Mit ‘WiP’ getaggte Beiträge

Den Mord ihres Bruders an einem Drogendealer nimmt die junge Angela Duvall (Suzane Carvalho) auf sich und wandert für 18 Jahre in den Bau. Dort kommt der Arzt Dr. Cuña (Henri Pagnoncelli) hinter das Geheimnis der Frau und versucht, ihre Unschuld zu beweisen. Doch just in dem Moment, in dem ihm das gelingt und er eine Freilassung erwirkt, bricht im Gefängnis eine Revolte aus, in deren Folge Angela mit einigen anderen Frauen die Flucht in den Urwald gelingt. Und der fanatische Captain Bonifacio (Leonardo José) denkt gar nicht daran, Rücksicht auf die Unschuldige zu nehmen …

Michele Massimo Tarantini erzählt seine Geschichte in einer Rückblende und versucht so die exploitative Schlagseite seines Films hinter einer seriösen Human-Interest-Fassade zu verbergen. Eine Texttafel zu Beginn gaukelt hehre Ansprüche vor, doch kann auch der in der ersten Hälfte vergleichsweise sparsame Einsatz von Sex & Gewalt nicht darüber hinwegtäuschen, worum es hier geht. Und es ist ja nicht zuletzt genau diese Vortäuschung falscher Tatsachen, die den Exploitation-Heuler kennzeichnet. Echte Stimmung kommt vor allem ab der Revolte auf, wenn der Film sich vom Knast weg- und in den Urwald Brasiliens bewegt, aber natürlich hat auch das groschenromanhafte Pendeln zwischen „ernstem“ Drama und selbstzweckhaftem Sex was. Die Knastszenen sind schön siffig, die brasilianischen Schönheiten immer dekorativ verschwitzt und nett anzuschauen. Besonders gut hat mir aber eine fette Negermama (man verzeihe mir die political incorrectness, aber der Begriff passt einfach) gefallen, die sich der Heldin annimmt und während der Revolte einer Verräterin kurzentschlossen den Kopf absäbelt. Sobald es in den Urwald geht, fühlt man sich in alte Söldnerfilme versetzt, wird rumgeballert, dass es nur so eine Art ist und auch mal mit einer Anaconda gerungen. Die Schlusspointe schließt den Kreis zum Anfang und gibt der attraktiven Suzana Carvalho nochmal die Gelegenheit, ihre schönen Brüste im nassen Kleid zu präsentieren, bevor eine weitere Texttafel den Zuschauer mit seinen selbstverständlich porentief reinen Gedanken allein lässt.

Der Film ist deutlich besser, als sich das jetzt möglicherweise anhört, deutlich weniger niederträchtig und schmuddelig, als die WiP-Trasher, die sonst so aus Italien kamen, sauber inszeniert und gut gespielt. Vielleicht ist das in der Zeit begründet, denn 1985 war wohl nicht mehr ganz so viel möglich, wie noch ein paar Jahre zuvor. Es kann aber auch an Regisseur Tarantini liegen, der ein Freund der schönen Dinge war, wie man unschwer seiner Filmografie entnehmen kann, in der sich solche wohlklingenden Titel tummeln wie FLOTTE TEENS UND HEISSE JEANS, POLITESS IM SITTENSTRESS, FLOTTE BIENEN AUF HEISSEN MASCHINEN, HELM AUF – HOSE RUNTER oder auch DIE LETZTEN HEULER IN DER MARINE. Wo bleibt die Box?

Emanuelle Kendall (Laura Gemser) wird in ein Frauengefängnis gesteckt, dessen Inhaftierten unter unmenschlichen Bedingungen leben müssen. Neben der harten Arbeit in einer Kiesgrube müssen sie immer wieder die Grausamkeiten der Wärterin Rescaut (Franca Stoppi, die gruselige Matrone aus BUIO OMEGA) über sich ergehen lassen. Nur im Arzt Dr. Moran (Gabriele Tinti), der selbst wegen der Sterbehilfe an seiner Frau einsitzt, haben die Frauen einen Verbündeten. Als herauskommt, dass Emanuelle eine Journalistin ist, die im Auftrag von Amnesty International (!) über die Zustände in Frauengefängnissen berichten soll, gerät sie in Lebensgefahr …

