Mit ‘John Hughes’ getaggte Beiträge

Der Werbemann Neal Page (Steve Martin) will unbedingt rechtzeitig zu Thanksgiving bei seiner Familie in Chicago sein, doch die Welt scheint sich gegen ihn verschworen zu haben. Erst lässt sich sein Chef alle Zeit der Welt, dann schnappt man ihm das Taxi vor der Nase weg und schließlich macht ein Schneesturm die Landung seines Fliegers in Chicago unmöglich. Hinzu kommt, dass das Schicksal ihn mit dem geschwätzigen Handelsvertreter Del Griffith (John Candy) bekannt gemacht hat, der Neal nicht mehr von der Seite weicht und jeden verzweifelten Versuch, nach Hause zu kommen, in eine Katastrophe verwandelt …

It’s rehabilitation time! PLANES, TRAINS & AUTOMOBILES habe ich zum ersten und letzten Mal vor rund 20 Jahren gesehen und war damals sehr enttäuscht. Grund dafür war wohl die Tatsache, dass Steve Martin, der mich mit THE JERK völlig umgehauen hatte, in Hughes‘ Film stärker geerdet ist, bloß den straight man gibt, an dem sich John Candy dann abarbeiten darf. Das war mir damals einfach zu wenig. Aber Meinungen sind bekanntlich wie Arschlöcher und dass ein 15-Jähriger gern mehr Klamauk von Steve Martin gesehen hätte, kann man kaum PLANES, TRAINS & AUTOMOBILES anlasten. Die revidierte Meinung muss heute also lauten: Mit dem Nachfolger zu FERRIS BUELLER’S DAY OFF bewies Hughes, dass er auch jenseits des Teeniefilms erfolgreich sein und sich zudem weiterentwickeln konnte.

Trotz des vermeintlich harten Bruchs, den es für ihn bedeutete, sich nach den Problemen Heranwachsender denen von erwachsenen, mitten im Leben stehenden Männern zu widmen, muss man PLANES, TRAINS & AUTOMOBILES als konsequente Fortführung etablierter Hughes-Themen betrachten. Neal und Del haben nie angehalten und sich umgeschaut, wie Ferris Bueller es ausdrückte. Als Folge ist das Leben an ihnen vorbeigezogen: Neal ist ein Egoist geworden, der cholerische Anfälle bekommt, wenn etwas mal nicht nach dem von ihm ausgelegten Plan abläuft. Er benimmt sich gegenüber Del wie ein Arschloch, bis er am Ende einmal zur Ruhe kommt und prompt erkennt, warum der sich überhaupt so verhält, wie er es tut. Und Del hat ein persönliches Trauma nie überwunden und befindet sich seitdem sprichwörtlich auf der Flucht. Sein offenherziges Verhalten ist ein Methode des Selbstschutzes, die ihn aber immer nur aufs Neue gegen die Mauern prallen lässt, die er doch gerade überwinden möchte. Man kennt es von Hughes, dass seine leichten Komödien am Ende Abgründe offenbaren. In PLANES gelingt ihm dieser Umschwung vielleicht am besten, weil die Probleme seiner Protagonisten ungleich schwerer wiegen als die seiner Teenies und seine Darsteller dies auch tragen. Speziell John Candy liefert eine absolut bewegende Vorstellung ab und zeigt, dass er in seiner viel zu kurzen Karriere meist viel zu einseitig besetzt wurde. Ein wirklich schöner Film, dem ich deshalb auch verzeihe, dass er sich in seiner Autobahn-Sequenz etwas zu großzügig bei Harold Ramis‘ NATIONAL LAMPOON’S VACATION bedient.

Gary (Anthony Michael Hall) und Wyatt (Ilan Mitchell-Smith) sind die Lachnummern ihrer Schule und haben bei den Mädchen demzufolge keinen Schneid. Der Computer von Wyatt bringt beide auf eine Idee: Warum nicht eine „echte“ Frau simulieren, die ihnen dann mit Rat und Tat zur Seite steht? Das Experiment verläuft jedoch erfolgreicher, als beide zu hoffen gewagt haben, und plötzlich steht eine Traumfrau mit Gardemaßen in der Tür. Von beiden „Lisa“ getauft, hilft sie ihnen, ihr Versagertum zu überwinden und bei einer Riesenparty nicht nur ihre Traumgirls abzugreifen, sondern förmlich zu Helden zu werden …

