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New York im Jahr 2012: Nachdem eine Epidemie weite Teile der Menschheit ausgelöscht hat, versuchen ein paar Überlebende um den charismatischen Baron (Max von Sydow) eine neue Zivilisation aufzubauen. Einem der ihren ist es gelungen, Gemüse zu züchten, Barons Tochter ist schwanger. Doch die Vorräte gehen zur Neige, außerhalb des abgeriegelten Wohnblocks warten Kannibalen und die Gang um den fiesen Carrot (William Smith). Als Baron den Einzelgänger Carson (Yul Brynner) für sich gewinnen kann, fasst er neue Hoffnung. Er träumt davon, auf einer Insel vor North Carolina einen neuen Anfang zu wagen …

Da ist er endlich, ein weiterer wirklich guter Film von Robert Clouse. Die Parallelen zu dem ein Jahr zuvor entstandenen THE OMEGA MAN sind zwar kaum zu übersehen (wie Charlton Heston residiert Max von Sydow hier in einem Zimmer umgeben von geretteten Antiquitäten, Luxusgütern und Büchern), aber das tut dem Vergnügen keinen Abbruch, zumal jener bereits deutlich von Fleischers SOYLENT GREEN inspiriert gewesen sein dürfte. Ein paar Jahre später kam noch Richard Comptons THE RAVAGERS, der wiederum die Parallelen zu Clouses Film kaum verhehlen kann. Egal, die genannten Titel bilden ein schönes Quartett des angestaubten Siebzigerjahre-Endzeitfilms (mit stetig sinkenden Budgets), der zwar noch nicht mit selbstgebauten Panzerwagen oder wilden Verfolgungsjagden aufwartete, aber dafür mit viel echter baulicher Tristesse und der bleiernen Schwere der Watergate-Jahre.

THE ULTIMATE WARRIOR ist vor allem bitter: Die schöne Utopie Barons bröckelt immer mehr, bis sie mit ihm zusammenbricht, von den eigenen, aufgewiegelten Leuten zu einem blutigen Haufen zusammengedroschen. Aber schon vorher zeigt sich, dass man das Projekt „Menschheit“ vielleicht besser sterben lassen sollte: Ein des Lebensmitteldiebstahls Verdächtigter wird auf Geheiß von Baron aus der Gemeinschaft ausgestoßen, was gleichbedeutend mit dem Tod ist. Der Unglücksselige – wir wissen zudem, dass er unschuldig ist – wird nach wenigen Sekunden außerhalb der schützenden Mauern sofort umgebracht und seiner Habseligkeiten beraubt. Baron dreht nur enttäuscht ab, angewidert von der Lynchmob-Mentalität der eigenen Leute, die auch er nicht im Zaum halten kann. Er wird am Ende derselben Urgewalt zum Opfer fallen, in einer Szene, die man durchaus als Spiegelung begreifen kann. Clouse‘ Zeichnung einer Menschheit, die dem Untergang geweiht ist, weil ihre schlechten Eigenschaften in der äußersten Not noch potenziert zu Tage treten, erinnert durchaus auch etwas an Romeros DAWN OF THE DEAD. Keine schlechte Referenz.

Der „ultimative Krieger“ Carson ist zu diesem Zeitpunkt bereits mit der Schwangeren auf dem Weg durch die U-Bahn-Tunnel New Yorks, um einen Weg aus der Stadt zu finden, die Schergen von Carrot auf den Fersen. Der Showdown ist wirklich geil, auch weil er gar nicht schnell oder rasant inszeniert ist, sondern eher langsam und trocken daherkommt. Nichts ist triumphal an Carsons Sieg. Yul Brynner ist der Ultra-Badass in diesem Film, aber seine weibliche Partnerin steht ihm in nichts nach, im Gegenteil: Sie bringt ein Kind zur Welt, ohne einen Laut von sich zu geben, weil sie die Verfolger nicht auf sich aufmerksam machen will. Yul Brynner muss sich da schon eine Hand abhacken, um halbwegs mithalten zu können.