VIOLENZA IN UN CARCERE FEMMINILE, zu deutsch wunderbar knallig LAURA – EINE FRAU GEHT DURCH DIE HÖLLE (ich muss dabei sofort an Uschi Glas denken), darf wohl als einer der besseren Filme bezeichnet werden, die Bruno  Mattei gedreht hat. Wenn man aber bedenkt, dass auf seine Kappe solche unglaublichen Baddies wie das legendäre DAWN OF THE DEAD-Ripoff VIRUS, der dusselige Endzeitfilm RATS – NOTTI DEL TERRORE, das mitleiderregende TERMINATOR-„Sequel“ TERMINATOR II oder die beiden herrlich-blöden Reb-Brown-Actioner STRIKE COMMANDO und ROBOWAR – ROBOT DA GUERRA gehen, relativiert sich die Aussage schon wieder erheblich. VIOLENZA funktioniert in der ersten Dreiviertelstunde tatsächlich ganz gut, versinkt dann aber nach und nach in denselben Mängeln, die alle Mattei-Filme auszeichnen, die ich kenne. Die Schauspielerführung ist hölzern, die Regie uninspiriert und unkreativ, Effekte und Ausstattung billig bis zum Gehtnichtmehr (der Film kostete nach Angaben von Mattei 67.000 Dollar) und der treibende Synthiescore von Luigi Ceccarelli zwar sehr effektiv in seiner Emulation von Goblin und Carpenter, aber eben auch ziemlich entwaffnend, weil er vor allem die Kluft zwischen der Spannung, die er selbst evoziert, und dem, was tatsächlich geboten wird, akzentuiert.

Das größte Manko des Films ist aber ohne Zweifel, dass die eigentlich interessante Geschichte total umständlich erzählt wird. Dass Emanuelle eine Journalistin ist, kommt erst nach einer guten Stunde ans Tageslicht, kurz bevor das dann auch die bösen Gefängnisleiter mitbekommt. Die Suspense, die sich aus dem Wissensvorsprung des Zuschauers gegenüber den Schurken ergeben hätte, die Spannung, ob es Emanuelle gelingt, ihr Geheimnis zu wahren, sie verpuffen einfach. So plätschert der Film von einer theatralischen, aber eben auch an Schülertheater erinnernden, Szene und einer müden Geschmacklosigkeit zur nächsten, wobei die größte sicherlich die ausgesprochene Hässlichkeit des Films ist. Das könnte man durchaus noch als Pluspunkt sehen: Von den bisher von mir geschauten WiP-Filmen, kann man VIOLENZA immerhin bescheinigen, dass er der „realistischste“ ist. Statt der Supermodels aus den Jack-Hill-Filmen oder der ins Surreale übersteigerten Sadomaso-Fantasie Jess Francos gibt es hier überwiegend unansehnliche Hackfressen, die in wenig dekorative graue Kartoffelsäcke gehüllt werden. Und die Foltermethoden sind auch vergleichsweise bodenständig. Glamour bringen höchstens Laura Gemser, die sich trotz ihres Ruhm wohl für nichts zu schade war, und Gabriele Tinti, dessen Talent hier weitestgehend verschenkt ist. Dafür geben die Ratten, für die Mattei ein offensichtliches Faible hat, ihr Bestes und sorgen für die beste Szene in einem Film, der viel besser, aber eben auch noch deutlich schlechter hätte sein können.

