Mit ‘Nina Van Pallandt’ getaggte Beiträge

Eine Gruppe von Models – unter ihnen auch der Produzent Larry (Marjoe Gortner) und die Fotografin Joanna (Nina Van Pallandt) – wird auf dem Weg zu einem Fotoshooting über dem Amazonas von der Armee des Drogenbarons Cesar Santiago (Paul L. Smith) abgeschossen und schließlich in dessen Kerker geworfen. Als sich der Gangsterboss Vito Mastranga (John Vernon), der mit Santiago ins Geschäft kommen will, mit seinem Gefolge einfindet, gelingt den Frauen die Flucht. Ein wilder Kampf entbrennt …

Filme wie dieser treiben mir regelmäßig die Tränen in die Augen: Was waren das für goldene Zeiten, als so etwas noch produziert wurd? In Deutschland! Und dann auch noch im Kino lief! Aufwändiges, buntes, bescheuertes, aber eben auch durchweg knalliges Exploitationkino mit einer Besetzung, die jedem Filmfreund das Klappmesser in der Hose aufgehen lässt. Feiste Action, ohne Anspruch auf Relevanz, aber mit der heiligen Motivation gedreht, den Zuschauern 90 Minuten lang Feuer unter dem Arsch zu machen. Filme, in denen wirklich ein Flugzeug über den Amazonas fliegt, wenn ein Flugzeug über den Amazonas fliegen soll. Filme, in denen wirlich ein Haus in die Luft gejagt wird, wenn ein Haus in die Luft fliegen soll. Filme, in denen einem Mann Holzpflöcke am Körper festgeklebt werden, wenn er von solchen durchbohrt worden sein soll. Filme, in denen ein Pappkopf durchs Bild rollt, wenn jemand enthauptet wurde. Filme, in denen alles das, was man sieht, tatsächlich vor der Kamera umgesetzt und nicht nachträglich per Rechner reingemogelt wurde. Filme, die ihr Herz gewissermaßen am Revers tragen, bei denen man zu jeder Zeit weiß, woran man ist, was man erwarten kann und das dann auch bekommt. Filme, in denen Models Models sind, Drogendealer Drogendealer, und Söldner eben Söldner. Filme, die damit enden, dass die Guten überleben und die Bösen für ihre Untaten ins Gras beißen, und denen das genug ist.

EUER WEG FÜHRT DURCH DIE HÖLLE passt nur bedingt ins WiP-Subgenre, die Kerkereinlagen sind nur kurz, aber im Geiste schließt er an CHAINED HEAT und RED HEAT: UNSCHULDIG HINTER GITTERN perfekt an. Alle drei Filme aus einer Zeit, die ich schmerzhaft vermisse, als Exploitation und Pulp wie dieser sich nicht nur eine genau abgesteckte „Zielgruppe“ von Nerds, sondern an alle Kinogänger richteten und von diesen genauso wenig in eine voretikettierte Schublade gesteckt wurden. Als Filmemacher noch keinen Hehl daraus machten, dass es ihnen nicht um diesen oder jenen moralisch hehren Zweck ging, sondern darum, Geld zu verdienen, aber dann trotzdem kompromisslosere Filme ablieferten als diese rückgratlosen Windeier heute. EUER WEG FÜHRT DURCH DIE HÖLLE ist die volle Breitseite und lebendige Nostalgie für Menschen, die sich noch an jene Tage erinnern, als Filmplakate von GEHEIMCODE WILDGÄNSE die Litfasssäulen zierten. Hier stimmt alles. Sogar der scheußliche Titelsong, dessen kehlkopfkrebskranke Sängerin die Fistelstimme vom damaligen Popsternchen Stefanie von Monaco wie das Organ von Anna Netrebko klingen lässt. Und jetzt: Lasset uns beten.

In einer postnuklearen (?) Eiszeit: Essex (Paul Newman) kehrt nach Jahren der Abwesenheit in die Überreste seiner Heimatstadt zurück. Das einzige, was die Menschen von der Tristesse ihres Daseins ablenkt, ist ein Brettspiel namens Quintet, über das der Schiedsrichter Grigor (Fernando Rey) wacht. Dann werden mehrere Spieler umgebracht: Es scheint, als würde das Spiel nicht mehr nur mit Holzfiguren ausgetragen …