Eine wertvolle Statue zeigt die sieben geheimen Akupunktur-Punkte, die in der richtigen Reihenfolge angepiekst dafür sorgen, dass der Angepiekste unendliche Kräfte erlangt. Kein Wunder, dass diverse Schurken sie haben wollen. Mittendrin: Dan (Joe Don Baker), der von der schlitzohrigen Felicity (Elizabeth Ashley) angeheuert wurde, sie aus den Händen des bösen Lin Toa (Roy Chiao) zu stehlen. Doch der handelt auch nur im Auftrag von Winters (Burgess Meredith). Eine wilde Hatz entbrennt …

Diesen Film drehte Robert Clouse direkt im Anschluss an BLACK BELT JONES, nur ein Jahr nach dem Riesenerfolg von ENTER THE DRAGON. Jim Kelly, der in beiden mitwirkte, hat einen ausgedehnten Gastauftritt und soll wohl zusammen mit dem Schauplatz Hongkong und dem „mystischen“ Sujet die Brücke schlagen. GOLDEN NEEDLES profitiert von seinem Schauplatz Hongkong, der vor allem zum Finale, einer Verfolgungsjagd durch den Hafen und die kleinen Gassen der Stadt, attraktiv in Szene gesetzt wird. Dennoch kann man sich aus heutiger Perspektive kaum des Eindrucks erwehren, dass ganz ähnlicher Stoff zehn Jahre später in schöner Regelmäßigkeit im Rahmen der zahlreichen Fernsehserien aus dem Hause Glen A. Larsen verbraten wurde – und zwar in gut der Hälfte der Spielzeit.

GOLDEN NEEDLES ist fürchterlich unerheblich – tragisch angesichts des betriebenen Aufwands. Die Jagd nach der Statue ist nicht wirklich aufregend, der mystische Hokuspokus spielt auch keine Rolle. Für Stimmung sorgt eigentlich nur Joe Don Baker: Er agiert hier mal wieder wie eine losgelassene Wildsau und sieht so aus, als hätte er nach Drehschluss nichts anbrennen lassen. Wenn er die ihn um Hilfe ansuchende Felicity dazu bringt, ihn in aller Öffentlichkeit zu umarmen und „I love you“ zu sagen, bloß, weil er sie demütigen will, erreicht der Film ein Maß an Abgeschmacktheit, dass heute gleich doppelt so anstößig und unkorrekt wirkt. Schade, dass der Impact dieser Triebtäterattitüde dadurch abgemildert wird, dass sie nur wenig später ganz freiwillig mit ihm in die Kiste steigt. Klar, wer könnte einem solchen Ausbund an virilem Charme auch widerstehen, vor allem wenn er auch noch aussieht wie Joe Don Baker?

Die New Yorker Polizistin und Martial-Arts-Lehrerin China O’Brien (Cynthia Rothrock) lässt sich von einem Zweifler zu einem Straßenkampf überreden: Doch die vermeintlich eingeweihten Gegner erweisen sich als echte Gewalttäter und am Ende muss China einen von ihnen erschießen. Reuevoll legt sie ihr Amt nieder und besucht ihre Heimat irgendwo im Mittelwesten, wo ihr Papa (David Blackwell) Sheriff ist. In dem Örtchen ist nichts mehr wie früher: Der fiese Geschäftsmann Sommers (Steven Kerby) hat ein System der Korruption errichtet, gegen das es kein Mittel zu geben scheint. Als Papa und Bruder einem Mordanschlag zum Opfer fallen, stellt sich China zur Wahl als neuer Sheriff. Gemeinsam mit ihrem Freund Matt (Richard Norton) und dem Loner Dakota (Keith Cooke) will sie mit dem Gesindel aufräumen …

Regisseur Robert Clouse wird für seinen ENTER THE DRAGON immer einen Platz in der Filmgeschichte haben, auch wenn sein Beitrag zu diesem Film weniger entscheidend gewesen sein mag als der seines Stars Bruce Lee. Danach kamen noch ein paar okaye, meist ganz nett besetzte Exploiter – BLACK BELT JONES, GOLDEN NEEDLES,  THE ULTIMATE WARRIOR, THE AMSTERDAM KILL und der hübsche Hundehorror-Film THE PACK -, die aber schon nur noch wenig von dem psychedelischen Charme des Bruce-Lee-Klassikers hatten und meist etwas trist und angestaubt daherkamen. Mit dem grotesk in die Binsen gegangenen Lee-Vehikel GAME OF DEATH, einem aus Resten zusammengestückelten Etwas, ging die große Talfahrt los. Ich danke dem Universum für die Existenz eines Films wie GYMKATA, aber ein Filmemacher, der noch alle Sinne beisammen hatte, hätte den gewiss niemals gedreht. Danach war, wenig verwunderlich, fünf Jahre Pause und dann kam CHINA O’BRIEN, der gleich back to back mit dem Sequel gedreht wurde.

