den ebenfalls musikalischen Hauptdarstellern Backus, Auer und Schnelldorfer erneut u. a. Peggy March, Peppino di Capri, Teddy Parker und natürlich Billy Mo auf, dessen Song Billians Film seinen Titel zu verdanken hat. Am Ende triumphiert die Lebensfreude über das Spießertum und gleich mehrere Bünde fürs Leben können geschlossen werden, ohne dass dabei die auch die Erbfolge im Kopf habenden Eltern verprellt werden müssten.

Welchen dieser Schlagerfilme man nun präferiert (wenn man ihnen denn überhaupt etwas abgewinnen kann), ist wahrscheinlich höchst arbiträr. WÖRTHERSEE fällt von den bisher gesehenen deutlich ab, ist einfach zu brav und zu wenig schwungvoll inszeniert. Die beiden ÜBERMUT-Filme zeichnen sich hingegen durch hohes Tempo und gelungene, mit viel Drive vorgetragene Slapstick-Einlagen aus, die das Können ihrer Macher erkennen lassen. TIROLERHUT ist ein bisschen schwächer: Man merkt ihm deutlich an, dass er gewissermaßen ein Epigone ist, der Versuch, ein Erfolgsrezept noch einmal zu wiederholen. Aber er macht trotzdem Spaß, vor allem dieser auch hier wieder deutlich zu Tage tretende „rebellische“ oder wenigstens antispießige Tenor, der zur gängigen Wahrnehmung dieser Filme deutlich im Widerspruch steht. Wenn die herrische Trude Ratschenkofer (Barbara Gallauner) die Frauen aus dem Schützenverein gegen die unsittlichen Pläne aufhetzt und diese verhärmten Weiber wütend ihre riesigen Schießprügel schwingen, kommt schon Freude auf. Mein persönliches Highlight neben dem mal wieder wunderbar skurrilen Auftritt des italienischen Buddy Holly Peppino di Capri ist aber gewiss die Schlagzeile „Brauchtums-Schmarotzer entehren unseren Tirolerhut!“.

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