Filme wie QUINTET sind für einen passionierten Filmseher und -schreiber eigentlich der Stoff, aus dem die Träume sind: Von Kritikern einhellig als missraten abgetan und weit gehend dem Vergessen überantwortet, bietet er doch potenziell die heiß ersehnte Gelegenheit, ihn als zu Unrecht missverstandenen und unterbewerteten Film in einem ansonsten völlig erschlossenen Werk zu rehabilitieren. Leider jedoch bin ich nach dem Durchleiden der 120 Minuten Spielzeit eher geneigt, seinen Ruf als katastrophalen Fehlschlag nicht nur zu bestätigen, sondern dieses Urteil noch zu verschärfen. Die erste Einstellung, in der zwei winzige Gestalten in einer unendlichen Eiswüste umherirren, lässt einen noch hoffen, QUINTET als Wiederaufnahme und Steigerung der letzten Minuten von MCCABE & MRS. MILLER interpretieren zu könen, doch das Bedürfnis, den Film zu retten, weicht schon nach wenigen Minuten der Ernüchterung. QUINTET ist tatsächlich so unfassbar missraten, dass man zur Ehrenrettung Altmans nur die Vermutung anbringen kann, er habe den Film entweder nicht im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte inszeniert oder aber er sei Opfer widriger Produktionsumstände geworden. Zumindest letzteres kann man aber ausschließen: Wenn Altman auch nicht gerade einen Ruf als Blockbuster-Lieferant innehatte, so war er als Künstler doch so weit anerkannt, dass er keine Intervention übergriffiger Studiobosse befürchten musste – nicht zuletzt, weil er an der Produktion seiner Filme meist mitbeteiligt war. Umso erstaunlicher ist das künstlerische Scheitern seines Endzeitfilms auf wirklich allen Ebenen. Es steht tatsächlich zu befürchten, wie Vincent Canby in der New York Times schrieb, dass Altman genau den Film gemacht hat, den er machen wollte. Und das ist tragisch.

Schon inhaltlich hat QUINTET wenig mehr als heiße Luft zu bieten: Das Brettspiel ist zwar die einzige Unterhaltung der postapokalytischen Gesellschaft, doch reicht der Kick, Figuren auf einem Spielfeld herumzuschieben, nicht mehr aus: Die Spieler übertragen das Spiel auf das echte Leben, „töten“ nicht mehr nur Holzfiguren, sondern sich gleich gegenseitig. Nicht nur, dass dies eine nur wenig originelle Idee ist, dass Essex auch noch bis zum Ende des Films braucht, um dahinter zu kommen, dass die Morde Teil des Spiels sind, ist geradezu lächerlich: Er ist im Besitz einer Liste von sechs Spielern, die einer nach dem anderen ermordet werden, und schon die Tatsache, dass am Spiel Quintet sechs Spieler teilnehmen, sollte ihm den entscheidenden Hinweis geben, den der Zuschauer bereits nach kurzer Zeit richtig zu deuten weiß. Stattdessen stapft er ahnungslos durch den Film, um am Ende von Grigor in einem überflüssigen und redundanten Dialog über das Offensichtliche aufgeklärt zu werden. Aber das ist es nicht allein, was den Film absaufen lässt.

Es ist zu allererst die formale Gestaltung, die dem Vorwurf der prätentiösen Langeweile auch noch jenen der ästhetischen Armut hinzufügt: Die Kostüme, die einen Rückfall der postapokalyptischen Gesellschaft ins Mittelalter evozieren, wirken im Kontext des Films schlicht unglaubwürdig und albern. Wo spätere Endzeitfilme einen gelungenen Patchwork-Style für die Protagonisten entwerfen sollten, der suggerierte, dass sich ihre Protagonisten bei den Requisiten bedienten, die die Katastrophe überdauert hatten, scheinen im nuklearen Winter von QUINTET Modedesigner am Werk zu sein, die sich ihre Inspiration von Mittelaltermärkten holen. Die sterilen, leblosen und fürchterlich unansehnlichen Studiosettings erinnern an bemühte pseudopostmoderne Theaterinszenierungen, den wenigen futuristischen Elementen haftet der Muff der Siebzigerjahre an. Der grauenhafte Score von Tom Pierson dröhnt dissonant vor sich her, wenn er nicht die Mittelalter-Assoziationen mit kitschigen Flötenklängen unterstreicht. Und als wäre das alles nicht genug, war Altman völlig unerklärlicherweise auch noch der Meinung, es sei eine gute Idee, die Ränder des Bildes mit Unschärfe zu strafen: Man schaut nahezu über die vollen 120 Minuten durch ein Fenster, dessen Ecken mit Vaseline beschmiert wurden und wird darüber schon nach kurzer Zeit wahnsinnig.