Das Logo der Golden Harvest Group sollte die Hoffnungen nicht allzu hoch schnellen lassen: CHINA O’BRIEN ist ein billig runtergekurbelter Klopfer für die Videothekenkundschaft, mit einem Plot, dessen weiteren Verlauf man bereits nach wenigen Minuten punktgenau vorhersagen kann. Die Fights sind kompetent, wenngleich bieder und uninspiriert heruntergefilmt und das gilt für das ganze Vehikel, das ästhetisch nur ganz knapp oberhalb eines waschechten Amateurfilms rangiert. Alles ist fruchtbar schrabbelig und unansehnlich, ohne aber auf ansprechende Art und Weise dreckig zu sein. Gut, die Klamotten und die Frisuren waren anno 89/90 nunmal so, aber hier sind ja auch die Menschen, die darin stecken bzw. darunter hervorschauen, von bemerkenswerter Unattraktivität. Noch nie ist mir aufgefallen, dass Richard Norton eine ausgesprochen putzige Knubbelnase hat und im Originalton zudem einen sehr dusselig klingenden Aussie-Akzent. Cynthia ist ja eigentlich ganz süß, kommt mit ihrem wippenden Bubikopf und den weiten Pluderhosen und Blousons in den Kampfszenen aber rüber wie ein überdrehtes Kind und nicht wie die gnadenlose Fighterin. Keith Cooke verströmt als einziger so etws wie Coolness, aber er hat ja auch lange schwarze Haare, eine Lederjacke, ein Stirnband und ein Motorrad. Easy.

Dann dieser „politische“ Subplot um Chinas Wahlkampf: Wie sie da amatuerhaft kopierte Wahlzettel an Strommasten tackert, Kinder und Menschen für sich einspannt, die auf den Plakaten noch nicht einmal ihren Namen richtig schreiben können („China O’Brian“), oder ihren Matt vorschickt, um Summers‘ Leute unter dem Jubel der Massen zu verdreschen, ist von rührender Naivität. Nachdem sie dann die Wahl gewonnen hat, stattet sie jeden jugendlichen Proleten mit einem Deputy-Stern aus: Na, herzlichen Glückwunsch! Den Vogel schießen die völlig überzogenen Sound-FX ab: Jeder harmlose Schwinger wird da mit einem „swoosh“ untermalt, die Schläge krachen wie Pistolenschüsse, dabei werden da doch nur ein paar bierbäuchige Bierkutscher verdroschen. Das ist wahrscheinlich das Schönste an dem Film: Seine Zeichnung organisierten Verbrechens ist hoffnungslos albern, provinziell und unglaubwürdig. Man fragt sich die ganze Zeit: Was gibt es in diesem Kaff eigentlich zu holen für diesen Summers, das er nicht auch mit legalen Mitteln erreichen kann? Eine befriedigende Antwort darauf gibt es nicht. Vielleicht ja im zweiten Teil.

De la neige sur les tulipes (A)Der ehemalige Drogenbeamte Quinlan (Robert Mitchum) wird von Chung Wei (Keye Luke), Mitglied des Hongkonger Drogenkartells, beauftragt, ihm bei seinem Ausstieg zu helfen. Quinlan soll als Mittelsmann zwischen Wei und der Polizei fungieren, ihr mittels Tipps zu Verhaftungen und Beschlagnahmungen verhelfen. Als mehrere Polizisten bei einer Razzia in eine Falle laufen, wird Quinlan klar, dass es einen oder mehrere Verräter in den eigenen Reihen gibt. Und er selbst schwebt somit auch in Lebensgefahr …

Ob man diesen Film mag, hängt entscheidend davon ab, ob man Siebzigerjahre-Exploitation irgendwo im Niemandsland zwischen Hollywood-Glamour und Bahnhofskino-Ranz angesiedelt sowie den damit einhergehenden Style zu schätzen weiß. Eine Vorliebe für Hollywood-Recken kurz nach Überschreitung ihres Verfallsdatums kann gewiss auch nicht schaden. Robert Mitchum steht ganz im Zentrum von THE AMSTERDAM KILL, bestreitet nahezu jede Szene und sieht den ganzen Film über aus, als sei er morgens am Tresen eben jener Pinte aufgewacht, in die er sich nach Drehschluss des Vortages begeben hatte. Er „trübt“ sich von links nach rechts und umgekehrt durch die Szenenbilder, ab und zu rennt er auch mal und am überzeugendsten ist er, wenn er das Etikett seiner Flasche J&B liest. Nein, nein, er ist schon toll hier und ohne ihn wäre THE AMSTERDAM KILL weniger als die Hälfte wert. Der Plot ist Jacke wie Hose und ich habe irgendwann ganz aufgehört, ihm zu folgen. Es ging auch so, denn es ist eigentlich immer irgendwas los, und die Fotografie – an zugegebenermaßen nicht wenig telegenen Orten wie Hongkong und Amsterdam – ist schon die halbe Miete.