Olga (Uta Koepke) und ihr Mann Michael (Angél Caballero) sind frisch verheiratet und mit ihrer Rostlaube unterwegs in den Flitterwochen: Was läge da näher, als ein „No Trespassing“-Schild zu missachten? Ehe sie sich versehen, befinden sie sich in der Gewalt der dominösen Magda (Ajita Wilson), die mitten in der Pampa einen Frauenknast mit angeschlossenem Steinbruch betreibt. Olga wird dabehalten, der Mann nach Hause geschickt. Fortan muss Olga barbusig und mit modisch kurz über der Arschbackenrundung abgeschnittenen Jeans Steine hacken und mitansehen, wie ihre Zellengenossinnen von Magda mit der Reitgerte in die Brust gepiekt werden. Manche erwischt es aber noch schlimmer: Sie werden im Niemandsland ausgesetzt und dann von Magda und Governor Mendoza (Antonio Mayans) gejagt, erschossen und den Plastikkrokodilen überlassen. Letzterer – Mendoza, nicht das Krokodil – trägt eine beeindruckende Schnurrbartattrape unter dem Riechkolben spazieren, die das Suppeessen wohl zu einer ähnlichen Qual macht wie das Von-Magda-in-die-Titte-gepiekt-Werden.

Aber der Schnurrbart ist nicht das einzige Leid, das er zu tragen hat: Er ist nämlich auch noch impotent und weder die Fürsorge seiner Gattin Loba (Gina Janssen) noch die Unterstützung der Häftlingsdamen kann Abhilfe schaffen. Erst als er beim Orgeln mit seiner Frau dabei zusehen darf, wie die schöne Mercedes (Andrea Guzon) von seinem Lieblingsschäferhund besprungen wird, geht ihm einer ab. Wem nicht? Zwischendrin macht sich Michael (der ein bisschen aussieht wie der „Frontmann“ von den Flippers) mit einem dusseligen Kumpel auf den Weg, die Gattin zu befreien. Weil Magdas Wärterinnen ziemlich ungeschickt sind, gelingt ihm das auch. Allerdings sind ein paar Frauen zu diesem Zeitpunkt schon an den schwulen Puffbesitzer Lucas (Jess Franco, der sich auch eine Analsexszene mit einem großen Schwarzen ins Drehbuch geschrieben hat!) verschachert worden. Der armen Tara (Ursula Buchfellner) hat ein übererregter Kunde die halbe Brust abgebissen: Sich im Fieber windend liegt sie im Sterben. Ihr Tod bedeutet einen Moment der Introspektion: „Das erinnert mich an den Tag, als Zenobia starb.“ „Eine Verwandte?“ „Nein, meine Lieblingskuh.“ Spätestens hier ahnt man, dass der Film nicht ganz ernst gemeint sein könnte. Otto Retzer, den die meisten als lustigen Hausmeister aus EIN SCHLOSS AM WÖRTHERSEE in Erinnerung haben dürften, macht übrigens auch mit, was ein Euphemismus ist für „hat auch eine Sexszene“. Der Schluss ist noch einmal angemessen merkwürdig: Olga und ihr Mann schicken Magda in den Tümpel zum Plastikkrokodil, doch ihrem Tod beizuwohnen, ist dem Zuschauer nicht mehr vergönnt. Der Film blendet vorher ab, die Credits rollen.

Jess Franco hat viele bescheuerte und bizarre Filme gemacht. Und obwohl ich nur einen Bruchteil seines riesigen Werks kenne, wage ich zu behaupten, dass SADOMANIA einer seiner merkwürdigsten ist. All die Unzulänglichkeiten – bisweilen holpriger Schnitt und Kameraführung, die durchwachsenen bis armseligen schauspielerischen Darbietungen, die in der englischen Fassung noch durch die unorthodoxe Synchro unterstrichen werden, der zerdehnte Rhythmus, das stetige Sich-Verlieren in breit ausgewalzten Sexszenen und der zwar ganz hübsche, aber nichtsdestotrotz ziemlich redundante Score („Lajalajalajala“) – unterstreichen nur die Fremdartigkeit dieses Films, der immer wieder auch wunderschöne Bilder aufbietet und mit seinem komisch ausblutenden Licht wie ein besonders beknackter, verstörender Fiebertraum anmutet. Ich kann nicht behaupten, dass die knapp 100 Minuten wie im Flug vorübergegangen seien und ich würde den Film auch nicht vorbehaltlos jedem empfehlen. Wer aber Erfahrung mit Jess Franco hat und ein Faible für diese strangen Dinger, die irgendwo im schmalen Grenzbereich zwischen Trash, Porno und Kunst angesiedelt sind, der sollte sich SADOMANIA unbedingt anschauen. Sowas wird es nie wieder geben.