Altman hatte sich in seinen vorangegangenen Filmen als meisterhaft darin erwiesen, den Eindruck lebendiger Gesellschaften zu erzeugen, die auch abseits des Filmes existierten: In QUINTET werden die Randbezirke des Films stattdessen von gesichtslosen Statisten bevölkert, die nie den Eindruck erwecken, in diese Welt zu gehören. Und auch die wenigen Protagonisten sind so schablonenhaft und leblos angelegt, dass man den Darstellern kaum vorwerfen kann, dass sie wie Pappfiguren agieren, völlig ratlos, was sie mit ihren gestelzten Dialogzeilen anfangen sollen. Zäh wie Tapetenkleister fließt der Film vor sich hin und wäre das alles nicht jeder Emotion beraubt, man müsste wohl von unfreiwilliger Komik sprechen. Was man dem Film nicht absprechen kann, ist seine klaustrophobische, bleierne Atmosphäre, die nun durchaus nicht unpassend ist: Doch ist es anderen Filmemacher eben gelungen, diese zu schaffen, ohne darüber elementare Publikumsinteressen zu missachten. Und warum sollte man sich lang mit der Ehrenrettung eines Films befassen, der nicht nur keinen einzigen interessanten Gedanken produziert, sondern darüber hinaus auch noch fürchterlich aussieht und zu keiner Sekunde vergessen macht, dass man eben bloß einen spektakulär misslungenen und ratlosen Film sieht? Es wäre natürlich ein leichtes, aus den unendlichen Sphären des Semi-Amateur-, Low-Budget-Trash- und Exploitationfilms einen ganzen Batzen von Filmen zu bergen, der objektiv betrachtet mieser ist als QUINTET: Gemessen an dem, was man von Altman bis zu diesem Zeitpunkt jedoch gewohnt war, ist dieser hier einer der schlechtesten Filme aller Zeiten. Und das ist auch der einzige Grund, aus dem man  ihn sich vielleicht wenigstens einmal ansehen oder zumindest hineinschauen sollte (ihn durchzustehen, ist eine Aufgabe herkulischen Ausmaßes): Es ist mir ein absolutes Rätsel, wie ein Regisseur, der zehn Jahre lang eine Großtat nach der anderen inszenierte, diesen Film auf diese Art drehen konnte, ohne innezuhalten und sich zu fragen: Was mache ich hier eigentlich?

Dino Corelli (Desi Arnaz jr.), Sohn des italienischen Einwanderers Luigi (Vittorio Gassman) und seiner wohlhabenden Gattin Regina (Nina Van Pallandt), heiratet Muffin Brenner (Amy Stryker), ihrerseits Tochter des irischstämmigen Spediteurs Snooks Brenner (Paul Dooley). Die große Feier im stattlichen Herrenhaus der Corellis beginnt denkbar tragisch mit dem Tod von Nettie Sloan (Lillian Gish), Reginas altersschwacher Mutter, und mit zunehmender Dauer gesellen sich zur Toten noch weitere, wenn auch – bis zum Finale – nur metaphorische Leichen aus den Kellern der Beteiligten hinzu. Die Situation eskaliert endgültig, als herauskommt, dass Buffy Brenner (Mia Farrow) ein Kind vom frisch gebackenen Gatten ihrer Schwester erwartet …

A WEDDING war der vorläufige Schlusspunkt unter einer beispiellosen Serie künstlerischer Großtaten Altmans; wahrscheinlich sein letzter wirklich großer Film vor seinem viel beachteten Comeback mit THE PLAYER in den frühen Neunzigerjaren. (Ich werde diese Vermutung im weiteren Verlauf meiner Altman-Retro noch verifizieren oder falsifizieren.) In einer eigentlich kaum noch für möglich gehaltenen Steigerung verdoppelte Altman die Zahl der Protagonisten aus NASHVILLE auf satte 48, die er diesmal allerdings in einem wesentlich enger abgesteckten Setting beobachtete. Wie in seinem genannten Meisterwerk nutzt Altman die offene Prämisse einer Hochzeitsfeier für eine genuss-, aber durchaus auch liebevolle Sezierung der amerikanischen Oberklasse, die Kollision von „Old Money“ und „New Money“, wie er es im auf der DVD enthaltenen Interview bezeichnet. In A WEDDING hat nahezu jeder Charakter ein mehr oder weniger dunkles Geheimnis, das die mühsam aufrechterhaltene Fassade von Kultiviertheit und Anstand als eben solche enttarnt: Regina wird vom Hausarzt Dr. Meecham (Howard Duff) mit Drogen versorgt, Muffins Mutter Tulip (Carol Burnett) führt eine unglückliche Ehe mit ihrem Mann und wird von Reginas Schwager Mackenzie (Pat McCormick) leidenschaftlich hofiert, Sohn Dino und seine Kameraden von der Militärakademie sind alles andere als brav und vorbildlich und das Objekt ihrer Begierde Buffy, ihrerseits uneingeschränkter Liebling ihres Vaters, gibt nur vor, ein stilles Mäuschen zu sein, hat es vielmehr faustdick hinter den Ohren. Doch das ist alles nichts im Vergleich zu dem geheimen Abkommen, dass Luigi einst mit seiner Schwiegermutter getroffen hatte und das mit ihrem Tod nun seine Gültigkeit verloren hat.