Regisseur Robert Clouse, der mit ENTER THE DRAGON nicht nur einen veritablen Hit landete, sondern dabei gleich Popkultur-Geschichte schrieb, hat eine sehr durchwachsene Filmografie vorzuweisen. Nachdem er Bruce Lee zu Superstar-Status verholfen hatte, war er zunächst auf weitere Eastern-inspirierte Stoffe festgelegt, wenngleich er sicherlich nicht der größte Action-Regisseur vor dem Herrn war. Sein BLACK BELT JONES markiert die damals wahrscheinlich  unvermeidbare Verbindung von Martial Arts und Blaxploitation, GOLDEN NEEDLES klingt nach der IMDb-Inhaltsangabe wie eine Mischung aus Turnier- und Abenteuerfilm und THE ULTIMATE WARRIOR ist ein früher Beitrag zum Endzeit-Genre (den ich immer noch nicht gesehen habe). Nach dem darauffolgenden THE AMSTERDAM KILL drehte er den guten Tierhorrorfilm THE PACK sowie den aus Bruce-Lee-Archivmaterial zusammengeklöppelten GAME OF DEATH. Er war verantwortlich für den ersten gescheiterten Versuch, Jackie Chan in den USA populär zu machen (BATTLE CREEK BRAWL), verfilmte mit NIGHT EYES einen der damaligen Ratten-Bestseller von James Herbert und drehte mit GYMKATA den wohl absurdesten Kung-Fu-Film aller Zeiten, bevor er zum Abschluss seiner Karriere mit Cynthia Rothrock und Bolo Yeung die Kickbox-Abteilung der Videotheken belieferte. Sein Werk, soweit ich es kenne, ist sehr hit & miss. Mir scheint es, als sei Clouse mehr als andere Filmemacher davon abhängig gewesen, was die Crew um ihn herum auf die Beine stellte. THE AMSTERDAM KILL ist nicht gerade von nervenzerfetzender Spannung geprägt, aber er sieht gut aus und ist relativ schwungvoll, mit ein paar Momenten der Inspiration inmitten des Genre-Allerleis. Bradford Dillman und Leslie Nielsen haben diese typischen Rollen, bei denen offenkundig wird, dass sie aus Budgetgründen wahrscheinlich nur für ein paar Tage zur Verfügung standen. Sie haben kaum etwas zu tun und sitzen fast ausschließlich am Schreibtisch. Man weiß eigentlich von Anfang an, dass sie etwas im Schilde führen, weil es sonst keinen Grund gäbe, ihre Rollen derart prominent zu besetzen, sodass sich die Überraschung am Ende doch sehr im Rahmen hält. Ich mochte den Film trotz aller offenkundigen Schwächen, aber das liegt sicherlich daran, dass ich solchem Käse generell sehr aufgeschlossen gegenüberstehe. Und der Showdown auf einer holländischen Tulpenplantage, bei dem Mitchum ein Gewächshaus mit einer Planierraupe plattmacht, ist zugegebenermaßen sehr hübsch. Wer genau hinschaut, erkennt dort auch den späteren Jackie-Chan-Weggefährten Yuen Biao in einer Minirolle als henchman.

Weil der Gangster Pinky (Malik Carter) beim Mafiaboss Don Steffano (Andre Philippe) in der Kreide steht, zwingt dieser ihn das Geld vom Karateschulenbesitzer Papa Byrd (Scatman Crothers) einzutreiben, der wiederum Spielschulden bei Pinky hat, die er nicht zahlen kann, es sei denn … Natürlich verfolgt der Mafioso größere Pläne: Ein großes Einkaufszentrum soll gebaut werden und die Karateschule ist das einzige Grundstück, dass der wundersamen Geldvermehrung im Weg steht. Als Papa Byrd umgebracht wird, rufen seine Schüler Papas Tochter und Erbin Sydney (Gloria Hendry) und den Karatekämpfer Black Belt Jones (Jim Kelly), einen alten Freund der Familie, zur Hilfe …