Zum Abschluss ein paar Impressionen:

Wenn das die Gewerkschaft wüsste

Arbeit macht (obenrum) frei

The Small Bird Cage

"Mein Herr, Sie haben einen Schnurrbart, wir müssen sofort operieren!"

Ein Krokodil und kein Nilpferd

Karawane der Nackerten

Cagefight

Before Sunset

Twin Peaks

In einem südamerikanischen Frauengefängnis regieren die Wärterin Lucian (Kathryn Loder) und der mysteriöse Mendoza, dessen Gesicht noch niemand lebend gesehen hat, mit eiserner Hand. Fünf Insassinnen – die lesbische Grear (Pam Grier), die toughe Alcott (Roberta Collins), Bodine (Pat Woodell), die Geliebte eines Revoluzzers, die drogenabhängige Harrad (Brooke Mills) sowie die „Neue“, Collier (Judy Brown) – planen schließlich die Flucht. Die beiden Dienstboten Harry (Sid Haig) und Fred (Jerry Franks) kommen ihnen dabei eher unfreiwillig zur Hilfe …

Um das zunächst mal klarzustellen: THE BIG DOLL HOUSE ist der Auftakt für die WiP-Reihe von New World Pictures, dem dann die von mir bereits besprochenen THE BIG BIRD CAGE und WOMEN IN CAGES nachfolgten (die ich nur aus Versehen zuerst geschaut habe), und dementsprechend längst nicht so aufwändig und ausufernd wie das nominelle Sequel.  THE BIG DOLL HOUSE liegt stimmungsmäig genau zwischen den beiden genannten Nachfolgern: Relativ ernst und reduziert, ist er noch kein Comicspektakel wie THE BIG BIRD CAGE, aber auch bei Weitem nicht so düster und deprimierend wie WOMEN IN CAGES (dessen Knastsetting hier zum ersten Mal Verwendung findet). Das Drehbuch konzentriert sich in erster Linie auf die Beziehung zwischen den fünf Inhaftierten, ohne dabei eine wirklich klare Plotline herauszuarbeiten. Erst spät kommt die Idee auf, zu fliehen, und die Enttarnung Mendozas ist kaum überraschend, weil einem nur wenige mögliche Kandidaten vorgeführt wurden. Auch der Subplot um Harry und Fred, die natürlich davon träumen, sich an den hübschen Damen zu verlustieren, wirkt eher hingeworfen, als schlüssig mit der Geschichte verbunden. Zwar glingt es Hill die Episoden am Ende zufriedenstellend zusammenzuführen, doch bis dahin mäandert THE BIG DOLL HOUSE durchaus unterhaltsam, aber eben auch ein wenig unentschlossen vor sich hin.

So sind es eher kleinere Details und einzelne Szenen, die herausstechen: Sehr putzig fand ich etwa die Untersuchung Colliers zu Beginn, bei der natürlich jede Körperöffnung einer genauen Prüfung unterzogen wird. Die Wärterin wischt sich danach einfach lapidar die Finger an ihrem Hemd ab und ruft „Next!“. Hygiene ist wahrlich ein Luxusproblem. Natürlich gibt es auch wieder eine Partie dekorativen Schlammcatchens und deutlich mehr übergriffigen Sex als im BIRD CAGE, aber im Vordergrund stehen eindeutig die Performances des fünf Hauptdarstellerinnen. Die besten Parts haben Pam Grier und Brooke Mills abbekommen, weil sie am ehesten so etwas wie Tiefe vorweisen: Ihre gemeinsame Szene kurz vor Schluss ist die stärkste des Films. Collins, Brown und Woodell sehen vor allem gut aus und dürfen am Schluss schön pulpig mit Maschinengwehren rumballern. Es liegt auch an ihnen, dass dieser Film kaum ernstzunehmen ist: Selbst nach der schlimmsten Folter sitzen Frisur und Schminke noch perfekt und alle strotzen nur so vor Unbeugsamkeit, dass selbst ein getsandener Kerl wie Sid Haig vor ihnen nur in die Knie gehen kann. „Realistischer“ ist da schon die Besetzung der irgendwie gruseligen Kathryn Loder als Folterknecht: Ihr war leider nur eine sehr kurze Karriere vergönnt, bevor sie mit nur 38 Jahren verstarb; zu ihren wenigen Filmen zählt etwa der Hill-Film FOXY BROWN. Sid Haig ist wie immer liebenswert und die deutsche Christiane Schmidmer spielt die Gefängnisdirektorin, die sich am Schluss … aber das verrate ich jetzt nicht. Ihr merkt, allzu viel weiß ich zu diesem Film, der einfach nur leicht überdurchschnittliche, kompetent gefertigte Exploitation darstellt, nicht zu sagen. Muss ja auch nicht sein.

