dudes (penelope spheeris, usa 1987)

Veröffentlicht: Juni 10, 2016 in Film
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dudes-poster-1Schade, ich hatte so eine tolle Theorie, warum DUDES ein so seltsamer Film geworden ist, aber leider ist sie schon nach kurzer Prüfung der Faktenlage nicht mehr haltbar. Für mich schien er die Probleme widerzuspiegeln, mit denen eine ambitionierte Regisseurin unweigerlich konfrontiert wird, wenn sie nach einigen ambitionierten, dem Indie-Bereich zuzuordnenden Milieustudien (THE DECLINE OF THE WESTERN CIVILIZATION, SUBURBIA) versucht, einen eher dem Mainstream zuzuordnenden Film zu drehen. Es schlagen zwei Herzen in der Brust von DUDES, aber leider nie wirklich im Einklang. Spheeris zeichnet auf der einen Seite ein im Geiste ihrer Frühwerke stehendes, trostloses Bild der Jugend in den USA der Achtzigerjahre, auf der anderen Seite soll sie dieses Bild aber in eine muntere Teenie-Komödie überführen. Beides geht nicht recht zusammen, was den Film aber auch wieder außergewöhnlich und somit interessant macht. Leider musste ich nach dem Blick auf Spheeris‘ Filmografie feststellen, dass sie vor DUDES bereits mit ihrem finsteren Jugend-Psychothriller THE BOYS NEXT DOOR sowie HOLLYWOOD VICE SQUAD, einer weiblichen Variante von Schraders HARDCORE, Erfahrungen mit publikumsträchtigeren Stoffen gesammelt hatte, sodass sich mein Verdacht einer unguten Produzentenintervention eher nicht bestätigen lässt. Vielleicht geht es also ganz allein auf ihre Kappe, dass DUDES so „entglitten“ wirkt. In ihrer Filmografie spielt er kaum eine Rolle, auf eine DVD-Auswertung wartet er bis heute. Noch nicht einmal einen kleinen Kultstatus darf er für sich in Anspruch nehmen, was auch ein bisschen schade ist, denn DUDES ist schon sehr anders.

Die drei New Yorker Punks Grant (Jon Cryer), Biscuit (Daniel Roebuck) und Milo (Flea) haben von ihrer Stadt die Schnauze voll haben und entscheiden sich aus einer Sufflaune heraus dazu, nach Kalifornien zu fahren, wo das ganze Jahr über die Sonne lacht. Als sie in der Wüste Arizonas übernachten, werden sie von einer Bande aggressiver Rednecks um den fiesen Missoula (Fear-Frontmann Lee Ving) überfallen, Milo überlebt diese Konfrontation nicht. Weil die Polizei den jungen Punks nicht wirklich helfen will, begeben sie sich selbst auf die Suche nach den Tätern. Nach einer Vision Biscuits verkleiden sich die beiden als Indianer und Cowboy, und heften sich an die Fersen des Killers, den Grant schließlich in einer Schießerei niederstrecken kann.

Schon diese kurze Inhaltsangabe macht deutlich, dass DUDES entgegen seinem Titel nicht besonders komisch ist, eher deprimierend und desillusioniert, aufgelockert allerdings durch skurrile und trippige Einschübe. Die Bilder der Punks in der Kargheit der Wüste, vor dem imposanten Hintergrund des Monument Valley muten schon reichlich fremdartig an und werden von Tarantino-Stammkameramann Robert Richardson entsprechend eingefangen. Seltsame Szenen wie jene, in der die beiden Freunde bis zu den Knien in einem Fluss stehen und sich streiten, als plötzlich ein toter Hirsch vom Himmel fällt (Jäger haben ihn von einer Brücke geworfen), stehen eher gewöhnlichen Elementen gegenüber, etwa einer sich anbahnenden Liebesgeschichte zwischen Grant und der allein lebenden Jessie (Catherine Mary Stewart), oder der Begegnung mit einem hilfsbereiten Elvis-Impersonator namens Daredelvis (Pete Wilcox). Wirklich merkwürdig wird der Film, als die beiden Jungs sich nach Biscuits Traum verkleiden und ihnen nach einer Pulle Selbstgebranntem ein alter Cowboy namens Witherspoon (Cal Bartlett) erscheint. Der folgende Showdown, der einen Abstieg der Protagonisten in Wahnsinn und Gewalt suggeriert, dann aber doch in ein halbherziges Happy End mündet, gibt ebenfalls Rätsel auf.

Man erkennt durchaus die Handschrift der Regisseurin, die für sich in Anspruch nehmen kann, Jugendkultur nicht nur via MTV-Schnellstudium aufgesogen zu haben. Die Protagonisten und was man von der Szene, in der sie sich bewegen, mitbekommt, wirken zu jeder Zeit authentisch, und sind nicht, wie so oft, nach den weltfremden Vorstellungen irgendwelcher Hollywood-Sesselpupser gezimmert. Gleich zu Beginn absolvieren die Vandals einen pogointensiven Auftritt, Lee Ving ist ein alter Weggefährte, der ja schon in DECLINE als Arschloch vom Dienst überzeugte, der Soundtrack selbst indessen kündigt bereits den Hairspray-Metal aus THE DECLINE OF WESTERN CIVILIZATION PART II: THE METAL YEARS an. Die Sympathien sind klar verteilt und auch, wenn nicht so ganz klar wird, was das eigentlich alles soll, kommen die USA mit ihrer Außenseitern alles andere als wohl gesonnenen Redneck-Kultur nicht gerade gut weg. Die Wandlung der Punks zu prototypischen Figuren aus der amerikanischen Geschichte scheint einen Versuch darzustellen, in der Heimat „anzukommen“. Dass ein Mord dazugehört, lässt tief blicken. Am Ende wartet nicht Kalifornien, sondern doch nur das Ende der Unschuld.

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