BLACK BELT JONES ist ein, nun ja, Versuch, an den Riesenerfolg des im Vorjahr ebenfalls von Robert Clouse in die Kinos gebrachten ENTER THE DRAGON anzuknüpfen, in dem der schwarze Karatechampion Jim Kelly in einer Nebenrolle zu sehen war. Die zu Beginn bzw. Mitte der Siebzigerjahre immer noch rollende Blaxploitationwelle prädestinierte Kelly – der in ENTER THE DRAGON erst durch den kurzfristigen Rückzug des eigentlich vorgesehenen Rockne Tarkington zum Zuge kam – für eigene Martial-Arts-Vehikel, auch wenn er nicht einmal über einen Bruchteil des Charismas verfügte, mit dem Bruce Lee alle schauspielerischen Defizite wettmachte. Sein gutes, athletisches Aussehen mit dem ikonischen Afro verhalfen ihm dennoch zu einem gewissen Kultstatus, auch wenn seine Halbwertszeit die seiner Blaxploitationkollegen eigentlich noch unterschritt: Für Warner Brothers machte er drei Filme, neben BLACK BELT JONES noch THREE THE HARD WAY (1974) und HOT POTATO (1976). Für Robert Clouse stand er noch für GOLDEN NEEDLES (1974) vor der Kamera und drehte mit Antonio Margheriti den Italowestern A PAROLA DI UN FUORILEGGE … È LEGGE! (1975) (der in Deutschland den schönen Titel EINEN VOR DEN LATZ GEKNALLT trägt). Danach versank er bereits in den Untiefen des Drive-in-Kinos, landete für BLACK SAMURAI (1977) und DEATH DIMENSION (1978) beim Trashpapst Al Adamson und beendete seine Karriere 1982, zehn Jahre nach seinem ersten Leinwandauftritt, mit ONE DOWN, TWO TO GO, einem späten Versuch, gemeinsam mit den Kollegen Fred Williamson und Jim Brown den Blaxploitationfilm noch einmal aufleben zu lassen. In den Neunzigerjahren trat er noch einige Male sporadisch auf, bevor er 2013 schließlich 67-jährig einem Krebsleiden erlag. Nominell gehört Kelly durchaus zu den „Stars“ des Blaxploitationkinos, dennoch ist er heute kaum mehr als ein Kuriosum, eine Fußnote, sein Status mit dem von Kollegen wie Richard Roundtree, Pam Grier oder den genannten Fred Williamson und Jim Brown kaum zu vergleichen. Als Kampfsportler war er natürlich ein Quereinsteiger, aber selbst wenn man ihn mit vergleichbaren Darstellern wie Chuck Norris, Jean Claude Van Damme, Scott Adkins oder Gary Daniels vergleicht, fällt seine mangelnde Präsenz auf. Es gelingt ihm auch nicht, seine Kampfkünste ansprechend zu präsentieren. Er wirkt immer ein bisschen lahm und dass er sich sichtlich an Bruce Lee orientiert, inklusive der charakteristischen Adlibs, lässt seine Defizite nur noch deutlicher zu Tage treten. Dass Robert Clouse auch nicht gerade ein Meister der Actioninszenierung ist, dient vielleicht noch zu seiner Ehrenrettung.

So ist für BLACK BELT JONES entsprechend wenig zu holen: Der Film kommt halt so über die Runden, er ist schön bunt, hat ein paar nette Keilereien und ist nach 85 Minuten wieder vorbei, sodass man ihn auch ohne Wegpennen übersteht – wachgehalten von den Schlaggeräuschen, die klingen als peitsche jemand eine Wellblechhütte mit einem nassen Handtuch. Er ist wirklich völlig austauschbar mit allen anderen Blaxploitern der zweiten Reihe, und dass ich ihn dennoch irgendwie mag, liegt nicht so sehr an ihm und eventuell verborgenen und von mir gehobenen Qualitäten, sondern an den taktilen Eigenschaften, die das Exploitationkino jener Tage aufweist und die demzufolge auch BLACK BELT JONES „veredeln“. Zunächst einmal ist da diese erfrischende Unverdrossenheit und Frechheit, mit der über die eigenen, offenkundigen Limitierungen hinweggegangen wird. Der Film ist in allen Belangen als „bescheiden“ zu titulieren, aber es mangelt ihm nicht an Selbstbewusstsein oder vielmehr einer gesunden Einstellung, die sagt: „Who cares?“ Das Geschehen ist in den typischen, schmucklosen Settings und tristen Stadtteilen Los Angeles‘ angesiedelt, die man in diesen Filmen immer zu sehen bekommt, mit den zur Abwechslung eingestreuten Ausflügen in die protzige Quotenvilla, das Quoten-Bürohochhaus, an den kalifornischen Strand und natürlich – für die Quoten-Verfolgungsjagd – in die Serpentinenstraßen der kalifornischen Berge. Auch ganz wichtig: die Musik. Hier gibt’s keine Rapsongs oder Synthiegewummer, sondern einen Full-blown-Orchesterscore mit schwofenden Bläsern und souligen Rhythmen, die auf dem Love Boat für eine Havarie gesorgt hätten (als Komponist fungierte ein gewisser Luchi De Jesus, dessen Name genauso plüschig klingt wie seine Musik). Die Story entspinnt sich wie in einer ausgedehnten Episode einer Siebziger- oder Achtzigerjahre-Fernsehserie, Ausschläge auf der Spannungskurve reichen nie ins Extrem, die Gewalt bleibt immer im Rahmen und von den ein, zwei Toten abgesehen, die es halt braucht, um alles ins Rollen zu bringen, erleidet keiner mehr als schlimme Kopfschmerzen. Man addiere unabdingbare Schnapsideen hinzu, wie jene, den hier auch immerhin schon 63-jährigen Scatman Crothers einen Karatelehrer spielen und tatsächlich einen Kampf absolvieren zu lassen, Jones‘ Einbeziehung einiger weiblicher Trampolinspringer in seine große Einbruchsmission, die als freundlichen Karatekampf angelegte Turtel- und Liebesszene zwischen ihm und Sydney und die finale Keilerei in einer schäumenden Autowaschanlage (CAR WASH kam erst zwei Jahre später), und fertig ist das filmische Äquivalent zu einem Päckchen Brausepulver: bunt, dumm und billig, ohne jeden Nährwert, schnell vorbei, aber eben doch so herrlich prickelnd wie das halt nur und ausschließlich Brausepulver ist.