„Jeff“ (Jennifer Gan) wird von ihrem drogendealenden Freund Rudy (Charlie Davao) – nebenbei unterhält er einen Vergnügungsdampfer, auf dem reiche Männer dem Glücksspiel nachgehen und sich an Prostituierten vergehen können – hintergangen und landet im Gefängnis. Dort führt die amerikanische Wärterin Alabama (Pam Grier) ein hartes Regiment, hält sich die Frauen wahlweise als Liebesspielzeug oder steckt sie in den „Playpen“ – eine Folterkammer. Jeff freundet sich mit ihren Zellengenossinnen an, doch hat sie bald noch ganz andere Sorgen als Alabama: Denn ihr Rudy fürchtet eine belastende Aussage und weil er gute Kontakte in den Knast hat, beauftragt er Stoke (Roberta Collins), seine Freundin umzubringen …

Pam Grier, die Philippinen und das Genre selbst verbinden WOMEN IN CAGES mit dem Vorgänger THE BIG BIRD CAGE, der aber kaum weiter entfernt sein könnte von diesem Runterzieher. Bot jener farbenfrohen Eskapismus, deutet in De Leons Film schon die monochromatische Farbpalette aus Schwarz, Grau und dunklen Blautönen an, woher hier der Wind weht. Nicht ein Sonnenstrahl verirrt sich in den Film und analog zu den berühmten Day-for-Night-Aufnahmen – also Nachtszenen, die bei Tage gedreht und dann nachträglich abgedunkelt wurden – muss man hier von Night-for-Day sprechen: Selbst über Szenen, die bei Tag spielen, hat sich schon eine unfreundliche Dämmerung gelegt. Auch der Titel ist durchaus paradigmatisch zu verstehen, weist nicht nur auf das Frauenknast-Setting, sondern allgemeiner auf die Lebenssituation der Frauen hin, von denen im Gegensatz zu Jack Hills THE BIG BIRD CAGE keine einzige Souveränität erlangt, jede einzelne vielmehr „gefangen“ ist – und dies auch bleibt. Jeff hofft auch dann noch auf Rettung von ihrem Rudy, wenn ihr doch längst klar geworden sein müsste, dass der ein übles Spiel mit ihr getrieben hat; die drogenabhängige Stoke verkauft sich Rudy, weil sie sich erhofft, von ihm befreit zu werden, und bekommt am Schluss die Quittung: Sie ist die eigentliche tragische Heldin des Films. Aber selbst die schurkische Alabama ist von den ursachlos bösen Sadisten des WiP-Genres weit entfernt, eigentlich auch nur ein Opfer der Umstände. In Harlem aufgewachsen, Opfer des Rassismus und „strung out on crack at the age of ten“ ist ihre Gewalt nur ein fehlgeleiteter Versuch, ihre Traumata zu verarbeiten. Als ihre Macht am Ende dahin ist, fallen die Banditen, die sie engagiert hat, um die Flüchtlinge einzufangen, gnadenlos über sie her. Der Kreis hat sich geschlossen.