Die Science-Fiction-Prämisse, die andere Regisseure wohl in den Mittelpunkt gerückt und sich ausgiebeig den Problemen bei der Erschaffung der Traumfrau gewidmet hätten, dient Hughes hier lediglich als Exposition für das, was ihn auch in seinen anderen Teeniefilmen beschäftigt hat: die Selbstfindung des Losers und Nerds und die daraus hervorgehende Entfaltung seines brachliegenden Potenzials (wer Fotos von Hughes kennt, ahnt, dass er auf einen reichen Erfahrungsschatz zurückgreifen kann). Das geht hier wieder deutlich entspannter und lockerer vonstatten als im ambitionierteren und auch ernsteren Vorgänger THE BREAKFAST CLUB. Geschadet hat es Hughes nicht, WEIRD SCIENCE war ein veritabler Erfolg und zog noch zehn Jahre später eine immerhin auf fünf Staffeln kommende Fernsehserie nach sich.

Mit Blick auf Hughes‘ Filmografie ist dieser Schritt aber durchaus nicht uninteressant: WEIRD SCIENCE scheint in seiner Leichtigkeit, den losen Anspielungen auf Genrefilme – die von der colorierten Fassung von BRIDE OF FRANKENSTEIN, die Gary und Wyatt im Fernsehen schauen, bis hin zum Auftritt von Vernon Wells und Michael Berryman als Mitglieder einer endzeitlichen Rockergang reichen –, der episodisch-lückenhaften Dramaturgie (woher Lisa etwa ihre Zauberkräfte hat, wird nie befriedigend erklärt) und der poppig-bunten visuellen Gestaltung eher der ideale Nachfolger von Hughes‘ Regiedebüt SIXTEEN CANDLES, wirkt nach THE BREAKFAST CLUB eher wie ein Rückschritt – oder, positiv gesprochen, wie eine Rückbesinnung auf das, was Hughes als Filmemacher auszeichnet: der Blick für jugendliche Bedürfnisse und ihre Trends und ein unbestechliches komödiantisches Timing, das auch in kleinsten Szenen noch zum Vorschein kommt.

Vor allem Anthony Michael Hall leistet wieder mal Erstaunliches, avanciert in der herrlichen Blues-Club-Sequenz gar zum weißen Eddie Murphy und scheint der ideale Mann für Hughes‘ pfeilschnelle Wortwechsel. Ilan Mitchell-Smith, von dem man danach nicht mehr viel gehört hat, gibt den Straight Man, damit Hall neben ihm gleich nochmal so witzig rüberkommt, hat außer einer an Jerry Lewis erinnerndern Stimme sonst aber nicht viel zu bieten. Kelly LeBrock, die spätere Frau Seagal, muss eigentlich auch nicht viel mehr tun als gut aussehen, hat als herzensgute Femme Fatale aber ebenfalls eine recht originelle Rolle abbekommen, die sie mit Leben zu füllen versteht, Bill Paxton ist als redneckiger Arschlochbruder Wyatts ebenfalls perfekt besetzt und in einer Nebenrolle rollt Robert Downey jr. die schönen braunen Augen und trägt Shorts zur stylischen Lederjacke. Gute, kurzweilige, aber niemals flache Unterhaltung also, die zudem ohne Durstrecken und nennenswerte Mängel auskommt; es sei denn, man begreift seine entwaffnende Harmlosigkeit als solchen. Wahrscheinlich genau der Film, den Hughes brauchte, um die Kraft für sein Meisterwerk FERRIS BUELLER’S DAY OFF zu sammeln und damit ohnehin rehabilitiert.

Während sich Ferris Bueller (Matthew Broderick) während des gemeinsam blaugemachten Schultags auf dem Festwagen einer Parade durch die Straßen Chicagos vergnügt, haben sein bester Freund Cameron (Alan Ruck) und Ferris‘ Freundin Sloane (Mia Sara) einen Moment zu zweit, in dem sie über ihre Zukunft – die Zeit nach der Highschool – und über die Bedeutung ihrer Freundschaft zu Ferris sprechen. Es ist dieser Moment – und einige weitere, in denen sich Ferris, nun seinerseits  isoliert von seinen beiden Freunden, an den Zuschauer wendet –, die den Schlüssel zum Verständnis des Films liefern und den Film im Film erkennbar machen, der  FERRIS BUELLER’S DAY OFF von der „nur“ witzigen Teeniekomödie zu etwas größerem, nämlich m. E. zur Gottwerdung des Teeniefilms und damit natürlich auch zum mit weitem Abstand besten Film John Hughes‘ macht.