the pack (robert clouse, usa 1977)

Veröffentlicht: Dezember 1, 2011 in Film
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Auf einer Urlaubsinsel haben sich von Touristen ausgesetzte und ausgehungerte Hunde zusammengerottet und eine Gruppe von Urlaubern als Mittagessen auserkoren. Das ist umso schlimmer, als ein Unwetter die Abreise unmöglich macht und zudem die Funkverbindung zum Festland unterbrochen ist. Der auf der Insel lebende Meeresbiologe Jerry (Joe Don Baker) hat alle Hände voll zu tun, die Menschen um ihn herum – darunter auch seine Partnerin und seine beiden Söhne – zu schützen und die wilden Hunde unschädlich zu machen …

Die Veröffentlichung des Films in der Warner Archive Collection macht’s möglich: ein Wiedersehen mit diesem kleinen vergessenen Vertreter des Tierhorrorfilms, mit dem ich gemütliche Videostunden vor der Glotze meines Großonkels verbinde. Später konnte ich dann auch das Warner-Verleihtape erstehen, dessen Cover allerdings deutlich weniger beschissen aussah als das hier verwendete. Ein paar Aspekte des Films mag ich heute immer noch sehr: das herbstlich-rurale Setting und die mit diesem einhergehende Farbpalette aus satten Grün- und schlammigen Erdtönen, Joe Don Baker – eh ein ewiger Fave von mir – in seinem Holzfällerhemd, die Auftritte des Hunde-Anführers, eines räudigen Monsters mit furchteinflößendem Gebiss, die Zurückhaltung des Films, der nie so ganz zum Monsterhorror mutieren möchte.

Trotzdem war die erste Sichtung nach zig Jahren schon etwas ernüchternd. THE PACK ist einfach nicht besonders spannend, was vor allem daran liegt, dass die anwesenden Charaktere mit Ausnahme des Protagonisten überaus nachlässig gezeichnet sind, was soweit geht, dass ihre Anwesenheit auf der Insel komplett unglaubwürdig ist. Es handelt sich bei der mehrköpfigen Gruppe um Bänker, die den Urlaub wohl als Teambildungsmaßnahme betrachten, was allerdings überhaupt nicht weiter herausgearbeitet wird. Alles, was man als Zuschauer sieht, ist eine denkbar heterogene Gruppe von Menschen, denen man einfach nicht abnimmt, dass sie zusammen in Urlaub fahren würden und schon gar nicht auf eine sturmgepeitschte Insel: Unter ihnen befinden sich unter anderem ein fetter mittdreißigjähriger, bebrillter Jammerlappen, der im ewigen Clinch mit seinem ebenfalls anwesenden autoritären Vater liegt, und eine hohle Blondine, die wohl für Sexappeal sorgen soll, aber nicht verhehlen kann, dass sie die Vierzig weit hinter sich gelassen hat. Man interessiert sich einfach nicht für das Schicksal dieser Nasen, weil sie entweder unsympathisch oder aber völlig leer sind. Ein weiteres Manko besteht in der Inszenierung von Robert Clouse, die mit ihren komischen Anwandlungen nicht so recht zum bodenständigen Sujet des Films passen will. Clouse neigt zur grellen Emphase, Zurückhaltung und Subtilität sind überhaupt nicht sein Ding, aber was bei Filmen wie dem quietschbunten Exploitationklassiker ENTER THE DRAGON oder einem trashigen Absurdion wie dem unbeschreiblichen GYMKATA durchaus angemessen ist, diesen sogar noch den entscheidenden Kick gibt, rückt THE PACK, der doch eigentlich die Versöhnung von Mensch und Tier propagiert und den Menschen zum verantwortungsbewussten Umgang mit der Natur ermahnt, mehr als einmal in die Nähe einer Zirkusveranstaltung.