Pam Grier ist brillant in der Rolle der Alabama, gerade weil ihr Schauspiel zu jener Zeit am Anfang ihrer Karriere jede Geschliffenheit und Souveränität noch vermissen ließ. Sie hat kaum mehr als ihre Respekt einflößende Physis und jede Menge attitude, wirft sich voller unkontrollierter Inbrunst in ihre Rolle, kommt dabei weniger wie ein totalitärer, unterkühlter Herrscher, sondern eher wie ein amoklaufender Bully rüber, dem die Macht zu Kopf gestiegen ist und der nun die Gelegenheit hat, alle inneren Frustrationen und Ängste nach außen zu richten, anstatt sie verarbeiten zu müssen. Dank dieser Darstellung und der ruppigen, ungeschliffenen Inszenierung vermittelt WOMEN IN CAGES eine Ahnung davon, was Rassismus mit seinen Opfern anrichtet. Will man De Leons Film kritisieren, dann könnte man ihm vorwerfen, dass er in seiner ausnahmslos düsteren Weltsicht über 80 Minuten ganz schön ermüdend ist. Aber Spaß, Kurzweil und leichtes Entertainment wären hier auch kaum angemessen.

Bei einem Überfall nehmen die beiden Revoluzzer Django (Sid Haig) und seine Geliebte Blossom (Pam Grier) das Jetset-Girl Terry (Anitra Ford) als Geisel. Als sie sie schließlich zurücklassen, wird sie verhaftet und in ein Frauenlager im Urwald gesteckt, dessen Leiter Hunderte von Frauen im „Bird Cage“, einer riesigen Zuckerrohrmühle aus Bambus, arbeiten lässt. Während die Frauen dort gequält, gedemütigt und ermordet werden, kommen Blossom und Django auf die Idee, das Lager zu infiltrieren und die Gefangenen zu befreien. Blossom lässt sich gefangen nehmen und Django dient sich als homosexueller Wärter an …

Für mich verkörpert dieser Film alles das, was das Exploitation-Kino Roger Cormans so liebenswert macht: schöne Frauen, greller Humor, bunte Farben und (nie zu schmerzhafte) Gewalt in einer kompetenten Darbietung. THE BIG BIRD CAGE hat dann auch mit den schmuddelig-niederträchtigen Frauenknast- und Frauenlagerfilmen, wie man sie aus Europa oder auch Asien kennt, nicht viel zu tun. Zwar werden dieselben Zutaten verwendet und man kann – anders als beim zuletzt besprochenen CAGED HEAT – beim besten Willen nicht von einem kritischen Gestus oder einer reflektierten Haltung sprechen, aber die schwungvolle Regie und das clevere, humorvolle Drehbuch des freundlichen Jack Hill betonen eher den pulpigen Comicbook-Charakter und damit die Fiktionalität des Ganzen, anstatt den Zuschauer gewissermaßen durch den Schmutz zu ziehen. Wer seine Blaxploiter COFFY oder FOXY BROWN kennt, der weiß, was ihn erwartet.

Was THE BIG BIRD CAGE aber auch für empfindsame Gemüter so goutierbar macht, ist die Zeichnung seiner weiblichen Charaktere: Die Frauen sind eindeutig die Identifikationsfiguren des Films, nicht bloß schön anzusehende Objekte, an denen sich der männliche Blick und die Schurken reiben können, sondern mit Herz und Seele, Bedürfnissen und Gefühlen ausgestattet, die THE BIG BIRD CAGE zwar nicht gerade in den Rang des authentischen Psychodramas erheben, ihn aber trotzdem von quasipornografischen Werken des Genres abheben. Schon die Thematisierung von Sex verdeutlicht das: Da die Wärter allesamt homosexuell sind, brodelt es unter den Gefangenen gewaltig. Doch anstatt nun in Ermangelung verfügbarer Männer übereinander herzufallen, wie das im Frauenknastfilm ja nicht unüblich ist, staut sich die sexuelle Spannung bis zum Finale an, in dem – man höre und staune – der dicke, schwule Wärter Rocco (Vic Diaz) einem Gang Rape, der einzigen Vergewaltigung des Films, unterzogen wird. Na klar, auch solche Szenarien bedienen natürlich männliche Fantasien, aber diesem Zweck wird eben nicht alles unterworfen, die weiblichen Häftlinge dürfen ihre Würde behalten. Ein Satz von Terry, nur eine von vielen starken, sexuell selbstbestimmten Frauenfiguren des Films, verdeutlicht ganz gut, was ich meine. Als ihr Django am Anfang – eher scherzhaft, auch er ist ein guter Kerl – damit droht, über sie herzufallen, sagt sie ganz trocken: „You can’t rape me, I like sex.“ Das Mittel, das die Wärter anwenden, um die Frauen unter Kontrolle zu halten, ist mithin nicht die sexuelle Unterwerfung und Ausbeutung, sondern der Sexentzug. Ein Plan, der nach hinten losgeht. Und wenn sich die Frauen am Ende gegen ihre Unterdrücker vereinen, ihre kleinen Rivalitäten vergessen, dann weht schon ein Hauch vom Empowerment durch den Film.

