sodom and gomorrha (robert aldrich, usa/italien/frankreich 1962)

Veröffentlicht: Mai 5, 2013 in Film
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Es scheint, als hätte es für Hollywood-Regisseure in den Fünfziger- und Sechzigerjahren keine Möglichkeit gegeben, ihrem Beruf nachzugehen, ohne den raffgierigen Studios wenigstens einen Monumentalschinken zu bescheren: Mervyn LeRoy drehte QUO VADIS (1951), Henry King DAVID AND BATHSHEBA (1951), Michael Curtiz THE EGYPTIAN (1954), Robert Wise HELEN OF TROY (1955), Howard Hawks LAND OF THE PHARAOHS (1955), Robert Rossen ALEXANDER THE GREAT (1956), King Vidor WAR AND PEACE (1956) und SOLOMON AND SHEBA (1959), Richard Fleischer THE VIKINGS (1958) und BARABBA (1962),William Wyler BEN HUR (1959), Stanley Kubrick SPARTACUS (1960), Nicholas Ray KING OF KINGS (1961), Anthony Mann EL CID (1961) und THE FALL OF THE ROMAN EMPIRE (1964),  Joseph L. Mankiewicz CLEOPATRA (1962), J. Lee Thompson TARAS BULBA (1962) und KINGS OF THE SUN (1963), George Stevens THE GREATEST STORY EVER TOLD (1965), Franklin J. Schaffner THE WAR LORD (1965), John Huston THE BIBLE: IN THE BEGINNING … (1966) und die standardmäßig auf epische Breite abonnierten Cecil B. DeMille und David Lean THE TEN COMMANDMENTS (1956) respektive LAWRENCE OF ARABIA (1962) und DOCTOR ZHIVAGO (1965). Womit diese Liste lang, aber längst nicht vollständig ist.Vielleicht muss man den Monumentalfilm-Fluch als eine Art Initiationsritus begreifen: Wer den logistischen Albtraum einer mit Statisten, Kostümen, Pferden und Pappmacheebauten gespickten Materialschlacht überstand, ohne einen Nervenzusammenbruch zu erleiden oder sein Studio in den Ruin zu treiben, der gehörte danach dazu und durfte vielleicht auch mal einen persönlicheren Film drehen. Und so ist es weder verwunderlich, dass es 1962 auch Robert Aldrich erwischte, noch dass dessen SODOM AND GOMORRHA den Ruch der gelangweilt runtergekurbelten Pflichtaufgabe nie so ganz los wird. Interessant wird Aldrichs Film immer dann, wenn sich die Geschichte von den großen religiösen Themen ab- und den Menschen zuwendet, wenn er den Manichäismus der verdorbenen, unchristlichen Zwillingsstädte und den frommen Hebräern  verwirft und andeutet, dass die Welt komplexer ist als Gut und Böse. Leider gibt es von diesen Momenten zu wenige. Und die potenziell sleazig-krawallige Seite, die man von SODOM AND GOMORRHA eigentlich erwartet, kommt – man durfte es angesichts des Produktionsjahres und der Herkunft des Films eigentlich erwarten – ebenfalls zu kurz.

SODOM AND GOMORRHA folgt den vom braven Lot (Stewart Granger) angeführten Hebräern, die sich mit Erlaubnis von Königin Bera (Anouk Aimee) vor den Toren der Zwillingsstädte niederlassen. Die Sodomiter leben in Ausschweifung und Reichtum, den sie der gnadenlosen Ausbeutung ihrer Sklaven und den üppigen Salzvorkommen verdanken. Als die Hebräer die mit den Sodomiten verfeindeten Helamiten besiegen und dabei noch mehr Salz entdecken, werden sie schließlich zu Bürgern der Stadt. Aber die gläubigen Hebräer können sich nur schwer damit anfreunden, mit den Sündern gemeinsame Sache zu machen …

SODOM AND GOMORRHA ist bisweilen hartes Brot: Mit dem ganz großen Pomp, den andere Monuemtalepen jener Tage auffuhren, kann er nicht mithalten. Der Geschwätzigkeit, die das Genre neben prachtvollen Settings und Kostümen erzählerisch auszeichnet, wird nur wenig entgegengesetzt. Es gibt eine größere Schlachtszene in der Mitte des rund 140-minütigen Films und schließlich die Zerstörung der Städte am Ende zu bewundern, sonst ist Aldrichs Film eher ereignisarm zu nennen. Langeweile macht sich breit. Kaum weniger problematisch ist die ideologische Seite des Films: Die Geschichte der Stadt und seiner Bevölkerung, die zur Strafe für ihr sündiges Leben von Gott persönlich ausgelöscht werden, lässt sich vom eher säkularisierten, aufgeklärten Zuschauer nur schwerlich für seine Bedürfnisse umdeuten. Es bleibt kein Zweifel, dass alle Sodomiter böse sind und Gottes Werk richtig. Wenn die Mauern Sodoms also dekorativ zusammenfallen und die Einwohner unter sich begraben, ist das zwar sehr ansehnlich umgesetzt, aber auch mit einem faden Beigeschmack versehen. Zumal, wie ich schon andeutete, SODOM AND GOMORRHA in seiner Ausmalung des dortigen sündigen Treibens mehr als zurückhaltend ist. Zu Beginn liegen die Anhänger der Königin wohl vom orgiastischen Treiben ausgelaugt kreuz und quer und übereinander gestapelt auf dem Boden eines Palastraumes. Expliziter wird der Film in der Darstellung sexueller Devianz – nicht unwichtig für die biblische Geschichte – nicht. Desweiteren gibt es den Blick auf die harte Arbeit der Sklaven, zum Schluss die zugegebenermaßen grausame Bestrafung der hebräischen Verräter. Königin Bera und ihr Bruder Astaroth (Stanley Baker) legen das für Schurken typische, erwartbar arrogant-herablassende Verhalten an den Tag, das man von solchen Bösewichten kennt, das sonst aber auch nicht gleich die göttliche Intervention nach sich zieht. Demgegenüber steht Lot mit seinem nervtötend frommend Geschwätz, das seine Selbstherrlichkeit nie ablegen kann. Der Film kommt zu seinem stärksten Moment, wenn Lot dem besiegten Astaroth in einem Moment der Raserei das Schwert ins Herz rammt. Berauscht starrt er auf sein Opfer, bis der Blick auf sein Volk fällt, das die Verwandlung ihres Anführers zum heißblütigen Mörder mit stummem Entsetzen mitangesehen hat. Hier meint man dann den Aldrich zu erkennen, der weiß, dass Gut und Böse nicht fein säuberlich voneinander getrennt sind, und der als Regisseur dieses Films deshalb eine denkbar schlechte Wahl ist. Aber Aldrich kann auch nichts an der Vorlage ändern: Die Geschichte von SODOM AND GOMORRHA ist eine christlicher Schwarzweißmalerei, die einzig als grelle Exploitation ihre Daseinsberechtigung hätte. Verschenkt.

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