Im Grunde genommen hat Hughes‘ Film zwei gleichberechtigte Protagonisten und je nachdem, welchen von beiden man auswählt, erzählt er zwei Geschichten – beziehungsweise eine Geschichte aus zwei denkbar unterschiedlichen Perspektiven: Die eine ist die Geschichte des supersympathischen, supercleveren Wunderknaben Ferris, den alle lieben, dem alles gelingt und der deshalb auch mit allem, was er tut – etwa seinem chronischen Schulschwänzen – durchkommt, ohne je Sanktionen befürchten zu müssen. In dieser Geschichte ist Ferris der Erzähler, der sich direkt an den Zuschauer wendet und ihn so an seinen Tricks und seiner Lebensphilosophie – das Leben ist schnell, deswegen muss man manchmal anhalten und sich umschauen, um es nicht zu verpassen – teilhaben lässt. Doch sein süßes Leben ist in Gefahr, weil zum einen der manisch-obsessive Direktor Ed Rooney (Jeffrey Jones) ihm endgültig das Handwerk legen will, zum anderen Ferris‘ Schwester Jean (Jennifer Grey) aus Eifersucht in Versuchung geführt wird, ihn zu verraten. Hughes bezieht die Spannung hier vor allem aus der Frage, ob Ferris auch am Ende seines spektakulären Tages noch weitermachen kann mit seinem Lotterleben oder ob er als Betrüger enttarnt werden wird. Das I-Tüpfelchen auf dieser von ihrem grandiosen Timing lebenden Geschichte ist die Darbietung von Jeffrey Jones, der sich als eifriger, aber glückloser Rooney an Ferris die Zähne ausbeißt und im Verlauf der 90 Minuten eine Demütigung nach der anderen erfährt. Jean fungiert als Spiegel für Rooney: Auch sie sagt immer wieder, wie sehr sie ihren Bruder hasse, doch erkennt sie schließlich, dass sie selbst das Zentrum ihrer Probleme ist: Sie ist unzufrieden mit der eigenen Mittelmäßig- und Mutlosigkeit. Rooney ist von dieser Selbsterkenntnis ausgenommen. Er hat die verhängnisvolle Abfahrt zum Durchschnitt schon vor Jahren genommen, eine Kurskorrektur ist für ihn nicht mehr möglich.

Die andere Geschichte erzählt von Ferris‘ bestem Freund Cameron, einem neurotischen Jungen aus wohlhabendem Hause, der unter dem Materialismus seiner Eltern zu leiden hat. Der ganze Stolz seines Vaters ist der seltene Ferrari, den dieser hütet wie seinen Augapfel, während er für seinen Sohn nie Zeit und noch weniger Zuneigung übrig hat. (Bezeichnenderweise bekommt man weder den Vater noch die Mutter zu Gesicht.) Cameron – der zu Beginn des Films im Gegensatz zu Ferris tatsächlich krank im Bett liegt – wird nun von seinem Freund dazu überredet, mit ihm den Tag zu verbringen. Gemeinsam tricksen sie Rooney aus, sodass Freundin Sloane ebenfalls von der Schule befreit wird, und begeben sich ausgerechnet in des Vaters Ferrari auf Vergnügungstour durch Chicago, die sie auf die Aussichtsplattform des mittlerweile nur noch zweithöchsten Gebäudes der Welt, des Willis Towers, zu einem Spiel der Chicago Cubs, in ein teures Restaurant, ein Kunstmuseum und einen Straßenumzug führt. Der Tag endet für Cameron mit einem traumatischen Schock, als er erkennt, dass sich die Spritztour vor dem Vater kaum verheimlichen lassen wird. Er zerstört (aus Versehen) das Auto und beschließt, seinen Vater offen zu konfrontieren, zum ersten Mal in seinem Leben nicht den Kopf einzuziehen, sondern seine Probleme auszusprechen und anzugehen. Es ist vor allem der Abgleich mit seinem Freund Ferris, der auf jedes Problem eine Antwort hat, weil er furchtlos ist und deshalb stets handlungsfähig bleibt, der ihn – parallel zu Jean im anderen Handlungsstrang – zur Selbsterkenntnis führt. Aber Hughes geht noch weiter: Der Film bietet durchaus die Möglichkeit, Ferris als rein imaginären Freund Camerons zu interpretieren, weil Ferris so überzeichnet und idealisiert gezeichnet wird, dass er gegenüber Cameron kaum noch als realistische Figur wahrgenommen werden kann. Ferris steht über den Dingen und er kann als einziger die Grenze zum Zuschauer überwinden, so als sei er nicht an die dargestellte Welt gebunden. Demzufolge kann er auch die Grenzen von Zeit und Raum überwinden: Die Sightseeingtour der drei Freunde ließe sich unmöglich an einem einzigen Tag absolvieren. Weil Camerons Entwicklung vor allem ein innerer Prozess ist – angezeigt durch die katatonische Schockstarre, in die er kurz vor Ende fällt –, sich nicht in Slapstick und Action entäußert wie im Falle Jeans und Rooneys, muss sich Cameron am Schluss wie bei THE BREAKFAST CLUB in einem überdeutlichen Monolog erklären und seinen Entschluss äußern, dem Vater die Stirn zu bieten und somit seine Geschichte verbal beenden. Doch anders als bei Hughes‘ Vorgängerfilm bricht dies dem Film nicht das Genick: Zum einen, weil es das passende Ende für den eher kopfgesteuerten Cameron ist, zum anderen, weil es den aktionsgeladenen zweiten Strang als Kontrast gibt.