THE BIG BIRD CAGE ist wahrlich eine Wolke, über die ich noch länger schwärmen könnte: Der Film sieht super aus, bietet vom Schlammcatchen über die obligatorische Folterszene – Terry wird an ihrem Haarzopf aufgehangen – alles, was das Exploitationherz begehrt, ohne dem Betrachter dabei ins Gesicht zu rotzen. Das Drehbuch hat trotz kleinerer Plotholes – warum sich die Revoluzzerfreunde von Blossom und Django so lange bitten lassen, anstatt das Lager einfach zu stürmen, bleibt ein Rätsel – viele kleine Subplots und Wendungen zu bieten, die das Geschehen interessant halten. Und obendrauf gibt es dann noch die göttliche Pam Grier und den von mir immer gern gesehen Sid Haig. Wie der die beiden schwulen Wärter um den Finger wickelt, ist einfach nur herrlich. Und die Szene, in der er beim Pinkeln vom verzückten Rocco beäugt wird, der humoristische, ähem, Höhepunkt des Films. Ein Film zum Glücklichwerden und -sein.

Wegen der Beihilfe zum versuchten Mord wandert Jacqueline Wilson (Erica Gavin) in den Knast. Dort freundet sie sich mit Pandora (Ella Reid) und Belle (Roberta Collins) an, die sich von den zweifelhaften Methoden der Gefängnisleiterin McQueen (Barbara Steele) noch nicht haben einschüchtern lassen und deren Geduld mit zielgerichteten, intelligenten Provokationen auf die Probe stellen. Als Jacqueline wegen einer Auseinandersetzung mit der streitsüchtigen Maggie (Juanita Brown) in den „Genuss“ der Elektroschocktherapie kommt, die der perverse Dr. Randolph (Warren Miller) im Rahmen von McQueens Umerziehungsprogramm durchführt, beschließt sie zu fliehen. Gemeinsam mit Maggie gelingt die Flucht und mit deren schießfreudigen kriminellen Freundinnen wird schließlich zum Sturm auf das Gefängnis geblasen, um die Kameradinnen rauszuhauen …

Wieder was gelernt. Eigentlich hatte ich gedacht, dass Jonathan Demme das WiP-Subgenre mit CAGED HEAT überhaupt erst losgetreten hatte, doch tatsächlich waren unter dem Siegel von Cormans New World Pictures zuvor schon die (von mir später verorteten) THE BIG DOLL HOUSE und THE BIG BIRD CAGE, WOMEN IN CAGES sowie THE BIG BUST-OUT entstanden. Es war an Demme, dem Frauengefängnisfilm eine gewisse Respektabilität zu verschaffen, ohne jedoch die potenziellen Zuschauer, die sich wenig mehr als Sex, Gewalt und gute Laune erhofften, gänzlich zu verprellen. Zu behaupten, dass der Plan aufging, ist eigentlich untertrieben: Näher als in CAGED HEAT waren sich der Frauengefängnis-Film, ein Genre, das in erster Linie Männerfantasien von Nacktheit, Lesbensex, Unterwerfung und sadomasochistischer Gewalt bedient, Feminismus und linke Gesellschaftskritik wohl noch nie. Dabei bedient Demme, wie oben erwähnt, die speziellen Bedürfnisse seiner Zuschauer sehr genau, dem neutralen Beobachter bleibt aber dennoch kaum verborgen, wie der Regisseur zu den entsprechenden Szenen steht.