Altman stellt die feine Gesellschaft als heuchlerisches und eitles Volk bloß, das den eigenen hohen Ansprüchen an Sitte, Moral und Anstand längst nicht mehr gerecht wird und sich über die emotionale Verarmung gnadenlos in Widersprüchen verstrickt. Die ach so mustergültigen Ehen und perfekten Familien existieren eigentlich nur auf dem Papier und im Fall Luigi Corellis stimmt noch nicht einmal der Name im Pass. Das Problem ist jedoch nicht die etwaige Verkommenheit dieser Menschen, sondern die absurden Vorstellungen darüber, was „richtiges“ Leben eigentlich bedeutet. Das, was sich die Angehörigen der Hochzeitsgesellschaft darunter vorstellen, erweist sich als schlicht nicht lebbar. So wird ausgerechnet die Hochzeitsfeier, ein von vorn bis hinten durchnormiertes und nach klaren Regeln und Konventionen ablaufendes Gesellschaftsritual und noch dazu eines, das das Ehepaar in die Schuld des wohl strengsten Richters überhaupt – Gott – stellt, der Anlass, zu dem alle Beteiligten ihr Korsett abstreifen, sich aus den Zwängen befreien und ein neues Leben in Betracht ziehen. Auch wenn es manchmal schmerzhaft ist, dem zuzuschauen – A WEDDING ist voll von peinlichen Enthüllungen und Entgleisungen –, inszeniert Altman dieses Schauspiel mit der dringend nötigen Leichtigkeit und lässt niemals einen Zweifel daran aufkommen, dass sich die Figuren mit all ihren Verfehlungen seiner Sympathie gewiss sein könnnen. A WEDDING ist tatsächlich einer der lustigsten Filme Altmans und es ist schlicht ein Vergnügen, sich als Zuschauer unter die Anwesenden zu mischen, mal hierhin und mal dorthin zu schlendern und Eindrücke zu sammeln, die sich manchmal zu einem Gesamtbild zusammenfügen, manchmal aber auch nicht. Altman enthüllt nämlich längst nicht alle Geheimnisse (zumindest nicht nach der Erstsichtung): Warum von den hunderten von geladenen Gästen tatsächlich nur einer gekommen ist, wird ebenso wenig beantwortet, wie etwa die Frage nach der unfreiwilligen Kinderlosigkeit der Hochzeitsplanerin (Geraldine Chaplin), die in einem der für Altman so typischen hingeworfenen Dialogsätze ein persönliches Drama offenbart, dem andere Regisseure einen ganzen Film gewidmet hätten, ohne jedoch dieselbe Durchschlagskraft zu erzielen.

Zwei Szenen spiegeln das breite Spektrum des Films am besten wieder: So versammelt sich etwa in der Mitte des Films die gesamte Hochzeitsgesellschaft in Luigis Kellerbar, um vor einem heraufziehenden – reinigenden? – Sturm Schutz zu suchen und werden von Regina spontan zu einer gemeinsamen, ausgelassenen Gesangseinlage angespornt. Auf einmal sind alle gärenden Konflikte vergessen und alle sind einfach nur da, aufgelöst in einem Moment von unbeschreiblicher Magie. Demgegenüber steht das Ende, das den Seelenfrieden der beiden Kernfamilien mit dem Tod zweier Nebenfiguren erkauft: Hier ist dann doch wieder der Zyniker Altman am Werk, der seine Zuschauer einfach nicht entlassen kann, ohne ihnen einen Nasenstüber zu verpassen. Aber so ist das Leben: Trauer und Glück liegen eng beieinander und bedingen sich oftmals sogar. Alles hat seine zwei Seiten und manchmal muss man diese Dialektik einfach hinnehmen, ohne sie auflösen zu können.