Es ist ja nicht verkehrt, die verwilderten Hunde NICHT völlig undifferenziert als reißende Bestien darzustellen, zu zeigen, dass erst menschliche Verantwortungslosigkeit sie dazu machen konnte und die Natur nunmal keine Alternative zum rücksichtslosen Überlebenskampf kennt. Aber Clouse fehlen die inszenatorischen Mittel dazu, dies in Bilder zu fassen, die nicht mit seinem Tierhorror-Ansatz kollidieren. In den Szenen, in denen das Hunderudel bei seinen Streifzügen beobachtet wird, fühlt man sich fast in einen Kinderfilm versetzt, wartet insgeheim auf den kleinen braven Jungen, der die Hundchen auf den rechten Pfad der Liebe zurückbringt; eine Tatsache, die durch die bunte Mischung des Rudels, in dem sich nicht bloß potenziell aggressive Hunde, sondern auch ein paar treudoof guckende Schoßhündchen befinden, noch verstärkt wird. Ein Stilmittel, mit dem Clouse zwar absolut nicht umzugehen weiß (das ist mir jetzt schon mehrfach aufgefallen), aber trotzdem immer wieder gern darauf zurückgreift, ist die Zeitlupe: Wann immer sie in THE PACK zum Einsatz kommt, scheint dies nicht so sehr zum Zweck der Spannungssteigerung oder der Dynamik zu geschehen, als vielmehr, um die Leistungen der Tiertrainer herauszustellen. Ich fühlte mich an Jackie-Chan-Filme erinnert und ihren Brauch, besonders gefährliche und spektakuläre Stunts noch einmal in Zeitlupe zu zeigen. Anstatt den Zuschauer bei der Gurgel zu packen und ihn tiefer in den Film zu ziehen, bewirken die Zeitlupen in THE PACK das Gegenteil, weil sie immer nur die Gemachtheit des Films betonen, vom Geschehen distanzieren.

Tja, so ist das manchmal. Ich hatte mich doch sehr gefreut auf das Wiedersehen mit dieem Film, den ich doch gern als vergessenenes Kleinod angepriesen hätte. So ist er letztlich nur für Tierhorror-Komplettisten oder eben die wenigen Nostalgiker, die mit THE PACK etwas verbinden, sehenswert. Schnüff.

 

Man ist es als auch abseits ausgetretener Pfade suchender Filmseher gewohnt, allerlei krudes Zeug zu finden, das einem deutlich macht, wie eindimensional und auch singulär das Kino ist, das man aus Fernsehen, Kino und Videothek kennt. Philippinische Söldnerfilme, türkische Superheldenepen, bizarrer Trash aus den Sechzigerjahren, nigerianischer Horror: Man schaut diese Filme, weil man weiß, dass man etwas bekommt, das es nirgendwo anders gibt. Aber nach einiger Zeit merkt man: Die dort vorgefundene Craziness ist einfach nur eine andere Normalität. Anders verhält es sich aber mit einem Film wie GYMKATA: Von Robert Clouse inszeniert, dessen 1973 entstandener ENTER THE DRAGON entscheidend verantwortlich für den Martial-Arts- und Kung-Fu-Film-Boom der Siebzigerjahre war, und von MGM produziert, ist GYMKATA ein im Schoße des Mainstream entstandener Actionfilm, wie er auch im exotischen Mikronesien nicht bizarrer und bescheuerter hätte ausfallen können.

Der Turner Jonathan Cabot (Turnweltmeister Kurt Thomas) erhält von der US-amerikanischen Regierung einen Spezialauftrag: Er soll in die Zwergnation Parmistan am Hindukusch einreisen, dort am traditionellen „Game“ mitwirken, dem sich alle Immigranten stellen müssen, um bleiben und außerdem am Ende einen Wunsch äußern zu dürfen. Cabots Wunsch soll die Erlaubnis zur Stationierung von Bodenabwehrstationen des US-amerikanischen Star-Wars-Programms erwirken. Es gibt nur ein Problem: Seit 900 Jahren hat kein Teilnehmer das „Game“ bestanden – und jedem Verlierer winkt der Tod …