Gleich zu Beginn verweigert er in der obligatorischen Untersuchungsszene erst einen allzu ausführlichen Blick auf die Anatomie seiner weiblichen Figuren, lässt die Frauen dann auf einen sehr eindeutig zu verstehenden Spruch des Arztes mit einem Blick antworten, der sagt „Das meinst du jetzt nicht ernst, oder?“, mithin eher Langeweile und Genervtheit als Wut oder gar Angst ausdrückt, und schneidet unmittelbar danach weg. Später sieht man Pandora in einem medium shot anscheinend im Stadium orgasmischer Erregung, bevor die nächste Einstellung, ein Close-up auf ein paar rollende Würfel, die tatsächliche und überaus weltliche Ursache ihrer Verzückung enthüllt: Sie hat lediglich ihr Glück beschworen. In einer anderen Szene, in der Pandora und Belle Sketche für ihre Mithäftlinge aufführen, werden schließlich die Rollenklischees und der Verkleidungsaspekt des Genres persifliert und wenn es endlich unter die Gemeinschaftsdusche geht, interessiert sich die Kamera nicht für die nackten Tatsachen, sondern für den Plan der bekleidet bleibenden Belle, der in Einzelhaft sitzenden Pandora Essen zukommen zu lassen.

Dass Demme sich vor der bloß erwartungsgemäßen Erfüllung der Klischees versperrt, ist aber nicht bloß seinem Unwillen, in die Vollen zu gehen, geschuldet, vielmehr passt es zum Gesamttenor, den er in CAGED HEAT anschlägt. Der Film zeigt eine Welt, in der Außenseiter keinen Platz mehr haben, vom „System“ um jeden Preis auf Linie gebracht und notfalls mithilfe medizinischer Eingriffe gebrochen werden müssen: Die klaustrophobische Bonnie, die in ihrer Zelle stets einen Schreianfall bekommen hatte, schreit nach ihrer Behandlung zwar nicht mehr, zeigt dafür aber auch keine andere Willensregung. Die „Umerziehung“ appeliert nicht mehr an die Vernunft, sie versucht nicht zu verstehen, sie zielt nicht mehr auf das Bewusstsein, sondern direkt und ohne Umschweife auf den Körper. Für diese Art der Kritikführung ist der Frauengefängnisfilm natürlich ideal: Gewalt am weiblichen Körper, die Vergewaltigung, wird zum Bild für die Gewalt des Staates an den Verlieren des Systems. Diese Haltung schlägt sich auch auf die Gesellschaft nieder, die entsprechend indoktriniert wird: In den Verbotsschildern, die die Gefängniswände schmücken, spiegeln sich die Werbebotschaften und Leuchtreklamen der Außenwelt, die zum Konsum auffordern. Der Andere wird infolge dieser krassen Objektivierung nur so lange respektiert, wie er die Regeln (des Marktes) befolgt: Der Freier von Maggies Freundin Crazy (Crystin Sinclaire) offenbart sich mithin erst als Cop, als sie ihm den Dienst versagt, und will sie daraufhin wegen Prostitution  festnehmen. Es ist doch auffällig, dass sich die Menschheit, die CAGED HEAT bevölkert, fast ausschließlich aus Gefangenen und Wärtern bzw. Kriminellen und Polizisten zusammensetzt. Wenn Jacqueline und Maggie am Ende das Gefängnis stürmen, die Terrorherrschaft von McQueen und ihrem Folterarzt durchbrechen, dann ist das eine Revolution, angestachelt von denen, die an den Rand gedrängt und kriminalisiert wurden. Und John Cale, head honcho von The Velvet Underground, akzentuiert diesen Aspekt mit einem Score, der sowohl den Blues als auch Hillbilly-Country instrumentalisiert. CAGED HEAT ist bestes, abgründiges Seventies-Exploitation-Kino, aber eigentlich kaum gealtert, wie ein Blick in die aktuellen Nachrichten beweist.