FERRIS BUELLER’S DAY OFF ist ein Film voller solcher Gegenüberstellungen und Dualismen. Ferris und Cameron, Jean und Rooney, Jean und Ferris, Ferris und Rooney, Freiheit und Zwang, Leben und Angst, Schule oder Blaumachen. Und eben um Längen besser als der meist bevorzugte THE BREAKFAST CLUB.

Oje. Ein Wiedersehen mit einem einst sehr geliebten Film, das leider nicht ganz so erfreulich verlaufen ist. Ich fürchte, ich bin der Zielgruppe einfach entwachsen: Die Probleme, die einem als Teenager unüberwindlich und existenziell erscheinen, habe ich hinter mir gelassen und irgendwie scheint sich damit auch der Bedarf für THE BREAKFAST CLUB erübrigt zu haben. Beziehungsweise: Die größere Distanz zum Film hat den Blick geöffnet für arge dramaturgische Schwächen, die mir so vor 15 Jahren nicht aufgefallen sind – oder die damals einfach nicht ins Gewicht fielen.

Dabei war mir ja durchaus bewusst, dass THE BREAKFAST CLUB – der TWELVE ANGRY MAN des Teeniefilms – konzeptionell nicht unproblematisch ist. Da werfen ein paar Nachsitzer ihrem Lehrer vor, sie in Schubladen zu stecken, anstatt sie als Individuen zu begreifen, und Hughes steckt sie selbst in diese Schubladen. Klar, das gehört zum Kniff des Films, der sowas wie das Manifest des Teeniegenres ist: Der Jock, der Nerd, die Prinzessin, die Durchgeknallte und der Kriminelle, sie alle werden durchpsychologisiert, mit Background und Neurosen ausgestattet, sodass kein nachfolgender Film sich diese Arbeit noch machen musste. Und weil Klischees natürlich nicht aus dem Nichts kommen, Hughes zudem über einiges Fingerspitzengefühl und glaubwürdige Darsteller verfügt, emanzipieren sich seine Figuren von ihren Etikettierungen und werden lebendig.

Zumindest für die ersten beiden Drittel des Films. Denn danach stellt der über allem stehende pädagogische Eifer Hughes ein Bein. Zu SIXTEEN CANDLES hatte ich noch geschrieben, dass er in seiner Episodenhaftigkeit sympathisch, aber auch noch etwas zerfahren ist, während spätere Filme – etwa THE BREAKFAST CLUB – dieses Problem in den Griff bekommen hätten. Das stimmt nicht. THE BREAKFAST CLUB ist genau solange großartig, wie er episodisch erzählt, wie er aufbaut, die fünf denkbar unterschiedlichen Schüler dabei zeigt, wie sie versuchen, die Zeit rumzukriegen, wie sie ihre Claims gegeneinander abstecken, sich belauern und abtasten, wie sie schließlich über die Konfrontation mit dem gemeinsamen Feind – Principal Vernon (großartig: Paul Gleason) – zueinander finden und eine Allianz bilden, die ihre Differenzen bröckeln lässt. Wenn sich im Schlussdrittel aber alle fünf zusammensetzen und voreinander ihr Innerstes offenbaren, fühlt man sich eher an Schülertheater und Psychologie-AG erinnert. Zeigte Hughes zuvor großes Geschick, seine Figuren in kleinen Gesten oder pointierten Dialogzeilen zu charakterisieren, ergeht er sich nun in den Klischees der Inszenierung: Alle müssen weinen und der Ernst, mit dem die Teenieprobleme durchgekaut werden, grenzt schon an unfreiwillige Komik. Hughes‘ Vorhaben ist sicherlich ehrenhaft: Er will diese Teenies mit ihren Sorgen ernst nehmen, eben nicht mit der angeblichen Weisheit des Alters auf sie herunterblicken. Aber da kommt ihm eben das Konzept in die Quere, das diese Jugendlichen zum Zweck der Dramaturgie auf Schablonen reduziert, damit es passt. Dass am Ende alles aufgehen muss, jeder seine Lektion gelernt hat – selbst der Rektor, der in der besten Szene des Films ausgerechnet vom Hausmeister auf seine Fehler aufmerksam gemacht wird –, alle Mädels unter der Haube sind, ist einfach zu viel des Guten – wenn nicht gar verlogen. THE BREAKFAST CLUB ist natürlich ein eminent wichtiges filmisches Zeitzeugnis, das lässt sich nicht wegdiskutieren. Aber dass er seinen Status als Klassiker und Kultfilm genießt, ist eher darauf zurückzuführen, dass er seiner Zielgruppe damals aus der Seele sprach, nicht darauf, dass er ein wirklich großer Film wäre.

