the outfit (john flynn, usa 1973)

Veröffentlicht: Dezember 12, 2011 in Film
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Als der Verbrecher Macklin (Robert Duvall) nach Beendigung seiner Haftstrafe von seiner Freundin Bett (Karen Black)  aus dem Gefängnis abgeholt wird, erfährt er, dass sein Partner und Bruder kurz zuvor von zwei Killern umgebracht worden ist, bevor dann schließlich auch ein Anschlag auf sein eigenes Leben verübt wird, dem er knapp entgehen kann. Dem Killer entlockt er, dass er von Mailer (Robert Ryan) geschickt wurde, einem der Köpfe des Syndikats, dem auch die Bank gehörte, die Macklin und sein Bruder einst ausgeraubt hatten. Zusammen mit seinem Kumpel Cody (Joe Don Baker) bläst Macklin zum Gegenangriff …

THE OUTFIT ist unverkennbar Kind seiner Zeit: ein roher, ungehobelter Klotz harten Crime-Kinos ohne Mätzchen und Firlefanz. Er fügt sich wunderbar ein in die Phalanx von Filmen wie THE KILLERS, POINT BLANK, DIRTY HARRY, CHARLEY VARRICK, WALKING TALL, THE GETAWAY, BRING ME THE HEAD OF ALFREDO GARCIA, THE FRIENDS OF EDDIE COYLE oder FRAMED, wenngleich man einräumen muss, dass ihm die inszenatorische Präzision und das Profil von Genre-auteurs wie Don Siegel oder Sam Peckinpah abgeht. Das ist in diesem Fall egal, denn was THE OUTFIT an Raffinesse und Eleganz vermissen lässt, macht er durch schieres Commitment und kühle Abgezocktheit mehr als wett. Flynns Film, der wie der wesentlich berühmtere POINT BLANK auf einem der Hunter-Romane basiert, die der Crime-Autor David E. Westlake unter dem Pseudonym Richard Stark geschrieben hat, bietet keine supercoolen Helden auf, keine diabolisch grinsenden Schurken, keine Femme Fatales mit Modelmaßen, keine wahnwitzigen Verfolgungsjagden, keinen Waffenfetischismus oder Over-the-Top-Brutalitäten: Er erzählt seine Geschichte über den einsamen, aber entschlossenen Kampf zweier verhältnismäßig kleiner Fische gegen das übermächtige organisierte Verbrechen mit einem ausgeprägten Sinn für Realismus und mit jener Beiläufigkeit, die das Gezeigte authentifiziert und damit hundertmal brutaler erscheinen lässt, als breit ausgewalzte Sadismen dies zu leisten im Stande wären.

THE OUTFIT lebt in erster Linie von seinen Hauptfiguren: Robert Duvall ist brillant als einsilbiger, hochkonzentrierter, aber immer auch sympathischer Macklin, Joe Don Baker, den ich zuletzt mehrfach gelobt habe, ist in seiner Paraderolle als hemdsärmeliger, stets verlässlicher Toughie zu sehen, die er in den Siebzigern so gut ausfüllte wie kaum ein anderer, und Robert Ryan ist in einer seiner letzten Rollen ein Monument aus altersmüder, unterschwelliger Aggressivität  und wortkarger Autorität. Aus der Überfülle großartig besetzter Nebenrollen (u. a. Elisha Cook, Marie Windsor, Jane Greer, Joanna Cassidy oder Timothy Carey) sticht vor allem die im kalifornischen Hinterland operierende Autohehlerbande heraus, deren sexueller Dreierpack für eine explosive Zwischenepisode sorgt: Richard Jaeckel, Bill McKinney und vor allem Don-Siegel-Stammschauspielerin Sheree North nutzen die ihnen zur Verfügung stehende Zeit optimal.

Merkwürdig, aber großartig ist auch das Finale: THE OUTFIT endet mit einem per Freeze Frame eingefrorenen Lachen, nicht etwa mit der Tragödie oder einem finalen Arschtritt, sondern auf einer euphorischen Note, die Flynns Film von seinen oben genannten Zeitgenossen abhebt. Statt von existenzialistischer Schwere lebt er eher davon, dass die Bedeutung des Geschehens konsequent heruntergespielt wird. Er hat eher episodischen Charakter, was sich auch in seiner dramaturgischen Struktur widerspiegelt, die Überfall an Überfall reiht, ohne dass der Film dabei wesentlich an Dringlichkeit zunehmen würde. Das hat gestern auch dazu geführt, dass meine Gedanken ab und zu auf Abwege gerieten: Richtig spannend ist THE OUTFIT nicht. Flynns Film ist trotz der hier aufgezählten, unbestreitbaren Meriten also keineswegs ein vergessenes Meisterwerk: Aber auch das passt zu seiner Lakonie und dem Understatement seiner Figuren, die wissen, das jeder Triumph nur vorübergehend ist und hinter jeder Ecke der Kontrahent stehen kann, der noch eine alte Rechnung zu begleichen hat. Und wenn ich gestern auch nicht so begeistert war: Ich habe während des Verfassens dieses Textes saumäßig Lust bekommen, THE OUTFIT nochmal zu gucken.

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