Diese bescheuerte Story wirft ja schon einmal etliche Fragen auf: Warum müssen die Amerikaner ihre Technologie unbedingt in Parmistan stationieren? Warum gehen sie den Umweg über die Teilnahme an einem Spiel, wenn die Erfolgsaussichten doch als ausgesprochen gering angesehen werden müssen, anstatt den diplomatischen oder militärischen Weg zu gehen? Warum wählen sie ausgerechnet einen Turner aus, der dann erst noch zum Martial-Artisten ausgebildet werden muss, anstatt gleich einen solchen anzuwerben? Der Film beantwortet diese Frage schon in seiner Tagline: „The Skill of Gymnastics, the Kill of Karate!“ Ja, der Logik des Films zufolge, ist ein karatekämpfender Turner besser als ein Karatekämpfer. No shit! Aber woher wissen die Amis überhaupt, dass sie einen Kämpfer brauchen, wenn doch noch nie jemand überlebt hat, um vom Wesen des berüchtigten „Game“ zu berichten? Nach allem, was die Amerikaner wissen, könnte es sich dabei ebenso gut um ein Wissensquiz, ein Schachspiel, Topfschlagen oder Wettessen handeln. Aber selbst, wenn sie annehmen, es setze Zweikampfkünste voraus: Warum muss Cabot dann lernen, auf Händen die Treppe hochzulaufen? (Die verblüffende Antwort: Damit man mehrere Draufsichten auf seine beturnhosten Eier unterbringen kann.) Zugegebenermaßen sind solche Logikfragen immer etwas kleinlich, aber man stimme mir bitte darin zu, dass vom Zuschauer hier etwas zu viel Suspension of Disbelief verlangt wird.

Weiter im Text: Cabot willigt ein – auch, weil bereits sein Vater dem „Game“ zum Opfer fiel. Wie unwahrscheinlich ist DAS bitte? Man muss doch eine seltene vererbbare Geisteskrankheit annehmen, wenn die Vertreter zweier aufeinander folgender Generationen einer Familie nichts Besseres mit ihrem Leben anzufangen wissen, als sich in einer Dritte-Welt-Nation am Hindukusch einem aussichtslosen Wettbewerb zu stellen. Das Überraschende an GYMKATA ist, dass er diesen Wahnsinn bis zum Ende durchhält. Das „Game“ entpuppt sich als Menschenjagd-Spiel, bei dem die Kandidaten durch einen reichlich anspruchslosen Hinderniskurs gehetzt werden, auf dem Ninjas als Fahnenstangen und Wegweisern platziert sind. Jaja, Ninjas: Die werden zwar nicht explizit so bezeichnet, sind mit ihren schwarzen Tarnanzügen aber eindeutig als solche zu identifizieren – auch wenn sie kaum ihren einzigartigen Talenten nachgehen dürfen. Der oberböse Jäger ist Zamir (Richard Norton in seinem charakteristischen Look mit Vollbart und Nackenspoiler), der in dieser Funktion auch Cabots Papa ermordete und außerdem auch dessen Love Interest, Prinzessin Rubali, ehelichen soll. In Actionfilmkonventionen gedacht, qualifiziert ihn das gleichzeitig zur dreifach lebenslänglichen Haftstrafe, zur Vierteilung, Enthauptung und Kastration, ewigen Verdammnis und öffentlicher Bloßstellung: Er bettelt förmlich um seine Hinrichtung durch den Helden. Die kommt dann auch, weil Cabot dank seiner Gymkata-Kampfkunst unbesiegbar ist: Und das ist dann wirklich der Gipfel des Films. Sein bevorzugter Move ist ein aus dem Stand gesprungener Salto mit einfacher Schraube, den er benutzt, um seinen Feinden auf den Kopf zu springen. Aber die Parmistanis – sämtlichst mittelalte Bauern mit Fellmützen und faulen Zähnen – bauen ihm förmlich goldene Brücken: Im letzten „Level“ des „Game“ muss Cabot durch eine alte Irrenanstalt, deren aufgebrachte Insassen ein wenig an die Mobs aus alten Universal-Filmen erinnert. Dort steht – aus unerfindlichen Gründen – dieses Turngerät herum, das man Pferd nennt und das Cabot nun für eine Turnerroutine nutzt, bei der die Irren bevorzugt mit ihren Gesichtern in seine herumwirblenden Füße rennen, anstatt ihn mit ihren Mistgabeln einfach runterzupieksen.

Ich schließe den Text jetzt, weil der Irrsinn namens GYMKATA nicht zu fassen ist. Ich empfehle jedem meiner Leser, diese unerklärliche Mischung schlechter Einfälle und mieser Umsetzung, US-amerikanischer Herablassung und rassistischer Klischees, schlechtem Schauspiel und katastrophaler Inszenierung ausfindig zu machen (es gibt eine US-DVD) und sich davon zu überzeugen, dass GYMKATA einer der bizarrsten Filme ist, die das Studiosystem jemals hervorgebracht hat. Ein Erlebnis.