Samantha (Molly Ringwald) lernt auf die harte Tour, was es bedeutet, erwachsen zu werden: Ihre ganze Familie vergisst in der allgemeinen Aufregung um die bevorstehende Hochzeit von Samanthas Schwester deren sechzehnten Geburtstag. Und zu allem Überfluss verliert sie in der Schule auch noch den Zettel mit dem ausgefüllten Sextest, auf dem sie den Namen ihres großen Schwarms Jake Ryan (Michale Schoeffling) vermerkt hat. Der ist jedoch mitnichten so abgeneigt, wie sie glaubt. Vorerst muss sie jedoch die Annäherungsversuche des hartnäckigen Nerds (Anthony Michael Hall) abwehren …

John Hughes Regiedebüt mag nicht ganz so bekannt und ausgereift sein wie seine späteren genredefinierenden Erfolgsfilme THE BREAKFAST CLUB, WEIRD SCIENCE oder FERRIS BUELLER’S DAY-OFF, dafür besitzt er eine anarchische Wildheit, die überaus ansteckend ist und den Film komplett aus dem Ruder laufen lässt. Die beiden parallel laufenden Plots – neben der Liebesgeschichte mit Hindernissen um Samantha und Jake widmet sich Hughes dem Aufstieg des Losers zum selbstbewussten Charmeur – kämpfen gleichermaßen um die Aufmerksamkeit des Zuschauers und erst gegen Ende, wenn Anthony Michael Halls nur „The Geek“ genannter Charakter mit dem It-Girl der Schule auf dem Rücksitz eines Rolls Royce aufwacht, erinnert sich Hughes daran, dass der doch eigentlich nur eine Nebenfigur war und beschert seiner Protagonistin Samantha das Happy End, das man erwarten durfte. Und so wie Hughes also seine Protagonistin zeitweise vergisst, mäandert SIXTEEN CANDLES in loser episodischer Folge von einer pubertären Katastrophe zur nächsten. Die ausufernde Party etwa, bei der das Haus von Jakes Eltern sprichwörtlich in Schutt und Asche gelegt wird, ließ mich als empathiebegabten Zuseher mehr als einmal das Gesicht verziehen und die Hände über dem Kopf zusammenschlagen. Da erscheinen selbst Terry Gilliams apokalyptischen Partyvisionen aus FEAR AND LOATHING IN LAS VEGAS nicht wesentlich schlimmer. Zusammengehalten wird SIXTEEN CANDLES also weniger durch dramaturgische Einheit, sondern durch einen gewissen jugendlichen Spirit – den einzufangen bzw. in Form zu gießen Hughes später dann perfektionieren sollte – und die Leistung von Anthony Michael Hall, der als selbstbewusster Nerd brilliert und jede seiner Szenen komplett regiert. Schade, dass ihm sein milchbubihaftes Äußeres wohl eine größerer Karriere verwehrt hat: Seine Interpretationhier schlägt so ziemlich alles, was seine Bratpack-Genossen zur gleichen Zeit abgeliefert haben.

In einem Film voller Szenen und Ideen gibt es natürlich auch ein paar weniger gelungene: Ich wäre auch ohne den trotteligen Koreaner mit dem albernen Namen „Long Duk Dong“ ausgekommen und die finale Hochzeit von Samanthas Schwester setzt dem Film noch eine Katastrophe obendrauf, die gar nicht mehr nötig gewesen wäre. Letztlich egal, denn SIXTEEN CANDLES ist trotzdem temporeiches, witziges und schwer sympathisches Teeniekino – und das impliziert ja fast einen gewissen Übereifer.